Der Lockdown ist verkündet, am Montag wird er in ganz Österreich in Kraft treten. Bis sich erste Effekte zeigen, kann es sein, dass die Zahl der Neuinfektionen auch noch höher steigt, als es am Freitag mit gut 15.800 der Fall war, sagt Peter Klimek. „Da die Delta-Variante schneller zu Symptomen führt, dürften auch die Effekte der Kontaktbeschränkungen etwas schneller zu bemerken sein.“ Der Komplexitätsforscher (Complexity Science Hub Vienna) geht davon aus, dass man etwa eine Woche nach Lockdown-Beginn eine Wirkung erkennen können müsste.

Simulationsforscher Nikolas Popper (TU Wien) sieht dies ähnlich. „Es gibt auch Vorgreif-Effekte, die seit Mitte dieser Woche wirken.“ Das sei auf jene Maßnahmen zurückzuführen, die aktuell schon gelten. Zudem haben schon aktuell viele Menschen ihre Kontakte reduziert. Auf der anderen Seite gäbe es aber auch ein Gruppe, die nun die Freiheit bis Montag noch ausnutzen werde. „Die alles entscheidende Frage wird sein: ,Machen die Menschen noch einmal mit?’“

Der Lockdown könnte wirken, wenn ...

Die Dauer von zwei mal zehn Tagen, die am Freitag von der Regierungsspitze kommuniziert werde, könne schon reichen, so Klimek. Aber nur dann, wenn das gesamte Maßnahmenbündel umgesetzt werde. Das bedeutet: Der Lockdown muss wirklich umgesetzt und kontrolliert werden, die Booster-Impfungen müssen für eine rasche Anhebung des Schutzes forciert werden. Ebenso muss die Rate der Erstimpfungen erhöht werden, um die Lage nach Abflachen der vierten Welle kontrollieren zu können.

Auf den Intensivstationen wird der Druck so schnell nicht nachlassen. Es ist möglich, dass die Belagszahlen nach den ersten zehn Tagen ihren Höhepunkt erst erreichen. Grundsätzlich ist die jetzige Situation nicht mit den vorangegangen Lockdowns vergleichbar. „Wir haben eine viel höhere Dynamik als je zuvor“, sagt Popper. „Wir stehen aber auch nicht bei Null, es sind mehr als 60 Prozent der Bevölkerung immunisiert.“

Klar ist für Klimek im Moment vor allem eines: „Wir sind jetzt auf einem sehr hohen Niveau, dementsprechend lange werden wir brauchen, um die Zahlen zu senken.“ Aus diesem Grund sei es notwendig, ein Mindestmaß an Maßnahmen über den Winter aufrechtzuerhalten. Und auch, jetzt schon für die Zeit nach dieser Akutphase zu planen. In diesem Szenario müsse die Impfung eine klare Rolle spielen ebenso die Vorbereitung der Impfpflicht. „In Summe brauchen wir eine klar definierte Strategie, die auch klar kommuniziert wird“, sagt Klimek.