Den Schweizern ist an ihrem Nationalfeiertag, dem 1. August (er bezieht sich auf den Rütlischwur Anfang August 1291) heuer so gar nicht zum Feiern zumute: Die Schweiz ist vielmehr schockiert über den Zollhammer aus den USA. Sie erscheint auf der neuen US-Liste mit 39 Prozent Abgaben auf Schweizer Exporte in die USA. Das übertrifft die schlimmsten Befürchtungen. Im April hatte US-Präsident Donald Trump noch 31 Prozent für die Schweiz vorgesehen. Die Regierung nehme dies mit großem Bedauern zur Kenntnis, teilte sie mit. Die erhoffte Einigung auf einen niedrigeren Satz blieb aus, wie Bundespräsidentin Karin Keller-Suter auf X schrieb.
Neben Brasilien (50 Prozent) werden nur Laos und Myanmar (jeweils 40 Prozent) sowie Syrien (41 Prozent) von den USA künftig höher besteuert als die Schweiz. Für die EU gilt ein Zollsatz von 15 Prozent. Alles soll nach derzeitigem Stand am 7. August in Kraft treten.
Zoll-Paket
Bedrohung für die Schweizer Wirtschaft
Der Wirtschaftsverband Economiesuisse sprach von ungerechtfertigten Zöllen, die „eine sehr ernsthafte Belastung für die Schweizer Wirtschaft“ seien. Die Schweiz sei der sechstwichtigste ausländische Investor in den USA. Schweizer Firmen hätten dort rund 400.000 Arbeitsplätze geschaffen.
Die Zölle gefährdeten den Werkplatz Schweiz, schrieb Swissmechanic, der Fachverband kleiner und mittelständischer Unternehmen in der Metall-, Elektro- und Maschinenindustrie. Die Wirtschaftsverbände fordern die Regierung auf, alles daranzusetzen, in den nächsten Tagen eine Reduzierung zu erreichen.
Die USA sind für Schweizer Firmen mit Abstand der größte Absatzmarkt. Die Exporte machten im vergangenen Jahr 65,3 Milliarden Franken (rund 70 Milliarden Euro) aus, knapp 17 Prozent der Gesamtausfuhren. Danach folgt Deutschland mit 45,2 Milliarden Franken.
Der Schweizer Uhrenverband FH sieht durch die angekündigten Zölle „die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Unternehmen und die Schweizer Produkte im Markt in Gefahr“, wie der „Blick“ berichtet. Die Zölle seien eindeutig eine Bedrohung für die gesamte Schweizer Wirtschaft. Dabei gilt US-Präsident Donald Trump als passionierter von Schweizer Uhren.
Neue Zölle gelten erst ab 7. August
Die neuen US-Zölle für Importe aus dem Ausland treten laut einem US-Regierungsbeamten erst am 7. August in Kraft, nicht bereits an diesem Freitag. Er bestätigte der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstagabend (Ortszeit) weiter, dass dies auch für den Zollsatz von 15 Prozent auf Einfuhren aus der EU gelte. Zuvor hatte Trump ein Dekret zu den neuen Zollbestimmungen unterzeichnet.
Bisher hatte der Republikaner als Termin für die Einführung neuer Zölle den 1. August genannt. Auch in einer EU-Übersicht zur kürzlich in Schottland geschlossenen Vereinbarung zwischen der Europäischen Union und den USA wurde dieses Datum genannt - dort hieß es zu den Zöllen in Höhe von 15 Prozent: „Ab dem 1. August werden die USA diesen Höchstzollsatz auf den Großteil der EU-Exporte anwenden.“
US-Regierungsbeamter: Mehr Zeit, Regeln umzusetzen
Der Regierungsbeamte antwortete der dpa auf die Frage, weshalb das Startdatum nun doch nicht an diesem Freitag sei: Man wolle mehr Zeit dafür geben, die neuen Regeln umzusetzen.
Das Weiße Haus veröffentlichte eine Liste mit fast 70 Ländern und der EU, für die jeweils bestimmte Zollsätze gelten werden. Neben Großbritannien, der Schweiz und Japan sind viele weitere Handelspartner genannt.
Eine wichtige Frage bleibt
Am Donnerstag beschäftigten sich Berufungsrichter in einer Anhörung noch mit der Rechtmäßigkeit vieler dieser Zölle. Ende Mai hatte ein Berufungsgericht die juristisch verfügte Blockade fast aller Zölle des US-Präsidenten vorerst aufgehoben, die eine niedrigere Instanz - das Gericht für internationalen Handel in New York - kurz zuvor angeordnet hatte.
Das New Yorker Gericht hatte Trumps Regierung die Befugnis abgesprochen, weitreichende Zölle unter Berufung auf ein Notstandsgesetz zu verhängen. Die Entscheidung bezog sich auf fast alle Zölle, die von Trumps Regierung erlassen wurden. Sie umfasste auch länderspezifische Handelserschwernisse, die der Präsident Anfang April verhängt und danach mehrmals aufgeschoben hatte.
Die Argumentation Trumps lautet: Handelsdefizite mit anderen Ländern seien ein nationales Sicherheitsrisiko, damit bestehe ein nationaler Notstand. Mit dieser Begründung verhängte er die weitreichenden Zölle per Dekret - und umging damit das Parlament. Er nutzte dafür ein Gesetz aus dem Jahr 1977, das noch nie zuvor für Zölle angewandt worden war.
Die Berufungsrichter äußerten sich US-Medien zufolge nun skeptisch über dieses Vorgehen der Regierung. Eines seiner größten Bedenken sei, dass das herangezogene Notstandsgesetz das Wort „Zölle“ nirgendwo erwähne, zitierten etwa der Sender ABC News und das Nachrichtenportal „Politico“ einen der Richter. Bis zu einer Entscheidung in dem Fall könnten nach Einschätzung der „Washington Post“ noch Wochen vergehen. Und selbst dann könnte der Rechtsstreit noch weitergehen - und letztlich vor dem Obersten US-Gericht landen.