"Wenn ich morgen nicht mehr ins Unternehmen komme, wird man das nicht merken“, sagte Dietrich Mateschitz einmal im Interview mit der Kleinen Zeitung. Seine Nachfolge bei Red Bull, so der gebürtige Steirer, sei „kein Problem“. Nicht wenige bezweifeln das. Nun ist der Begründer von Österreichs mit Abstand wertvollster Marke, der Sport-Zampano, Multimilliardär, Medienmogul und heimatverbundene Großinvestor nach schwerer Krankheit verstorben.

Spekulationen über den Gesundheitszustand Mateschitz’ flackerten zuletzt zwar immer wieder einmal auf, an die Öffentlichkeit drang indes kaum etwas. Was auch daran liegt, dass Mateschitz, wenn es um öffentliche Auftritte oder sein Privatleben ging, seit jeher sehr zurückhaltend agierte. Weniger zurückhaltend, als als Geschäftsmann. Das Lebenswerk, das Mateschitz aufgebaut hat, sucht seinesgleichen. Er hat nicht nur rund um den Getränkekonzern Red Bull über die Jahre ein Sport-, Medien-, Immobilien- und Gastronomie-Imperium aufgebaut – und in der Obersteiermark einer ganzen Region zu neuen Impulsen verholfen.

In die Wiege war ihm das nicht gelegt, alles hatte eher ganz klein begonnen. Auf der Wiener Hochschule für Welthandel studierte der Sohn zweier Lehrer aus St. Marein im Mürztal Betriebswirtschaft. Nach seinem Abschluss war er zunächst im Marketing für Jacobs Kaffee und den Zahnpasta-Hersteller Blendax tätig. Dort nahm seine Karriere Fahrt auf, er stieg bis zum Marketingdirektor auf.

Er sah das immense Potenzial

Letztlich war es eine Dienstreise, die den Grundstein für Red Bull legte. Denn in Asien hinterließen sogenannte „Aufputschgetränke“ nachhaltig Eindruck auf ihn, er erkannte das immense Potenzial – auch für den europäischen Markt. Mateschitz hat schließlich die Lizenzrechte am thailändischen Energydrink „Krating Daeng“, auf Englisch „Red Bull“ (auf Deutsch „roter Stier“) erworben – und gründete gemeinsam mit der thailändischen Herstellerfamilie Yoovidhya das Unternehmen (siehe links). Ein Erfolg auf Knopfdruck war Red Bull freilich nicht. Über Jahre erstreckte sich die Zulassungsphase sowie die Suche nach einem markanten Werbeslogan, der mit „Red Bull verleiht Flügel“ schließlich gefunden wurde. Die Markteinführung erfolgte schließlich am 1. April 1987. „Fast drei Jahre lang, von 1984 bis 1987, arbeitete Dietrich Mateschitz an der Formel für Red Bull, der Positionierung der Marke, der Verpackung und an dem Marketingkonzept“, ist dazu in der Firmenhistorie zu lesen.

Über Jahre blieb das koffein- und taurinhaltige Getränk in vielen Ländern umstritten, mitunter dauerte es Jahre bis es überhaupt auf dem Markt zugelassen wurde. Konsumentenschützer forderten vor allem in der Frühphase immer wieder Verbote, insbesondere für Kinder und Jugendliche.

Der einzige Energydrink am Markt war Red Bull nie, doch die Marketingmaschinerie, das Auffallen um fast jeden Preis, wurde früh perfektioniert und sukzessive erweitert. Als Felix Baumgartner 2012 im Namen der Dose mit seinem Stratosphären-Sprung aus rund 39.000 Metern Höhe global für Aufmerksamkeit sorgte, hatten sich Mateschitz und Red Bull längst auch in Breitensportarten wie Formel 1, Fußball und Eishockey engagiert – und damit Erfolge verbucht, immer wieder aber auch harsche Kritik geerntet. Das galt bisweilen auch für sein Medienimperium, das stark auf regionale und heimatverbundene – zuweilen gesellschaftspolitisch kontroversielle – Inhalte abzielt, insbesondere im eigenen TV-Sender ServusTV.

Seit Jahren war Mateschitz nicht nur der reichste Österreicher, sondern mit einem Vermögen von zuletzt fast 28 Milliarden Dollar sogar einer der reichsten Menschen der Welt. Der bekennende Jeansträger stellte sich aber so gut wie nie selbst in den Mittelpunkt, sondern höchstens sein Produkt. Der „Didi“, wie ihn Freunde nannten, galt als öffentlichkeitsscheu. „Ich möchte keine Orden und lege keinen Wert auf staatliche Ehrungen. Es gibt nicht viel, was ich noch nicht abgelehnt habe, und das wird auch in Zukunft so bleiben“, sagte er. Mit seinem eigenen politischen Weltbild hielt sich Mateschitz zurück, 2017 machte er in einem Interview mit der Kleinen Zeitung eine Ausnahme, die für Aufsehen sorgte: Er kritisierte den Umgang der damaligen Regierung mit der Flüchtlingskrise ebenso scharf wie die Scheinheiligkeit der „Wir schaffen das“-Rufer, teilte gegen die Grünen aus und lobte Ex-Kanzler Sebastian Kurz, damals noch Außenminister.

