Der Abend versprach Spannung und alle, die dabei waren, wurden nicht enttäuscht. Auch 2024 hat die Kleine Zeitung in den steirischen Regionen die „Köpfe des Jahres“ gesucht. 35 Personen und Teams in sieben Kategorien waren in der Region Graz und Umgebung nominiert. Sie alle haben durch außergewöhnliche Leistungen auf sich aufmerksam gemacht. Pro Kategorie konnte es jedoch nur einen Sieger oder eine Siegerin geben. Das letzte Wort hatten dabei die Leserinnen und Leser der Kleinen Zeitung. Im Rahmen einer festlichen Gala wurden die Köpfe des Jahres der Region Graz und Umgebung Mittwochabend im Styria Media Center ausgezeichnet.
Lebenswerk - Der Ehrenpreis der Redaktion geht an Gastronomie-Profi Franz Grossauer
Begonnen hat alles am Fuße des Kalvarienberges, wo Franz Grossauer 1983 die einstige Schaumrollenfabrik „Wa-Back“ übernommen hat. Heute befindet sich hinter dem dortigen Kaffeehaus die Zentrale seines Gastro-Imperiums. Dessen Aufbau begann unter anderem auf der Messe, wo sich der 67-Jährige bis in die 90er-Jahre nicht nur als „Schnitzelkönig“ einen Namen machte. Legendär ist auch der Satz „Schwammerl, bitte melden“ – ein Slogan für schwammerlförmige Messehütten, bei denen die Gäste für Haselnussschnitten, den „Messespitz“, Schlange standen.
Die Zentrale ist heute längst mehr als ein Café, sie beheimatet Lager, Catering und Kühlflächen für beispielsweise 150 Tonnen Steakfleisch, das jährlich in die zahlreichen Betriebe gelangt: 2001 eröffnete das Glöckl Bräu, 2004 übernahm man die Gösser, 2007 das Schloßbergrestaurant. Ab 2011 folgten unter anderem die Steaklokale El Gaucho, eines gar in München.
Dabei war Grossauer die Gastronomie gar nicht in die Wiege gelegt: Der Vater war Elektriker, der Großvater Schuster und Fellhändler. Die eigenen Kinder treten aber sehr wohl in die Fußstapfen des Gastro-Multis, der jahrelang Teil des Münchner Oktoberfestes oder beim Ackern war. Fünf der sechs Kinder arbeiten in den Lokalen, ebenso die ersten der 16 Enkeln.
Sport: Elias Simbürger - Österreichischer Rekord-Stoßer
Zufriedenheit ist keine Kategorie für einen Sportler. Da hat Elias Simbürger bei der Junioren-WM im Oktober gerade 185 Kilogramm im Stoßen – nun ja – gestoßen und damit den österreichischen Rekord in der allgemeinen Klasse (!) bis 89 Kilogramm Körpergewicht aufgestellt, und er sagt: „halbwegs akzeptabel“. Der Gewichtheber denkt gleich weiter und will schauen, dass „ich mal das Reißen auf die Reihe bekomme“. Gerissen hat er nämlich „nur“ 138 Kilo.
Will er sein großes Ziel erreichen, muss er noch ein paar Scheiben drauflegen: Olympische Spiele 2028. Unterm Strich war 2024 trotzdem ein gutes Jahr für den früheren Cross-Fitter, dessen Oma ihm zum Gewichtheben geraten hat. EM-Bronze im Stoßen bei der U20. Und Kopf des Jahres in Graz. Sehr akzeptabel!
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Newcomer: Andrea Pauli setzt auf seltene Geflügelrassen
Das mit Eierfärben zu Ostern kann man sich als Kunde von Andrea Pauli quasi sparen. Doch auch das restliche Jahr über bringt die 35-Jährige aus St. Marein bei Graz Farbe in viele Küchen und Leben: Pauli hat den elterlichen Milchviehbetrieb umgekrempelt und sich auf das Halten von seltenen Geflügelrassen spezialisiert. Das Ergebnis: Eier mit schokobraunen oder mintgrünen Schalen genauso wie blaue oder zartrosa Exemplare. Dass aus der begeisterten Nebenerwerbs- eine Vollzeitbäuerin geworden ist, liegt – abgesehen von Schafwolle, Honig, Tees und anderen Verkaufsschlagern am „Frötscher Hof“ – auch am letzten Schrei im Hühnerstall: Pauli schickt befruchtete Eier per Post, welche Kunden dann zu Hause ausbrüten lassen. Um selbst seltene Hühnerrassen halten können.
