Sie war wenige Tage vor dem Skeletonauftakt im November beinahe nicht in der Lage, ihre Socken anzuziehen. Der Rücken wurde für Janine Flock zum Spielverderber, der obendrein aufs Gemüt schlug. „Ich habe mir zu wenig Regeneration gegönnt. Es ist bei Sprüngen passiert, wo sich mein Becken verschoben hat. Ich wusste, wie es um meine Bandscheiben bestellt ist. Es war großes Glück, dass kein Nerv komplett eingeklemmt war. Ich habe von meinem medizinischen Umfeld – von Infiltrieren, Chiropraktik, Physiotherapie bis hin zu Mobilisierung – profitiert“, erzählt die Skeleton-Vizeweltmeisterin von 2016, die sich charmant als „kleines Alphatierchen“ bezeichnet und im Laufe ihrer Karriere lernen musste, besser auf ihr Inneres zu hören.

Flock hatte täglich mit Schmerzen zu kämpfen und verriet, dass „es im Hinterkopf immer mitgeschwirrt ist. Bei jeder Bewegung muss man aufpassen. Dennoch ist Bewegung besser als Stillstand. Ein Schutzgürtel hat mir bei dynamischen Bewegungen geholfen“, sagt die Wintersportlerin aus Rum, die auf Pilates setzt und niemals die Zügel locker lässt. „Ich muss Gas geben, sonst komme ich nicht dorthin, wo ich hinmöchte. Als Athlet hast du immer das Risiko mit Verletzungen. Wichtig ist, die Grenzen auszuloten, wie weit man gehen kann. Es ist eine Gratwanderung und der Körper mein Kapital, mit dem ich liebevoll umgehen muss. Ich darf ihn nicht nur schinden“, konkretisiert die „Eisqueen“, die ihre Fehler immer zuerst bei sich selbst sucht. „Dennoch will ich nicht mehr zu viel zerklauben, da es viel zu viel Energie kostet.“

Zurück auf dem Thron

Sie weiß, was sie tut und ist eine Perfektionistin, die den Fokus auf Dinge legt, die sinnvoll sind. Die gewisse Lockerheit hat sie wenige Wochen vor Olympia wiedergefunden. Beim Weltcup in Sigulda meldete sich die Tirolerin mit ihrem insgesamt zehnten Saisonerfolg eindrucksvoll zurück. Die Erleichterung stand ihr ins Gesicht geschrieben. „Es war für den Kopf enorm wichtig, dass ich es wieder aufs Eis bringen kann. Allerdings bin ich noch auf der Suche nach der Konstanz, aber ich habe meinen Rhythmus wiedergefunden“, verdeutlicht die 32-Jährige, die betont, „dass ich mich nicht mehr nach jedem Fehler verkopfe, weil es nichts bringt. Ich versuche, mich auf meine Schwächen zu konzentrieren, damit ich ein gutes Paket zusammenschnüren kann. Druck gibt mir den nötigen Kick.

"Es fühlte sich an wie auf rohen Eiern"

Aktuell hadert Flock, die teilweise noch unter Schmerzen leidet, etwas mit ihrer Start-Technik, „da wir in so einer tiefen Position starten. Nach der Verletzung hat sich meine Technik etwas verirrt. Es hat sich zwar eingependelt, aber da muss ich dran bleiben. Der Start ist generell nicht meine Stärke, doch ich bin extrem hartnäckig, sodass ich mich in diesem Bereich sicher noch verbessere.“ Mit dem Triumph in Lettland steigt die Formkurve für die Olympischen Spiele im Februar in China. Dort gab es bei einem Trainingslager Set-up-Probleme, die sie aber schnell in den Griff bekam. „Der Funke ist übergesprungen, obwohl das Testevent nicht berauschend war, weil es mit der neuen Liegewanne nicht gut geklappt hat. Ich habe immens mit der Linie gekämpft. Wenn du nicht perfekt liegst, fängt alles an zu rutschen. Es fühlt sich an wie auf rohen Eiern. Jedes Schnaufen ist dabei zu viel. Es war eine harte Schule, aber ich habe den Charakter der Bahn verstanden. Das Problem mit der Wanne konnten wir daheim lösen“, sagt die zweifache Gesamtweltcupsiegerin, die auf dem Schlitten mit dem Kopf voraus mit bis zu 145 km/h durch den Eiskanal rast.

Ihr privates Glück kommt unter der Saison etwas zu kurz, kein Wunder, ist ihr Freund Matthias Guggenberger auch ihr Coach und für die lettischen Männer verantwortlich. „Sportlich ist er extrem streng, das ist aber gut so, da kann er gern das letzte Wort haben. Privat gebe ich ihm Konter“, sagt Flock grinsend. „Der Skeletonsport ist einfach unsere große Leidenschaft, die wir leben.“