Darf man eine Karikatur des steirischen Rings Freiheitlicher Jugend mit dem Stil des Nazi-Hetzblattes „Der Stürmer“ vergleichen? Die „Zeit im Bild 2“ hat genau das in einem Interview mit FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky getan – zu dessen Entrüstung, gepaart mit der Drohung gegen Moderator Armin Wolf, das werde „Folgen“ haben.

Bernhard Weidinger, Rechtsextremismusexperte beim Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW), ist „eher zurückhaltend“, was Vergleiche mit dem „Stürmer“ betrifft. Zu oft werde zu leichtfertig mit Nazi-Parallelen umgegangen.

Verächtlichmachung

Dennoch sieht Weidinger in Sprache und Ästhetik, derer sich die FPÖ zuletzt und schon innerhalb der vergangenen Monate vermehrt bedient hat, Grenzen überschritten: „Die Parallelen liegen in der Darstellung von Feindbildern als gehässig, verschlagen, bösartig, schmutzig“ – im Falle der Nazis eben der Juden. Dem gegenüber stünden in solchen Darstellungen „die schönen, reinen, unbefleckten ,Eigenen‘, in der Absicht der Verächtlichmachung des jeweiligen Gegenübers“, so Weidinger.

Systematische Feindbildpflege

Man habe es im Falle der FPÖ heute ebenfalls mit einer systematischen Feindbildpflege zu tun. Allerdings richte sich diese inzwischen hauptsächlich gegen Muslime. Weidinger erinnert in diesem Zusammenhang etwa an das umstrittene Ali-Video (die FPÖ hatte als Beispiel für den Missbrauch der E-Card einen „Ali“ mit Fez dargestellt), an das Muezzin-Spiel aus einem früheren Wahlkampf sowie an diverse Karikaturen, die zuletzt in FPÖ-Parteizeitungen erschienen.

In Summe ist die türkis-blaue Koalition durch alte und neue Fehltritte von FPÖ-Politikern deutlich unter Druck geraten. Bundespräsident Alexander Van der Bellen zitierte Parteichef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache am Mittwoch zu sich in die Hofburg und warnte danach in einer langen Erklärung die gesamte Bundesregierung vor einer Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas. „Hetze gegen Mitmenschen werden wir in Österreich niemals akzeptieren.“

Gleichzeitig lobte Van der Bellen aber „die klare Reaktion“ von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und nahm zur Kenntnis, dass in Bezug auf das „Ratten-Gedicht“ Konsequenzen gezogen wurden. Der Braunauer Vizebürgermeister, der in seiner Kolumne „Die Stadtratte“ gegen die „Vermischung der Kulturen“ polemisiert hatte, war schon am Dienstag vom Amt zurück- und aus der Partei ausgetreten.

Auch Van der Bellens Vorgänger Heinz Fischer nutzte die Eröffnung einer Juristentagung dazu, davor zu warnen, „andere“– Asylsuchende – als Personen „minderen Rechts“ zu betrachten, Demokratie und Rechtsstaat infrage zu stellen.

Die Regierung bemühte sich um Contenance: Kurz und Strache gingen nach dem Ministerrat am Mittwoch erneut auf Distanz zu den Aktivitäten einzelner FPÖ-Funktionäre. Kurz will sich „immer dann zu Wort melden, wenn ich das Gefühl habe, dass es notwendig ist“.

FPÖ auf Konfrontation mit dem ORF

Eine weitere Front hat Vilimsky mit seiner aggressiven Reaktion auf Wolf jedenfalls abermals zwischen FPÖ und ORF aufgerissen – anlässlich der Verhandlungen um die Abschaffung der GIS-Gebühr ohnehin ein gespanntes Verhältnis. Der Redakteursrat des Öffentlich-Rechtlichen protestiert gegen die Drohungen Vilimskys: „Dass der Generalsekretär einer Regierungspartei in einem Interview den Moderator bedroht, hat es in dieser Form noch nicht gegeben“, so der Redakteursrat in einer Aussendung.

Kritik übt er auch an den Aussagen des von der FPÖ gestellten Vorsitzenden des ORF-Stiftungsrates, Norbert Steger. Dieser hatte Wolf im „Kurier“ zur Kandidatur für die SPÖ geraten.