
Aufgeheizte Stimmung unter den rund 1.700 Teilnehmern und Buh-Rufe für den MAN-Vorstand aus München - emotional hat sich die Betriebsversammlung bei MAN in Steyr Freitagnachmittag gestaltet, bei der Investor Siegfried Wolf, der das von der Zentrale zur Schließung vorgesehene Werk übernehmen will, sein Konzept für den Standort präsentiert hat. Fazit: "Das Konzept ist schlüssig, aber der Preis ist zu hoch", sagte Arbeiter-Betriebsratschef Erich Schwarz im APA-Gespräch.
MAN-Vorstandsvorsitzender Andreas Tostmann machte im Anschluss an die Betriebsversammlung klar: "Wir haben uns andere Optionen angeschaut, das einzige mit industrieller Logik" sei jenes von Wolf. Er bezeichnete es zudem als sozial verträglich mit einem soliden Investor. Er könne die Ängste der Belegschaft verstehen, deren "mulmiges Gefühl im Magen", aber die Zukunftslösung für Steyr sei einzig Wolf. Ansonsten gebe es nur einen Weg: Das Werk in Steyr Ende 2023 zu schließen. Er rechnet damit, dass die Belegschaft in der Urabstimmung mit Wolf mitgehen werde.
Der Ex-Magna-Chef sprang gleich mal für MAN in die Bresche: Das "Eindreschen auf MAN" könne er nicht ganz nachvollziehen, wenn man nun einmal "mit seinem Einkommen nicht mehr das Auskommen findet". Wolf möchte ein eigenständiges Unternehmen in Steyr mit Logistik und Vertrieb aufbauen.
Bis Ende 2022 wird noch für MAN produziert, dann will er die Eigenmarke Steyr "wieder zum Leben erwecken" - mit sieben "brandneuen Produkten" für den Exportmarkt, erläuterte er sein Vorhaben. Dazu zählen leichte Kastenwagen mit Dieselmotoren und Elektroantrieb sowie Pritschenwagen, Kastenwagen und mittlere Lkw zwischen sechs und zwölf Tonnen, von denen 10.000 Fahrerkabinen pro Jahr für das Automotive-Unternehmen GAZ nach Russland gehen. Weiters solle noch ein City-Bus mit Elektro-Antrieb und ein Bus für 77 Passagiere für Regionalverkehr gebaut werden. Potenzial sieht er auch in der Aluminium-Fertigung: Gesamtfelgen aus Steyr könnten in den süddeutschen Raum nach Ingolstadt, München oder Stuttgart gehen, so sein Szenario.
"Ein Nischenplayer mit maßgeschneiderten Lösungen"
Steyr werde "zu 100 Prozent im Eigentum von Wolf" stehen, versicherte der Investor, und solle "ein Nischenplayer mit maßgeschneiderten Lösungen" werden. "Wir wollen keine Großbäckerei sondern ein Feinkosthändler sein", erklärte er in blumigen Worten. 10.000 bis 12.000 Stück pro Modell wolle man im Jahr produzieren. Was die Lackiererei angehe, seien Steyr auch "MAN-Lieferungen bei marktkonformen Preisen über 2023" hinaus zugesichert worden. "Als junge Marke" werde man am Anfang sicher Preisabschläge machen müssen.
Ab kommender Woche werde ein Infobüro in Steyr eingerichtet, in dem auch er "wenn notwendig den einen oder anderen Tag verbringen wird, um Fragen, die jetzt noch auftauchen werden", beantworten zu können.
"Gespräche angeboten"
Seitens der Belegschaftsvertretung werde es "noch keine Zustimmung geben", sagte Arbeiter-Betriebsrat Erich Schwarz nach der Betriebsversammlung. Auf die Frage, ob das bedeute, dass es weitere Verhandlungen gebe, meinte er, das liege an Wolf. PRO-GE-Vorsitzender Rainer Wimmer habe dem früheren Magna-Chef jedenfalls "Gespräche angeboten".
Auch wenn von der Belegschaftsvertretung keine Empfehlung erfolgen wird, für das Wolf-Projekt zu stimmen - eine gegenteilige wird es auch nicht geben. Schwarz: "Die Mitarbeiter sind mündig genug." Wer gehen müsse - Wolf will von der aktuell 1845 Personen zählenden Stammbelegschaft nur rund 1250 Leute übernehmen - wisse man nicht, auch nicht nach welchen Kriterien das entschieden werde. Der Betriebsrat hatte bisher vor allem wegen Wolfs Geschäftsverflechtungen mit Russland bezüglich Wirtschaftssanktionen Bedenken. Außerdem steht eine maximal 15 prozentige Kürzung des Nettoeinkommens bei einer Übernahme im Raum.
