Beim Finden von "g'schmackigen" Namen macht der EU-Kommission keiner was vor: "RepowerEU" (etwa: die EU mit neuer Energie versorgen) ist der Titel eines Maßnahmenkatalogs, den Vizepräsident Frans Timmermans und Energiekommissarin Kadri Simson am Dienstag in Straßburg vorstellten. "Es ist nicht mehr unser Weg, russische Oligarchen zu finanzieren", legte Timmermans die Marschrichtung fest. Die EU sei zu abhängig von Russland. Die Antwort liege in erneuerbarer Energie und Diversifikation der Energieversorgung, der ambitionierte Plan "Fit for 55" ermögliche bereits eine Reduktion des Gesamtverbrauchs bis 2030 um 30 Prozent.

Schon bis Jahresende sollen russische Gasimporte um rund zwei Drittel reduziert werden. Das sei zwar "verdammt hart", aber möglich. Die Kommission sucht nach neuen Quellen für Gas, insbesondere für Flüssiggas (LNG). So könnte die EU bis zu 50 Milliarden Kubikmeter LNG pro Jahr importieren, aus Ländern wie Katar, USA, Ägypten oder aus Westafrika. Zusätzlich könnten 10 Milliarden Kubikmeter herkömmliches Gas über Pipelines, etwa aus Algerien oder Aserbaidschan, kommen. Die Kommission möchte außerdem die Biogas-Produktion in der EU erhöhen, auf rund 35 Milliarden Kubikmeter pro Jahr bis 2030, und mehr klimafreundlichen Wasserstoff importieren und produzieren. Ein "Pakt für erneuerbare Energien" soll den Rahmen dafür bilden, dass alternative Energiegewinnung (Solaranlagen, Windkraft, Wärmepumpen) "im Eiltempo" umgesetzt wird; das soll auch durch beschleunigte Verfahren gehen, so Simson: "Genehmigungen sind ein Engpass, es kann nicht sein, dass eine Windanlage sieben Jahre braucht."

EU-Gasspeicher sollen zu 90 Prozent gefüllt werden

Vieles könnte über die Wiederaufbaupläne finanziert werden, allerdings haben die Mitgliedsländer freie Wahl, ob sie etwa – wie Ungarn – an Gasverträgen oder dem Bau von Atomkraftwerken festhalten wollen. Mit den Erfahrungen aus der Pandemie will die Kommission Erleichterungen bei staatlichen Beihilfen schaffen, extreme Gewinne der Energielieferanten ("windfall profits") können besteuert werden. Etwas diffus blieb der Vorschlag, dass bis zum kommenden Winter die europäischen Gasspeicher zu 90 Prozent gefüllt sein müssen – die Frage blieb offen, ob das nicht erst recht zu einer Erhöhung der Energiepreise führen würde. Simson erklärte jedenfalls, es werde ein Sozialpaket geben, um die hohen Energiekosten für Teile der EU-Bevölkerung abzufedern. Zurückgewiesen wurden Presseberichte, wonach ein neues, großes Fonds-Paket (500 Milliarden Euro) überlegt werde – darüber wird wohl der EU-Gipfel Ende der Woche diskutieren.

Keine Antwort gab es auch auf die Frage nach Embargos gegenüber Russland. US-Präsident Joe Biden kündigte indes – wie auch Großbritannien – Importverbote für russisches Öl an. Zurückhaltend dazu äußerte sich Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP). Österreich sei viel mehr abhängig von Lieferungen als die USA.