„Ich bin Humanist, Kosmopolit, Pazifist und Individualist.“ Dietrich Mateschitzs Selbsteinschätzung, die er uns in einem Gespräch anlässlich des 30-Jahr-Jubiläums der Weltmarke Red Bull offenbarte, zieht sich wie ein roter Faden durch zahllose Online-Nachrufe, mit denen die Nachrichtenwebsites in den letzten Stunden geflutet wurden. Das Munkeln um den Gesundheitszustand des Multimilliardärs war den Redaktionen nicht verborgen geblieben, schnell stimmte man noch spätabends das Würdigen der unternehmerischen Ausnahmeerscheinung an – dort, wo es sich für die Zeitung nicht mehr ausging, zumindest in epochaler Breite digital.

Viel ist da vom Visionär und Weltverbesserer zu lesen, dem verkappten Erzherzog Johann, aber auch vom Marketinggenie, das drei Jahre lang am Konzept für sein Energiegetränk tüfteln ließ, bevor es für flugtauglich befunden wurde, und somit ebenfalls von einem Firmenchef, der konsequent Beharrlichkeit und Entschlossenheit unter Beweis stellte. „Work hard, play hard“ gab Mateschitz inoffiziell als Firmenmotto aus - für Einsatz, Motivation und den Erfolg seiner Mitarbeiter ließ der Luftfahrtfan mitunter auch Flieger auf Partyinseln abheben. Dass der Unternehmenschef die eigene Freizeit abseits der Medien verbrachte und als relativ öffentlichkeitsscheu galt, passte in sein Markenkonzept: Nur das Getränk sollte Aufsehen erregen, nicht die Person dahinter.

Ein einziges Mal schien Dietrich Markwart Eberhart Mateschitz diesen Glaubensgrundsatz zu durchbrechen, in besagtem Interview mit Chefredakteur Hubert Patterer und Langzeit-Wegbegleiter Gerhard Nöhrer im Frühjahr 2017. Auf seiner entlegenen Lieblingsalm ließ der aus St. Marein im Mürztal Stammende tief blicken, sprach über Prägung und Ziele und geißelte – für viele in der Härte verstörend – die damalige Migrationspolitik, denn sie hätte „in unverzeihlichem Ausmaß politische Fehlentscheidungen“ zum Ausdruck gebracht. Ein wenig blitzte hier seine weltanschauliche Ausrichtung auf, die der Medienmogul auch im Fernsehsender Servus TV zu verfolgen suchte, wobei sie in der Eigenanalyse aber abgemildert wurde: „Ich bin jemand, der sich grundsätzlich jedem Meinungsdiktat widersetzt. Egal, woher es kommt. Auch wenn man sich damit sofort in alle Richtungen verdächtig macht: In Amerika wird man als Kommunist abgestempelt, in Europa als Verschwörungstheoretiker oder Rechtspopulist.“

Zum Zeitpunkt des Gesprächs konnte der heimatliebende Mäzen, dem eine ganze Region durch seine revitalisierten Betriebe, Höfe, Hotels und Sportstätten den wirtschaftlichen Aufschwung verdankt, bereits 12,6 Milliarden Euro auf dem Konto verbuchen. Gewinnmaximierung hätte er in seiner Karriere jedoch nie angestrebt: „Alles kann man maximieren, die Kreativität, die Innovation, die Intelligenz, alles, aber nicht den Gewinn. Erst durch die Maximierung all dessen, was geistreich, gut, schöpferisch und sinnvoll ist, kommt der Gewinn. Als Folge. Anders kann man einen Gewinn nicht maximieren. Das ist meine tiefe Überzeugung.“