Die Mitarbeiter der Möbelketten Kika und Leiner können aufatmen: Der Immobilienentwickler Rene Benko hat mit seiner Firmengruppe Signa die beiden österreichischen Unternehmen von ihrer südafrikanischen Mutter, der Steinhoff-Gruppe, gekauft. Vorbehaltlich der Zustimmung der Wettbewerbsbehörden in Österreich, Tschechien und der Slowakei, kann das operative Geschäft damit weitergehen.

Von Signa gebe es ein fixes und starkes Bekenntnis, den Betrieb weiterzuführen. "Signa war der einzige ernst zu nehmende Interessent, der die Unternehmen weiterführen wollte", sagte Markus Fellner, Anwalt der Steinhoff-Gruppe in Europa, zur APA. Allerdings sei eine Restrukturierung nötig: "Der eine oder andere Standort muss sicher geschlossen werden."

In der Börsenmitteilung von Steinhoff wird Firmenchef Danie van der Merwe damit zitiert, dass beide Firmen Verluste machen und "signifikante" Investitionen brauchen, um den Turnaround zu schaffen. Wobei Fellner einschränkt, dass die Verluste in Österreich anfielen, in Osteuropa mache die österreichische Gruppe keine Verluste.

Signa nimmt wohl über 600 Millionen in die Hand

Über nötige Beiträge Signas zur Sanierung gibt es keine offiziellen Aussagen, aber in Verhandlerkreisen wurde der APA bestätigt, dass es sich um einen Sanierungsbeitrag von mehr als 100 Millionen Euro handle und daraus ein zweistelliger Millionenbetrag schon in den nächsten Tagen fließen werde. Steinhoff hält in seiner Mitteilung fest, dass es ab sofort davon entbunden ist, den operativen Betrieb von Kika und Leiner zu stützen. Der Mangel an Liquidität hätte "signifikante" weitere Geldeinschüsse erfordert, so Steinhoff.

Klar ist dafür, dass Signa das operative Geschäft der beiden Unternehmen zu einem symbolischen Betrag übernimmt. Anders ist das mit den Immobilien, in denen Kika und Leiner eingemietet sind. Eigentümerin der Objekte ist die Steinhoff-Tochter Hemisphere. Es geht um 46 Immobilien in Österreich und 22 in Osteuropa. Die Objekte werden laut Aussendung von Steinhoff nach aktuellem Stand (Bilanz vom 30. Juni 2018) mit 490 Mio. Euro bewertet. Allerdings finden noch weiter Bilanzprüfungen statt. Je nachdem wie diese ausfallen, könnte Signa das ganze Immobilienpaket oder auch nur Teile davon kaufen, oder entscheiden, für Kika und Leiner lediglich Mietverträge in den Objekten fortzuführen, erläuterte Fellner. Frist für die Grundsatzentscheidung über den Kauf der Immobilien ist der 15. August, heißt es in der Aussendung von Steinhoff.

Rechnet man einen Kaufpreis von 490 Millionen Euro für die Immobilien und einen Sanierungsbeitrag von über 100 Millionen Euro zusammen, so lässt sich Signa den Deal wohl über 600 Millionen Euro kosten.

Weitere Fristen im Vertrag

Der Vertrag sieht einige Fristen vor. So müssen die Zustimmungen der Wettbewerbsbehörden der drei Länder bis zum 30. September 2018 vorliegen, sonst würde der Kauf der operativen Geschäfte platzen. Allerdings wird derzeit nicht mit Widerstand der Behörden gerechnet, da Signa bisher nicht im Möbelhandel dieser Länder tätig ist.

Das Closing des Immobiliendeals soll keinesfalls vor dem 30. September erfolgen. Sollte es aber bis inklusive 2. Jänner 2019 zu keinem Abschluss kommen, können beide Seiten vom Verkauf der Immobilien zurücktreten.

Die Kika/Leiner-Mutter Steinhoff war im Dezember 2017 ins Schleudern geraten, nachdem Vorwürfe der Bilanzfälschung erhoben worden waren. Das hat unter anderem dazu geführt, dass die Leiner-Zentrale in Wien bereits knapp vor dem Jahreswechsel an Benko verkauft wurde. Anfang Juni hat ein Kreditversicherer die Absicherung von Einkäufen bei den Möbelhäusern verweigert, seither war die Lage prekär.

Happy End nach Hängepartie

Der Prozess hat einmal mehr gezeigt hat: eine Frist ist dehnbar. Offiziell war für dieses Geschäft der Dienstagabend als letzte Chance auf eine Einigung ausgerufen worden - geworden ist es dann der Donnerstagabend. Dass alle Beteiligten ruhig geblieben sind, hatte gute Gründe: Zuletzt ging es stundenlang nur mehr um die notarielle Beglaubigung, wofür der Text allen Anwesenden vorgelesen wurde, hieß es aus Verhandlungskreisen. Nur wegen einem zeitraubenden Formalakt hätte niemand den Deal platzen lassen wollen.

Die involvierte Anwaltskanzlei Wolf Theisss sprach von einem "Herzschlagfinale".

Ein Grund für die Länge der Verhandlungen lag im Ausland: Hedgefonds in London hätten gerne aus der Verwertung der Immobilien mehr Geld herausgeholt. In den Medien werden 450 bis 500 Mio. Euro als Kaufpreis dafür kolportiert. Die Hedgefonds hätten "relativ lange Widerstand geleistet", hieß es am Donnerstag zur APA. Deren Pläne hätten aber das Ende für die operativen Firmen Kika und Leiner und die Jobs der gut 5000 Mitarbeiter bedeutet.

Signa konnte Hedgefonds überzeugen

Signa habe diese aber überzeugen können, dass die Weiterentwicklung der Immobilien ohne die Mieter Kika und Leiner nicht so einfach gewesen wäre. Denn von den 46 Immobilien plus 22 Objekten in Osteuropa seien nicht alle in guten städtischen Lagen. Für einen Hedgefonds in London wäre aber eine Immobilie in Gleisdorf oder Mistelbach schwer zu Geld zu machen. Da stecke viel Arbeit und Know-how dahinter. "Das schaut in einem Excel-Sheet nett aus, aber das muss man erst in der Realität kalkulieren und einschätzen können."

So bleibt nun die Hoffnung der Kika- und Leiner-Mitarbeiter auf den Erhalt ihres Jobs. Signa hat allerdings noch keinen konkreten Plan bekanntgegeben, wie man mit dem neuen Tochterunternehmen weitermachen will. Österreich hat sich aber auf jeden Fall eine Großpleite, die 5000 Jobs bedroht hätte, erspart.

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