Die Pleite der Grazer Rabattfirma myWorld aus dem Lyoness-Netzwerk rückt den Fokus auf die lange Geschichte von Gerichtsprozessen, die das Multilevel-Marketingsystem (so die unverfängliche Bezeichnung für etwas, das laut Konsumentenschützern häufig einem Pyramidenspiel ähnelt) von Lyoness hat.

Lyoness wurde 2003 als eine Einkaufsgemeinschaft gegründet, die auf provisionsbasierten Anwerbemodellen basiert. Wer neue Mitglieder anwarb, erhielt Provisionen in unterschiedlicher Form. „Für den durchschnittlichen Konsumenten war das undurchschaubar, das Vergütungssystem war äußerst komplex – so wie heute auch das Firmengeflecht. Im ersten Moment hat es gut geklungen, damit Geld verdienen zu können, dass Leute bei bestimmten Partnern einkaufen, bei vielen hat sich der erhoffte Reichtum aber nie eingestellt“, erzählt Franz Valandro, Konsumentenschützer bei der Arbeiterkammer Vorarlberg, gegen die die Rabattfirma 2020 eine Klage im Zusammenhang mit Rufschädigung einbrachte, diese letztlich aber zurückzog.

Kunden von 2007 bis 2012 bekamen Geld zurück

Ein wesentlicher Erfolg der Konsumentenschützer war 2017 ein Musterverfahren des VKI gegen Lyoness Europe, das das Unternehmen zwang, Kunden aus den Jahren 2007 bis 2012 die Beträge, die für den Eintritt in die Lyoness-Welt zu zahlen waren, samt Zinsen zurückzuerstatten. Ausgangspunkt dieses Vergleichs war ein OGH-Urteil aus dem Sommer 2017: „Der OGH erklärte alle Klauseln zu erweiterten Mitgliedsvorteilen in den AGB bei Lyoness für gesetzeswidrig, was die Rückzahlungsmöglichkeit ausgelöst hat,“ wie Valandro sagt.

Im Oktober 2018 entschied der Oberste Gerichtshof, dass es sich bei der damaligen Geschäftspraxis von Lyoness vor 2014 um ein Schneeballsystem gehandelt hat. Lyoness gab sich in der Folge nach und nach einen neuen Anstrich und neue Namen wie Lyconet, Cashback World oder myWorld auf.

Die norwegische Lotteriebehörde untersagte im Mai 2018 jegliche Tätigkeit von Lyoness in Norwegen endgültig. Es handle sich bei Lyoness um ein illegales, pyramidenähnliches Verkaufssystem. Lyoness wurde verpflichtet, seine gesamte Tätigkeit zu unterlassen und jegliche Anwerbung von Mitgliedern für Cashback World und Lyconet zu beenden. Die italienische Wettbewerbsbehörde untersagte der Lyoness Italia die Tätigkeit aus dem gleichen Grund, nämlich weil sie ein regelwidriges Promotionsystem betreibe, das die Merkmale eines Pyramidenspiels aufweise. Obendrauf gab es noch eine Gesamtstrafe in der Höhe von 3,2 Millionen Euro.

Klage gegen AK – und dann doch nicht

Als die AK Vorarlberg im Februar 2020 in einer Presseaussendung davor warnte, sich auf das System Lyconet & Co. einzulassen, klagte das Unternehmen auf Unterlassung einer solchen Warnung.  „Die angesetzte Verhandlung musste wiederholt vertagt werden, weil die Zeugin der Gegenseite aus vermeintlich privaten Gründen nicht nach Feldkirch zur Verhandlung kommen konnte“, erinnert sich Valandro. Im allerletzten Moment sei die Klage dann zurückgezogen worden. „Das war ein deutliches Signal, dass man die eigene Geschäftspraxis nicht gerichtlich durchleuchtet haben wollte.“

Es kam in der Vergangenheit zu immer mehr und eindeutigerer Rechtsprechung in der Causa. Medial sorgte das Unternehmen Mitte 2021 für Schlagzeilen wie „Trotz 400 Gerichtsurteilen: Lyoness macht als Lyconet weiter.“ Der große Boom des Geschäftsmodells war vor zwei, drei Jahren aber wohl vorbei, schätzt Valandro. myWorld strebt allerdings die Sanierung an.

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