Kann das türkis-grüne Regierungsprogramm auch die lahme Konjunktur beflügeln?
CHRISTOPH BADELT: Die Konjunktur ist zwar flau, aber es besteht keine Rezessionsgefahr. Sollte es zu Verschlechterungen kommen, würden die nun geplanten Impulse des Programmes beim Bau und beim Verkehr auch positiv wirken. Große Impulse kommen zudem von steuerlicher Seite. Von der Steuersenkung sind wieder die kleineren und mittleren Einkommen stark begünstigt. Das geht stark in den Konsum und nützt auch der Konjunktur. Was das Programm im Ökologiebereich bedeutet, wird man erst sehen. Da ist für die Umsetzung noch viel zu verhandeln.

Vorerst sieht die Steuerreform aus wie jene von Türkis-Blau.
Ja, die Grünen haben allenfalls mit der Senkung der Körperschaftsteuer ein Problem, die ist aber erst 2022 am Programm.

Wie hoch ist die Entlastung für die Unternehmen bei Senkung der KöSt von 25 auf 21 Prozent?
Rund 1,5 Milliarden Euro.

Und für die Einkommensbezieher bei der Lohnsteuer durch die geplante Tarifsenkung?
Noch einmal rund vier Milliarden Euro. Alles in allem sind das mehr als fünf Milliarden Euro, wobei wir im Programm nicht erkennen können, woher das alles finanziert werden soll. Auch die Pflege und der Verkehr werden Geld kosten. Wie sich das alles mit einem Nulldefizit ausgehen soll, ist im Augenblick nicht erkennbar. In Wirklichkeit kann man es nur umsetzen, wenn es wirklich zu Strukturreformen kommt.

Spannend wird es dann auch mit der CO2-Besteuerung, zu der bisher erst eine Flugticketabgabe von zwölf Euro je Ticket bekannt ist. Was kann da kommen?
Die Flugticketabgabe hat gegenwärtig einen symbolischen Charakter. CO2-Bepreisung kann nur heißen, dass Emittenten von CO2 einen höheren Preis zahlen müssen. Zum Beispiel mit einer höheren Nova für Autos mit höherem CO2-Ausstoß. Oder auch bei Diesel. Man könnte ein Zertifikatsystem bei Erdölfirmen einführen, die es auf die Konsumenten überwälzen. Alles was CO2 emittiert, soll teurer werden und das Geld genutzt werden, um jene, die keine Alternative haben, sozial abzufedern.

Was soll man unter CO2-Zöllen im Regierungspakt verstehen?
Die sollen auf Produkte eingehoben werden, die nach Europa importiert werden, die im Herstellungsland mit geringeren CO2-Abgaben belastet sind, damit Europa keinen Wettbewerbsnachteil hat. Ein prinzipiell guter Ansatz, die Umsetzung ist aber nicht trivial.

Für die Wirtschaft ist Bildung essenziell. Sehen Sie Ambition?
Wichtig sind Maßnahmen für Deutsch sowie die besondere Förderung von Schwerpunktschulen für benachteiligte Kinder. Ansonsten ist das Bildungsprogramm nicht wahnsinnig innovativ. Positiv ist, dass es mehr Grundlagenforschung geben soll. Auch hier stellt sich aber die Frage, woher das Geld kommen soll.