Im Skandal um die Commerzialbank Mattersburg verschärfte sich der Schlagabtausch von SPÖ und ÖVP im Burgenland am Dienstag weiter.

Nachdem der erste Antrag der Opposition von VP, FP und Grünen auf einen Sonderlandtag abgelehnt worden war (weil er an den zurückgetretenen Landesrat Illedits von der SPÖ gerichtet war), kündigt die ÖVP einen weiteren Antrag an. In einer Pressekonferenz am Vormittag erneuerte VP-Klubobmann Markus Ulram die Forderung an die SPÖ-Alleinregierung, für "volle Aufklärung" zu sorgen.

Was passierte vor der Schließung?

Die ÖVP fordert Einsicht in alle Unterlagen und die Offenlegung der Telefonprotokolle von LH Hans Peter Doskozil und seines gesamten Teams am 13. und 14. Juli 2020. Hintergrund: Am 14. Juli um 23.45 Uhr hatte die Finanzmarktaufsicht (FMA) der Commerzialbank per Bescheid die Geschäftstätigkeit untersagt. Ulram will wissen, ob Doskozil oder jemand aus seinem Team vorab von der bevorstehenden Schließung gewusst hat und ob man diese Informationen weiter gegeben habe. Denn mittlerweile hat Doskozil Montagabend eingestehen müssen, dass die landeseigene Regionalmanagement GmbH (RMB) den Versuch unternommen hatte, 1,2 Millionen Euro aus der Commerzialbank zu retten. Montagvormittag hat Doskozil solche Berichte noch als Lüge bezeichnet. "Hier wurde bereits einmal die Unwahrheit gesagt", sagt Ulram.

Doskozil selbst meinte in einer Pressekonferenz am Montag, dass er gehört habe, dass 24 Stunden vor Schließung der Bank "fünf bis zehn Millionen Euro" transferiert worden seien. Von wem diese Information stammt, wollte der burgenländische Landeschef aber unter Hinweis auf den Quellenschutz nicht sagen.

Ulram pocht zudem auf die Verantwortung der Finanzlandesräte der SPÖ. Das Land ist Revisionsbehörde der Kreditgenossenschaft, die zu 79,01 Prozent Eigentümerin der Commerzialbank ist. Die Prüfaufträge erteilten die jeweiligen Finanzlandesräte an die Wirtschaftsprüfer der TPA. "Bis heute gibt es zu den Prüfberichten keine Aussage der SPÖ", moniert Ulram. Die ÖVP stellte bereits am Montag einen Untersuchungsausschuss in den Raum.

SPÖ: "ÖVP-Netzwerk"

Kurz bevor die ÖVP am Dienstag ihre Pressekonferenz abhielt, ging die SPÖ in die Offensive und schoß sich auf ein "ÖVP-Netzwerk" ein. SPÖ-Landesgeschäftsführer Roland Fürst formulierte am Dienstag mehrere Fragen in Richtung Volkspartei und forderte Landesparteiobmann Christian Sagartz, der auch Bezirksparteichef der ÖVP in Mattersburg ist, zum Rücktritt auf.

Seit kurzem wisse man, dass es bereits in den 1990er-Jahren "Machenschaften und Malversationen vom Herrn (Martin, Anm.) Pucher gegeben hat - damals noch als Geschäftsstellenleiter einer kleineren Bank der Raiffeisenbank", so Fürst. Als Raiffeisen die Bank habe prüfen wollen, sei den Revisoren "der Prüfungszutritt verwehrt" worden.

Was wussten die Aufsichtsräte?

Damals habe man Pucher absetzen wollen. Dagegen ausgesprochen habe sich "mit größter Vehemenz" ein damaliger ÖVP-Funktionär, der jetzt noch nach wie vor als Vorsitzender des Aufsichtsrates fungiere. "Offensichtlich hat es damals schon dieses ÖVP-Netzwerk gegeben, das den Martin Pucher und seine Machenschaften auch geschützt hat. Hätte man damals schon adäquat reagiert, hätten wir uns vielleicht viel Leid ersparen können", meinte Fürst.

Momentan gehe man Medienberichten zufolge von einem Schaden von rund 690 Millionen Euro aus. Die Frage sei: "Wie kommt es soweit?" Im Aufsichtsrat der Commerzialbank - dem obersten Kontrollgremium - säßen "vorwiegend ÖVP-Funktionäre". Der Co-Vorsitzende sei "ein hochrangiger ÖVP-Wirtschaftsbund-Funktionär". In dem Gremium säßen ferner ehemalige oder aktuelle ÖVP-Gemeinderäte aus dem Bezirk Mattersburg.

Dazu Ulram: "Die ÖVP hat keinen einzigen Aufsichtsrat entsandt." Den Aufsichtsräten ÖVP-Nähe zu unterstellen, sei weit hergeholt. Persönlich kenne er den Vorsitzenden des Aufsichtsrates nicht. Anmerkung: Es handelt sich um Josef Giefing, der von 1998 bis 2000 ÖVP-Bürgermeister von Krensdorf war.