Der Gläubigerausschuss im Konkurs der Commerzialbank Mattersburg im Burgenland hat Montag die Amtshaftungsklage der Masseverwalter gegen die Republik Österreich genehmigt, lassen die Masseverwalter Kosch & Partner Rechtsanwälte via Aussendung mitteilen. Eingeklagt werde ein Schadenersatz von etwas mehr als 303 Millionen Euro wegen kollektiven Versagens der Organe der Republik Österreich. Finanzmarktaufsicht, Oesterreichische Nationalbank und Finanzministerium seien ihren Prüf- und Aufsichtspflichten, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft und die Staatsanwaltschaft Eisenstadt ihren Ermittlungspflichten nicht nachgekommen, erheben die Massverwalter schwere Vorwürfe.

Die Klage werde noch heute beim zuständigen Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien eingebracht. Die Kleine Zeitung berichtete darüber bereits Anfang Februar. Damals hatte die Einlagensicherung (ESA) eine Amtshaftungsklage gegen die Republik eingebracht, die ESA fordert eine Summe von 490 Millionen Euro.

Ein Teil des Schadens ist verjährt

Die Masseverwalter klagen exakt die Summe von 303,069.717 Euro und 11 Cent ein. Wie kommt es zu den unterschiedlichen Summen?

Der durch das Versagen der Aufsichts- und Ermittlungsorgane seit 1995 bzw. 1996 (als die Bank aus dem Raiffeisenverband herausgelöst wurde) entstandene Gesamtschaden beträgt laut Kosch & Partner Rechtsanwälte hunderte Millionen Euro. Eingeklagt wird aufgrund der im Amtshaftungsgesetz vorgesehenen Verjährungsfrist freilich nur der Schaden der vergangenen zehn Jahre - das seien jene 303 Millionen. Bei der ESA-Summe geht es um jenes Geld, das die Einlagensicherung an die Geschädigten der Commerzialbank ausbezahlt hat. Die Forderungen der ESA gelten übrigens als vorrangig.

Auf 57 Seiten listen die Masseverwalter die Verfehlungen der Prüf- und Ermittlungsorgane bis ins Detail auf. Hier sind einige Beispiele:

  • Schon die Erteilung der Bankkonzession durch das Finanzministerium im Jahr 1996 sei rechtswidrig erfolgt, weil die Voraussetzungen für eine solche nicht vorlagen.
  • Im Zeitraum von 13 Jahren – zwischen 2002 bis 2015 habe die FMA keine einzige Vor-Ort-Prüfung durch die OeNB in Auftrag gegeben. Auch ansonsten hätten FMA und OeNB die Commerzialbank nicht ausreichend überwacht. Sonst hätte etwa auffallen müssen, dass die GSA (Geldservice Austria GmbH, eine hundertprozentige Tochter der OeNB) seit 2010 zwar insgesamt 386 Millionen Bargeld an die Commerzbank ausgeliefert, aber nur 38 Millionen erhalten hatte. Bei vergleichbaren anderen Banken ist dieses Verhältnis in etwa ausgeglichen. „Dass sich dieser Umstand nur durch Malversationen erklären lässt, liegt auf der Hand“, heißt es in der Klage.
  • Es hätte der Aufsicht auffallen müssen, dass die Commerzialbank Mattersburg (fingierte) hohe Einlagen bei anderen österreichischen Banken verzeichnete und auch an die OeNB meldete (zuletzt 431 Millionen Euro). Derartige hohe Einlagen waren aber von den anderen Banken nicht gemeldet worden – wirklich vorhanden an Guthaben der Commerzialbank war nur ein Bruchteil (sieben Millionen). Ein simpler Abgleich dieser Daten hätte die Malversationen bei der Commerzialbank Mattersburg sofort aufgedeckt.
  • 2015 entdeckte die OeNB bei einer endlich durchgeführten Vor-Ort-Prüfung der Commerzialbank acht schwere Gesetzesverstöße und 65 Mängel. Laut den Masseverwaltern wäre die richtige Reaktion der FMA die sofortige Sperre der Bank mit nachfolgendem Insolvenzantrag gewesen. Das Mindeste wäre die Abberufung des Vorstandes und das Einsetzen eines Regierungskommissärs gewesen. Stattdessen wurde der Bank nur die „Verbesserung“ aufgetragen.
  • Nicht einmal eine Whistleblower-Meldung an die FMA während der Prüfung 2015 hatte Folgen, obwohl in dieser die Malversationen in der Bank bis ins Detail beschrieben waren. Die FMA erteilte der OeNB keinen offiziellen Auftrag, diese Vorwürfe zu prüfen.
  • Auch die WKStA (Wirtschafts- und  Korruptionsstaatsanwaltschaft), bei der diese Whistleblower-Meldung 2015 ebenfalls eingelangt
    war, zog nicht die nötigen Konsequenzen. „Statt die indizierten Schritte und eigenständige Ermittlungsschritte zu setzen, wurden die in der Whistleblowermeldung im Detail beschriebenen Vorwürfe unverständlicherweise nicht eigenständig verfolgt und schließlich in unvertretbarer, rechtswidriger und schuldhafter Weise vorzeitig eingestellt,“ heißt es in der Klage der Masseverwalter

Das Burgenland als Kläger und Beklagter

Darüberhinaus brachte am Montag auch das Land Burgenland Klage gegen die Republik ein. Über ihre Tochter Energie Burgendland fordert das Land 4,9 Millionen Euro. Anwalt Johannes Zink beantragte außerdem eine Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof jener Bestimmung, die eine direkte Haftung der Republik für Fehler der Finanzmarktaufsicht gegenüber Sparern der Commerzialbank ausschließt.

Das Land Burgenland als Revisionsbehörde der Bankgenossenschaft, also der Mehrheitseigentümerin der Commerzialbank, ist indes selbst Ziel von Schadenersatzansprüchen. Unter anderem prüfen die Masseverwalter eine Klage gegen das Land. Rechtsanwalt Ernst Brandl hatte Anfang November des Vorjahres eine Klage für einen Bankkunden eingebracht, dieser fordert darin knapp 87.500 Euro.