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Wirtschaft & Forschung: Jan Kanner und Wolfgang Weingraber schlagen der Vernichtung von Retourware ein Schnippchen
Die guten Dinge liegen manchmal so nah. Durch Erfahrungen aus dem Freundeskreis wurden Jan Kanner und Wolfgang Weingraber Unternehmer – und bauten ByeAgain auf. „Immer wieder haben wir gesehen, dass Freunde für ihre Kinder teure Produkte kaufen, die schon nach kurzer Zeit nicht mehr gebraucht wurden.“
Also reifte die Überzeugung: Das muss doch anders gehen! Kanner und Weingraber möbeln das Spielzeug wieder auf, dabei geht es aber kaum noch um Secondhand-Verkauf von Privat an Privat, vielmehr ist man Service-Dienstleister für Händler: Ware, die bestellt, aber dann retour geschickt wird, wird oft einfach vernichtet. Dem wirkt ByeAgain entgegen. „Wir bieten Refurbishment als Service an – sodass Händler in ihren Shops eine eigene Sparte dafür anlegen können.“
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Ehrenamt & Soziales Engagement: Jakob Url schließt als Leiter der Bahnhofsmission eine Lücke im sozialen Angebot
Ob man nun von Wohnungs- oder Obdachlosigkeit betroffen ist, auf Reisen in eine Notsituation geraten ist oder einfach nur Gesellschaft und einen Rückzugsort sucht, ohne gleich etwas konsumieren zu müssen: In der Bahnhofsmission sind alle willkommen. Die Bahnhofsmission war die Ur-Einrichtung der steirischen Caritas, aus der alle anderen Angebote entstanden sind – bis sie geschlossen wurde und 34 Jahre später als Pop-up-Projekt zum 100. Jubiläum der Caritas zurückkehrte. Danach wurde sie wieder zur fixen Einrichtung, denn mit ihr schließt man auch eine Lücke im sozialen Angebot in Graz. Die Stadt hat das erweiterte Tageszentrum – jetzt mit Duschen für Frauen, einer Waschmaschine und Schließfächern ausgebaut – mittlerweile übernommen und die Caritas mit dem Betrieb betraut.
„Bei uns ist jeder willkommen. Und wir lassen jede und jeden auch zuerst einmal ankommen, ohne nach dem Namen zu fragen oder dem Grund, warum derjenige bei uns ist“, betont auch Jakob Url. Vor allem geht es darum, den Menschen etwas Geborgenheit und Entspannung vom sehr herausfordernden Alltag auf der Straße zu bieten. Und etwas Würde.
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Kultur: Gabriele und Otto Köhlmeier - „Die wilden Alten“ legen erst richtig los
Der viel zitierte „Unruhestand“ ist ihnen zu wenig – denn sie geben wortwörtlich keine Ruhe. Das Schauspieler- und „Kabarehepaar“ Gabriele und Otto Köhlmeier, das seit 1991 in Elxenbach in St. Marein auch die „Kunstmühle“ betreibt, wollte es mit 70+ noch einmal richtig wissen. Und gründete eine „kreative Eingreifgruppe zur Rettung der Welt“, eine Gruppe von älteren Gleichgesinnten, die mehr von ihrem Lebensabend wollen als die jährliche Senioren-Weihnachtsfeier oder Kegel- und Kartenspielabende. Denn: Es sei eine sinnlose Vergeudung, wenn das enorme Wissen und Können, die Fähigkeiten und Fertigkeiten der Pensionisten nicht mehr genutzt werden.
Rund 100 Personen im Alter von 60 bis fast 100 folgten ihrem Aufruf, nach der ersten Gruppe in Weiz gibt es mittlerweile auch eine in Graz. Langfristig sollen in ganz Österreich „Wilde Alte“ aktiv werden. Auch die erste gemeinsame Performance hat man jetzt auf die Bühne gebracht. Diese könnte nicht aktueller sein: In „Nie wieder“ stehen die Kriegs- und Nachkriegsgeborenen gegen das Vergessen, gegen Hass, Intoleranz, Faschismus und Krieg auf der Bühne.
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Entertainment: Limited Edition - Sie nutzten ihre große Chance
Hochmotiviert ging es die Tanzgruppe „Limited Edition“ nach ihrer Gründung im Jahr 2023 an. Trainer Pascal Chanterie machte die Tanzgruppe des ATG in nur einem halben Jahr fit für ihren großen Auftritt bei der ORF-Show „Die große Chance“. Auch wenn man dort den Sieg im Frühjahr 2024 anderen Teilnehmern überlassen musste: Die Show, die „Limited Edition“ ablieferte, begeisterte das Fernsehpublikum. Die Grazer Gruppe schaffte es nicht nur ins Rampenlicht, sondern bis ins Finale. Von ihren Auftritten kann man sich nach wie vor mitreißen lassen. Zuletzt kamen etwa die Besucher des Balls der Technik im Grazer Congress in den Genuss, eine ihrer Tanzshows zu sehen. Lust aufs Tanzen macht schon ein Besuch der Social-Media-Seiten der Gruppe.
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Gastgeber: Edith Seitinger – Herzlichkeit seit neun Jahrzehnten
Robert Stolz soll schon auf dem Klavier in der Gaststube gespielt haben, Hans Moser, Attila Hörbiger, Vico Torriani, Johannes Heesters und Udo Jürgens waren Gäste. 1934 hat Robert Herzl, selbst ein Sänger, die gleichnamige Weinstube mitten in der Grazer Altstadt geöffnet, und 90 Jahre später ist im Gasthaus noch vieles im Originalzustand, vom alten Holzboden über die Eiskästen bis eben zum Klavier.
In einer Zeit des Wirtshaussterbens ist die Weinstube nach wie vor eine Institution in Graz und beliebt bei Einheimischen und Touristen, bei Jungen und Älteren – das hat Edith Seitinger, die die Weinstube vor 20 Jahren übernommen hat, mit ihrem Team und den Gästen 2024 groß gefeiert. Den Preis nahm in Vertretung ihre Tochter entgegen.
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