Zumindest das verflixte dritte Jahr, das für viele neu gegründete Unternehmen oft das schwierigste ist, hat „Shöpping“ bereits hinter sich gebracht. 2017 wurde der österreichische Internet-Marktplatz von der Post als Start-up gegründet. Ein viel belächelter Schritt, der augenscheinlich so gar nicht zur Post passen sollte. Nicht wenige Händler geißelten Shöpping sogar als unliebsame Konkurrenz. Dieses Blatt hat sich inzwischen völlig gewendet. Dass Online-Präsenz und digitale Kompetenz zu einer Frage des Überlebens geworden ist, steht seit Ausbruch der Pandemie außer Frage.

Für Post-Chef Georg Pölzl steht deshalb völlig außer Frage, weiter an Shöpping festzuhalten, obwohl es nach wie vor keine Gewinne abwirft – und das trotz des deutlichen Corona-Schubs. „Die Pandemie hat bei den Händlern zum Umdenken geführt,“ argumentiert Pölzl. „Sie erkennen, dass sie sich nicht gegen den Online-Trend stellen können. Es ist immer besser, mit dem Wind als gegen den Wind zu segeln.“

Pölzl und Shöpping-Geschäftsführer Robert Hadzetovic haben ehrgeizige Ziele: „Wir hätten gern noch 1000 Händler mehr auf der Plattform und werden das bis zum Jahresende hoffentlich schaffen,“ sagt Pölzl. Gelingen soll das vor allem durch ein technisch einfacheres Andocken von Händlern an die Plattform. Aktuell werde dafür insbesondere das Bezahlsystem verbessert.

Shöpping-Chef Robert Hadzetovic
Shöpping-Chef Robert Hadzetovic © (c) Georg Aufreiter

Rund 1900 Händler sind auf Shöpping vertreten, darunter so bekannte Handels-Flagschiffe wie Kastner & Öhler aus Graz oder der Elektronik-Spezialist Electronic4you aus Klagenfurt. Die Plattform myProduct hat 600 davon durch eine Kooperation beigesteuert. „Das hat uns sehr viele kleine Händler gebracht,“ erzählt Hadzetovic. Bis zu drei Millionen Produkte seien je nach Saison online.

Schwerpunkt der künftigen „Händlerarbeit“ wird Pölzl zufolge aber sein, das Angebot noch deutlich zu verbreitern. Über große Unternehmen wie Kastner & Öhler soll auch viel mehr Bekleidung als bisher über die Plattform angeboten werden. „Viele in der Größe wie Kastner & Öhler werden wir in Österreich leider nicht finden,“ erklärt Hadzetovic.
Nur österreichischen Händlern eine Plattform zu bieten, mit dieser Grundausrichtung könnte das Unternehmen inzwischen an gewisse Grenzen stoßen. Die Konzentration auf Österreich, die nachhaltigere Lieferkette wird zwar immer als Argument herausgestrichen, warum Konsumenten bei Shöpping kaufen sollen, in Stein gemeißelt dürfte dieses Credo aber nicht mehr sein. Pölzl zufolge fasst man in internen Diskussionen bereits vor allem den deutschen Markt offenbar für Kooperationen ins Auge.

Post-Chef Georg Pölzl
Post-Chef Georg Pölzl © (c) Georg Aufreiter

Dass der komplette Fehlschlag des von Regierung und Wirtschaftskammer lancierten „Kaufhaus Österreich“ negativ auf Shöpping abgefärbt haben könnte, glauben Pölzl und Hadzetovic nicht. „Das hatte auf uns keinen Einfluss. Aber das Kaufhaus Österreich hat klar gezeigt, dass dieses Geschäft nicht einfach ist,“ sagt Pölzl. Auf die Frage, wie digital fit Österreichs Händler sind, sagen Hadzetovic und Pölzl unisono: „Da gibt es noch sehr, sehr viel zu tun.“ In der Krise habe sich das klar als ein Flaschenhals erwiesen. Hadzetovic: „Manche haben uns im Lockdown angerufen und gebeten: Bitte drehen Sie uns ab, wir haben zu viele Bestellungen. Viele waren mit dem Verpacken, Etikettieren, Retouren und Reklamationen abwickeln überfordert. E-Commerce wird gerne als trivial dargestellt, aber das Gegenteil ist der Fall.“ Das Umsatzziel, das der Shöpping-Chef mittelfristig steckt, liegt bei mindestens 150 Millionen Euro, besser bei 200 Millionen Euro. „Auf dem Weg sind wir heuer gut zur Hälfte.“

„Amazon hat 20 Jahre Verlust gemacht.“ Diesen Satz lässt Post-Chef Pölzl gerne fallen, wenn es um die Elfer-Frage geht, wann Shöpping ins Verdienen kommt. „Nach unseren Plänen sind wir nicht mehr weit vom Break- even entfernt.“ Zahlen dazu lässt sich Pölzl schon lange nicht mehr entlocken. Überdies sei „das wichtigste Ziel, Wert zu schaffen durch Wachstum, mehr Kunden, mehr Händler“. Tatsächlich geht es um mehr: Nämlich die möglichst breite wirtschaftliche Absicherung des Post-eigenen Paketgeschäfts, das im traditionellen Business des teilstaatlichen Unternehmens die immer bedeutendere Rolle spielt, weil das Briefgeschäft langsam ausstirbt. Die Post profitiert hier massiv vom boomenden Online-Geschäft, das allerdings besonders stark von Amazon angetrieben und dominiert wird. Derzeit ist Amazon der bei weitem größte Postkunde, aber er baut gerade überall in Blitzgeschwindigkeit eigene Logistikzentren auf, wird also zum echten Konkurrenten. Erst vor wenigen Tagen wurde ein eigenes Verteilzentrum für Klagenfurt angekündigt. Shöpping-Händler bekommen von der Post günstige Liefer-Konditionen, die kleine Händler sonst nicht haben. Pölzl erinnert auch an einen der Beweggründe, die 2017 überhaupt zur Gründung von Shöpping geführt hatten: „Wir haben ja ständig gesehen, dass viele Dinge schlicht nicht nach Österreich geliefert wurden. Oder wenn, dann kostete die Lieferung 30 Euro.“

Der Blick in die Zukunft zeigt noch ganz andere Möglichkeiten. Pölzl: „Wir werden versuchen, Shöpping perspektivisch mit unseren Bankdienstleistungen in Verbindung zu bringen. Jetzt aber noch nicht,“ bremst er. Denn in der Bank 99 steht demnächst erst einmal die Zusammenführung mit der bisherigen ING Österreich an.