Mathieu van der Poel hat die Dominanz von Tadej Pogačar einmal mehr durchbrochen und die Verletzlichkeit des schier unverwundbaren Slowenen damit wieder aufgezeigt. Im Gegensatz zum Sprintsieg bei Mailand-Sanremo musste der Niederländer mit dem begnadeten Gefühl für das Rad – er wurde sieben Mal Weltmeister im Querfeldein – bei diesem Monument nicht das komplette Spektrum seines kraftvollen Fahrstils auspacken. Denn schon zum zweiten Mal in dieser Saison unterlief dem Weltmeister aus Slowenien ein kapitaler Fahrfehler. Konnte er einen Sturz bei der Strade Bianche mit dem Sieg noch (fast) vergessen machen, gelang ihm das dieses Mal nicht.

Auf dem Kopfsteinpflaster mit klingendem Namen „Pavé de Pont-Thibaut à Ennevelin“ unterschätzte Pogačar eine Rechtskurve, kam in die Wiese und stieg über den Lenker ab. Zu diesem Zeitpunkt, es waren noch 38 Kilometer bis ins Ziel, waren die beiden Giganten bereits alleine unterwegs, hatten sich der Konkurrenz entledigt. Van der Poel zögerte in diesem Moment nicht, fuhr weiter in seiner unverkennbaren Art über das Pflaster.

Flaschenwurf auf Sektor

Kurz darauf kam es zu einem Höchstmaß an Unsportlichkeit gegenüber dem Niederländer, der immer wieder mit Anfeindungen konfrontiert ist. Auf dem folgenden Sektor (Moulin-de-Vertain) schleuderte ein Fan dem Führenden eine gelbe Trinkflasche ins Gesicht. „MVP“ schüttelte sich ab und hielt den Tritt konstant. Pogačar versuchte, das Loch noch einmal zuzufahren, ein Wechsel der Colnago-Maschine begrub die Träume vom ersten Sieg beim ersten Antreten des Slowenen.

Van der Poel fuhr nach 259 Kilometern mit einem Vorsprung von 1:17 Minuten auf das Velodrom von Roubaix ein. Die auf der Bahn zu fahrenden eineinhalb Runden wurden zum Triumphzug des 30-Jährigen und er ist der erste Fahrer nach dem legendären Francesco Moser (1978, 79, 80), der die „Hölle des Nordens“ drei Mal hintereinander siegreich durchfahren hat. Insgesamt war es sein vierter Sieg. Mads Pedersen (Lidl - Trek) sprintete zu Platz drei. Der Däne verlor aufgrund eines Patschens die Spitzengruppe.

Pogačar wurde mit einem Rückstand von 1:18 Minuten Zweiter. Marco Haller belegte den großartigen zwölften Rang. Während Van der Poel nun pausiert, plant der Slowene in den kommenden Wochen noch das Amstel Gold (20. 4.) und den Flèche Wallonne (23. 4.) fahren und bei Lüttich-Bastogne-Lüttich (27. 4.), dem vierten Monument des Jahres, nach seinem bereits dritten Sieg greifen.