Der Chef des deutschen Energieriesen E.ON, Leonhard Birnbaum, hält einen Stopp russischer Gaslieferungen jederzeit für möglich und fordert für den Notfall ein koordiniertes Vorgehen in Europa. Niemand in Deutschland könne seriös die Frage beantworten, wie lange noch russisches Gas einströme, sagte Birnbaum in einem im Voraus veröffentlichten Interview der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Dienstagsausgabe).

"Aber die Situation ist ernst, wir müssen uns entsprechend vorbereiten", so Birnbaum. Er wolle nicht spekulieren. "Wir müssen zu jedem Zeitpunkt mit einem Lieferstopp rechnen. Ob das im Mai sein wird oder im Herbst, ist dabei fast egal."

"Brauchen unbedingt bessere europäische Abstimmung"

Die bestehenden Notfallpläne müssten an die aktuelle Situation angepasst werden, betonte der Manager. "Dazu brauchen wir unbedingt auch eine bessere europäische Abstimmung." Russland hatte im Streit um die geforderte Bezahlung der Gaslieferungen in Rubel Polen und Bulgarien den Gashahn zugedreht. In der Wirtschaft ist die Sorge groß, dass dies auch Deutschland geschehen könnte.

"Hätten plötzlich keinen europäischen Gasmarkt mehr"

Birnbaum fordert im Notfall ein solidarisches Vorgehen in Europa. "Wir sollten tunlichst vermeiden, dass dasselbe passiert wie bei den Coronamasken und jedes Land nur an seine eigenen Interessen denkt", sagte er der Zeitung. Denn dann schone jeder seine eigenen Speicher, schaue zum Nachbarn und sehe, dass der auch nichts abgebe. "Also würden die Türen zugemacht werden, und dann hätten wir plötzlich keinen europäischen Gasmarkt mehr – und die europäische Solidarität wäre dahin."