"Erzherzog-Johann-Syndrom"

Mateschitz war Eigentümer einer Insel im Südpazifik, fiel aber auch stets mit einer tiefen Verbundenheit zum alpinen Kulturraum auf. Davon zeugt nicht nur die Ausrichtung seines TV-Senders und der Zeitschriften- und Buchverlage. In der Steiermark wurde durch seine Initiative und private Investitionen der ehemalige Österreichring im Mai 2011 als „Red Bull Ring“ wiederbelebt. Seit 2014 ist die Formel 1 wieder in Spielberg zu Gast. Auch zahlreiche Wirts- und Gutshäuser zählten zu seinem Besitz. Er erwarb Schlösser, Hotels, gründete eine Brauerei – und ließ sie liebevoll renovieren. Ihm gehörten Wälder, Weinberge und Fischteiche. „Wahrscheinlich habe ich auch so etwas wie ein Erzherzog-Johann-Syndrom, ein bissl ein Trauma“, sagte er augenzwinkernd.
Auf die Frage, wie er Luxus definiere, antwortete der Milliardär damals: „Die Intensität einer unversehrten Natur, ein kleiner Kreis an Freunden mit einer Affinität zum Humor und in der Art zu denken.“

Das Formel-1-Comeback in Spielberg und sein dortiges Engagement begründete Mateschitz 2013 in einem Interview mit der Kleinen Zeitung so: "Es hat viel mit gutem Willen zu tun, weniger mit Sentimentalität. Es ist mit Sicherheit kein Geschäft, ganz im Gegenteil. Aber für manche Dinge gibt man das Geld eben gern aus und für manche weniger gern. Diese Investition trage ich gerne." Damit sorgte er für Impulse in einer Region, die unter dem Niedergang der Schwerindustrie besonders gelitten hat. Von seiner Leidenschaft fürs Fliegen zeugen die "Flying Bulls", eine Flotte historischer Flugzeuge und Hubschrauber, und der "Hangar 7" am Salzburger Flughafen.

Mateschitz galt als Gönner und war Mitbegründer der Stiftung "Wings for Life", die Querschnittslähmung heilbar machen will. Und er stellte der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität (PMU) in Salzburg für ein Forschungszentrum zu Rückenmarksverletzungen 70 Millionen Euro zur Verfügung – eine der größten Spenden, die in Europa je von einer Privatperson an eine Universität ging.

"Es gibt nicht viel, was ich noch nicht abgelehnt habe"

Seit Jahren war Mateschitz nicht nur der reichste Österreicher, sondern mit einem Vermögen von zuletzt fast 28 Milliarden Dollar auch einer der reichsten Menschen der Welt. Der bekennende Jeansträger stellt sich aber so gut wie nie selbst in den Mittelpunkt, sondern höchstens sein Produkt. Der "Didi", wie ihn Freunde nannten, galt als öffentlichkeitsscheu. Zeitungsinterviews waren selten, TV-Interviews gab er grundsätzlich nicht. "Ich möchte keine Orden und lege keinen Wert auf staatliche Ehrungen. Es gibt nicht viel, was ich noch nicht abgelehnt habe, und das wird auch in Zukunft so bleiben", sagte er einmal.

Zehn bis zwölf Dosen am Tag?

Mateschitz, der mit Langzeit-Freundin Marion Feichtner in Salzburg lebte, sagte einmal, jeden Tag zehn bis zwölf Dosen Red Bull zu trinken. Wegbegleiter lobten ihn als Visionär, der seine Ideen konsequent zu verwirklichen trachtet und dabei nichts dem Zufall überlässt. Sein einziger Sohn, Mark Mateschitz, entstammte einer früheren Beziehung und hat schon vor einigen Jahren dessen Nachnamen angenommen und im Haus als Geschäftsführer der Red-Bull-eigenen Brauerei "Thalheim" Fuß gefasst.

Auf die Frage, wie er Luxus definiere, antwortete Mateschitz im Interview mit der Kleinen Zeitung vor einigen Jahren: "Die Intensität einer unversehrten Natur, ein kleiner Kreis an Freunden, mit einer Affinität zum Humor und in der Art zu denken. Eine erfüllende Arbeit. Familie. Zeit, die Souveränität über sie und gelegentlich gut essen gehen. Auch ein ansehnliches Paar Ski und ein gescheites Bike für die Berge gehören dazu."