Sie haben die gesamte Saison über das Podest gepachtet, feierten drei Siege. Was ist Ihr Erfolgsrezept?
JANINE FLOCK: Das fängt an beim Umfeld und dem Team, vom Bahntrainer, den Physiotherapeuten bis hin zum Ärzteteam. Körperlich geht es mir prima und am Start hat es einen Fortschritt bei mir gegeben. Auch fürs Mentale investiere ich einiges an Zeit, da gehört das Visualisieren dazu und zudem ist Ernährung kein unwesentliches Thema. Das sind viele Dinge, die ein gutes Ganzes ergeben. Die Herausforderung ist es aber, das permanent durchzuziehen, denn ich bin auch in Pausen unter Strom. Der Zünder ist quasi immer an, ich lasse die Zügel niemals locker. Maximal erholen, aber nie zu viel.

Apropos locker. Ihnen reicht am Freitag beim Weltcupfinale in Innsbruck-Igls ein 18. Rang für ihren zweiten Gesamtweltcupsieg. Alles nur ein Formalakt?
Das Gute vorweg, mein Coronatest ist negativ. Und jetzt zur eigentlichen Frage. Es klingt zwar so leicht, doch es kann so schnell nach hinten los gehen. Klar bin ich zuversichtlich, dass ich das Rennen gut meistern werde, trotzdem schwirren mir Szenarien im Kopf herum, weil ich auf alles gefasst sein will. Ich habe einige Dinge erlebt, die meinen Erfahrungsschatz erweitert haben, und daraus gelernt. So versuche ich den Überraschungseffekt zu minimieren.

Bevor sich jetzt noch mehr Kopfkino abspielt, lassen Sie uns bitte einmal in die Welt des Skeletonsport eintauchen.
Gerne. Es fängt beim Gerät selber an. Es sieht zwar langweilig aus, ist innen jedoch hochtechnisch, die Carbonschale als Verkleidung muss perfekt passen, da es um Aerodynamik geht. Wir arbeiten wie im Motorsport. Wenn wir in einem Windkanal trainieren, ist die Position von mir am Schlitten und der Verlauf des Windes über und unter mir wichtig. Die Kufen sind individuell, doch das Equipement ist durch ein Reglement begrenzt. Und die Fräsungen geben uns den Grip am Eis. So versucht man Grauzonen auszuloten. Da steckt jede Menge Entwicklung dahinter. Eine Tiroler Firma hilft mir bei der Umsetzung und Entwicklung unserer Ideen. Mein Trainer und Freund Matthias Guggenberger ist der Kopf und ein richtiger Tüftler. 2014 hat Matthias seinen ersten Schlitten gebaut und nach den letzten olympischen Winterspielen bin ich auf seinen Schlitten umgestiegen. Und dass der schnell ist, sieht man (lacht). Andere Nationen haben sogar eigene Ingenieure dafür, wir arbeiten in unserer Heimwerkstatt.

Wie wichtig ist die Routine beim Skeleton?
Wichtig, wobei es in Bezug auf Linien jedes Jahr Veränderungen gibt. Ich kenne inzwischen die Eckpunkte einer Bahn, wo die Lenkpunkte sitzen müssen, doch den Rest versuche ich mir in den Trainings anzueignen. Die Bahn intuitiv zu spüren. Eine kleine Bewegung mit dem Kopf und der Schlitten rutscht.

Sie rasen auf dem Schlitten mit dem Kopf voraus mit bis zu 145 km/h durch den Eiskanal. Braucht es dafür nicht viel Überwindung?
Nein, auch nicht 2004 beim ersten Mal. Vielleicht, weil ich bereits als kleines Kind beim Rodeln oder Rutschen immer schon am Bauch gelegen bin.

Was ist die Faszination daran?
Mir taugt es, wenn ich auf dem Schlitten liege und mit diesem Speed nur knapp vom Eis weg entfernt durch die Kurven hinunterdüse. Ich bin mit dem Schlitten eins, alles verschmilzt.

Sie haben schon viel gewonnen. Welche Ziele haben Sie noch?
Nach dem Weltcup ist vor der WM in Altenberg. Drei Medaillen habe ich bereits, Gold würde noch fehlen. Nur werde ich die wenigsten Läufe von allen haben, da einige Athletinnen taktiert und sich in Altenberg vorbereitet haben. Ich fand’s nicht gut, dass manche Athleten Rennen ausgelassen haben, aber es ist wie es ist. Dazu wäre eine Medaille bei den olympischen Spielen ein Traum.

Ihr Trainer ist ja auch Ihr Partner. Läuft da immer alles rund?
Wenn es ums Sportliche geht, ist er extrem streng. Das ist aber gut so, da kann er gern das letzte Wort haben. Privat gebe ich ihm Konter. Während er der strikte, präzise Typ ist, bin ich die offene, lockere. Er kann auch mal 24 Stunden in der Werkstatt sitzen. Das Abschalten muss er noch lernen. Am meisten nervt es ihn, wenn ich in der Früh meinen Staubsauger, ein Geschenk zum 30. Geburtstag, nehme und quasi neben dem Zähne putzen schon herumsauge. Ich bin nämlich ein kleiner Monk (lacht). Und dann kommt noch die Macke, dass ich nicht einschlafen kann, wenn irgendwo ein Licht blinkt.

Und was hat es mit ihrer neuen Leidenschaft, Pferde, auf sich?
Genau, das ist das Arbeiten mit Therapiepferden. Es ist faszinierend was einem ein Pferd alles vermitteln kann und was die eigene Körpersprache ausmacht. Das ist beeindruckend.