Die geplante Schließung des MAN-Werks in Steyr in Oberösterreich könnte die deutsche Konzernmutter VW Milliarden kosten, glaubt der Linzer Zivilrechtsexperte und Rektor der Johannes Kepler Universität (JKU), Meinhard Lukas. Weil es für das Werk nicht nur einen Standortsicherungsvertrag gebe, sondern einen Kündigungsverzicht seitens des Unternehmens, würden im Falle einer Schließung Kündigungsentschädigungen bis zum Jahr 2030 fällig werden.

"Entscheidend ist, dass diese Vereinbarung, die im Dezember 2019 geschlossen wurde, nach meinen Informationen mehr enthält als eine übliche Standortsicherung", sagte Lukas. "Sie enthält, so ist mein Informationsstand, einen Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis zum 31.12.2030 für alle Beschäftigten." In diesem Fall handle es sich um einen Kündigungsverzicht und nicht bloß um eine Standortgarantie.

In Österreich sehe das Arbeitsverfassungsgericht einen Katalog zulässiger Vereinbarungen in Betriebsvereinbarungen vor, erklärte Lukas. "Irgendwelche Standortsicherungen abstrakter Natur können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein, ein Kündigungsverzicht aber schon", so der Jurist. "Aber selbst, wenn das keine gültige Betriebsvereinbarung ist, kann das Inhalt der einzelnen Verträge der Arbeitnehmer geworden sein." Dazu gebe es eine Judikatur des OGH.

Für den Kündigungsverzicht hätten ja die Arbeitnehmer auch eine Gegenleistung erbringen und ihrerseits auf Rechte verzichten müssen. "Dann spricht viel dafür, dass diese Regelung, selbst wenn die Betriebsvereinbarung nicht gültig wäre, über das Invollzugsetzen zwischen Arbeitgeber und individuellem Arbeitnehmer auf diesem Weg Inhalt des Vertrages geworden ist."

Milliardenbeträge über die Jahre

Die praktische Konsequenz einer Werksschließung und Kündigungen wären Kündigungsentschädigungen für die entgangenen Löhne, "da sprechen wir aufsummiert über die Jahre über Milliardenbeträge", so Lukas. Für die Höhe der Entschädigungen wären auch Einkommen aus neuen Jobs zu berücksichtigen.

Geklärt werden könnte der Rechtsstreit arbeitsgerichtlich, wenn der erste Arbeitnehmer betriebsbedingt gekündigt wird, es wäre aber auch jetzt schon eine Feststellungsklage möglich, so der Zivilrechtsexperte.