Mehr als drei Jahre nach dem verheerenden Unglück in einem Glock-Werk in Ferlach hat das Oberlandesgericht (OLG) Graz am Dienstag die meisten Schuldsprüche gegen die vier Angeklagten aufgehoben, wie OLG-Sprecherin Elisabeth Dieber bestätigt.

Drei ehemalige leitende Glock-Mitarbeiter waren im September 2020 zu Geld- und bedingten Haftstrafen verurteilt worden, die Glock GmbH zu einer Geldbuße. Alle Angeklagten haben gegen das Urteil des Landesgerichtes (LG) Klagenfurt berufen.

Zurück nach Klagenfurt

Die Entscheidungen im Detail: Bei einem Angeklagten hat das OLG die grobe Fahrlässigkeit verneint und eine fahrlässige Tötung angenommen. Die vom Erstgericht verhängte Geldstrafe wurde reduziert. Gegen die beiden weiteren einst leitenden Mitarbeiter wurde das Urteil zur Gänze aufgehoben. Die Strafsache muss erneut am LG Klagenfurt verhandelt werden, so Dieber.

Das bedeute, dass das Urteil gegen die Glock GmbH auch aufgehoben werden musste. Diese Strafsache wurde ebenfalls zu neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen, so OLG-Sprecherin Dieber.

Opfer soll schuld sein

Ereignet hat sich der Vorfall am 5. März 2019. Bei einem Versuch mit Wasserstoff und Sauerstoff, die in der Mischung Knallgas ergeben, war ein Familienvater (49) getötet und ein damals 26-jähriger Arbeiter schwer verletzt worden. Im Jahr darauf mussten sich drei ehemals leitende Glock-Mitarbeiter wegen grob fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung am Landesgericht verantworten, die Glock GmbH war nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz angeklagt.

Alle Angeklagten bekannten sich nicht schuldig, ihre Verteidiger wiesen im Verfahren jede Verantwortung am Unglück zurück. Laut ihnen habe es einen Verantwortlichen gegeben: das Todesopfer. Der 49-Jährige habe "leichtsinnig, sorglos und unter gröbsten Eigenverschulden" gehandelt. Sein Vorgehen sei eine "zusammengepfuschte Versuchsanordnung" gewesen, für die niemand im Unternehmen einen Auftrag erteilt habe, so die Verteidiger.

"Keine Eigenmächtigkeit möglich"

Richter Manfred Herrnhofer sah das in der Erstverhandlung anders und sprach die Angeklagten im September 2020 schuldig: In einem Betrieb wie Glock sei es nicht möglich, dass Mitarbeiter in der Dienstzeit eigenmächtig solche Versuche machen, so Herrnhofer in seiner Urteilsbegründung. Es habe einen Beschluss in der Glock-Geschäftsleitung gegeben, Versuche mit einem Wasserstoff-Sauerstoff-Gemisch zu beginnen.

Der 37-jährige Erstangeklagte, er war Geschäftsführer der Glock Technology GmbH, wurde damals zu 20.000 Euro Geldstrafe verurteilt. Der 60-Jährige, er war zum Unglückszeitpunkt Geschäftsführer des Ferlacher Werkes und ist mittlerweile in Pension, bekam 140.000 Euro Geldstrafe, der 36-jährige Betriebsleiter 15.000 Euro. Alle drei erhielten zudem fünf Monate bedingte Haft. Die Glock GmbH erhielt 300.000 Euro Geldbuße. Nach dem Urteil des OLG Graz muss der Fall in Klagenfurt neu verhandelt werden.

Für alle Angeklagten gilt bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils die Unschuldsvermutung.