Die Belegschaft bekomme vom Betriebsrat nächste Woche noch einen Folder mit den wichtigsten Informationen, erklärte Schwarz das weitere Prozedere. Die Urabstimmung findet dann am 7. April statt, das Ergebnis werde am 8. April veröffentlicht. Wenn es negativ ausgeht und "wenn Wolf das Handtuch wirft", dann erwarte man jedenfalls von MAN, dass mit anderen möglichen Investoren gesprochen wird, so Schwarz - wie wahrscheinlich es sei, dass Wolf bei einem negativen Mitarbeiter-Votum einen Rückzieher macht, ist jedoch offen. Die "Green Mobility"-Projekt des Konsortiums rund um den Unternehmer Karl Egger (KeKelit) sei "auf breiterer Basis aufgestellt als jenes von Wolf, hat man die Hoffnung bei der Belegschaftsvertretung noch nicht ganz aufgegeben.
Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) hatte Freitagvormittag betont, dass die Landespolitik "zu 100 Prozent auf der Seite der Belegschaftsvertretung" stehe. Dass der Lkw-Hersteller mit Zentrale in München den Standort Steyr aufgibt, sei jedoch klar, meinte er weiters am Rande einer Pressekonferenz. "Die Sache ist entschieden. MAN wird aus heutiger Sicht, nach allem was uns gesagt wird, dort nicht länger als bis zum Jahr 2023 bleiben." Das Land wolle für keinen speziellen Investor Partei ergreifen, es gehe um ein nachhaltiges Konzept und den Erhalt des Industriestandorts Steyr an sich, so Stelzer.
DAS MAN-WERK IN STEYR
Im MAN-Werk in Steyr werden seit über 100 Jahren Lkw gefertigt. Als vor ziemlich genau einem Jahr ruchbar wurde, dass damit nun Schluss sein könnte, war Feuer am Dach.
Denn an die 2300 Leute inklusive Leasingpersonal haben hier Arbeit. Gewerkschaft und Politik versuchten - wenn auch mit Jobabbau - zumindest den Standort zu erhalten und argumentierten, dass er profitabel sei. Parallel lief die Investorensuche. Denn Steyr ohne Lkw-Bau ist in Oberösterreich schwer vorstellbar.
Das Werk in Steyr wurde 1914 fertiggestellt. 1919 begann die Produktion der ersten Lkw. 1989 übersiedelte man unter das Dach von MAN. MAN wiederum ist Teil der VW-Nutzfahrzeug-Sparte Traton. 1999 übernahmen die Oberösterreicher die gesamte Lkw-Fertigung der leichten und mittleren Baureihe von MAN. Das sind Fahrzeuge mit zwei oder drei Achsen, auch mit Allradantrieb ausgestattet, mit 150 bis 340 PS und einem Gesamtgewicht von 7,5 bis 26 Tonnen.
Darüber hinaus werden dort auch Sonderfahrzeuge sowie Komponenten für den Produktionsverbund des Konzerns gebaut, beispielsweise Fahrerhäuser. Außerdem befindet sich in Steyr die größte Lackieranlage Europas für Lkw-Kunststoffanbauteile. Auch Forschung und Entwicklung werden an diesem Standort betrieben. Zuletzt gab es auch eine Kleinserie von E-Trucks.
Vor einem Jahr wurden die Schließungspläne der VW-Tochter MAN für den Standort Steyr erstmals medial verbreitet. Die Maßnahme ist Teil eines konzernweiten Umstrukturierungs- und Sparprogramms, dem tausende Jobs zum Opfer fallen sollen.
War die Belegschaftsvertretung in Steyr anfangs noch optimistisch, dass es "nur" zu einem Personalabbau kommen werde, war bald klar, dass die Mutter das Werk "zu Disposition" stellen will. Im September machte MAN ernst und kündigte die Beschäftigungs- und Standortsicherungsverträge für Werke in Deutschland und Österreich aus wirtschaftlichen Gründen.
Der Standortsicherungsvertrag hätte den Bestand des Unternehmens in Steyr eigentlich bis 2030 sichern sollen.
Zuletzt hatte der tschechische Automobilhersteller Tatra mit Sitz in Koprivnice Interesse an dem Standort gezeigt, davor hatte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) von Bemühungen berichtet, ein "Österreich-Konsortium" aufzustellen, das das Werk in Oberösterreich übernehmen könnte. Hier blieb allerdings offen, ob weiter Lkw produziert würden oder vielleicht etwas völlig anderes.
Die "Green Mobility Center"-Pläne des Konsortiums rund um den Linzer Unternehmer Karl Egger (KeKelit) dürften den Vorstand nicht überzeugt haben, Interesse des Beraters Christoph Strobl mit der Innovationsinitiative Grantiro und dem Sanierungsfonds Transformation Equity Partners scheint dort gar nicht wirklich wahrgenommen worden sein.
Recht früh fuhr der Zug - bzw. der Lastwagen - in Richtung Siegfried Wolf und seiner WSA Beteiligungs GmbH.
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27.03.2021 um 18:40 Uhr
Da werden sich viele der Arbeiter,
..an die Versprechen des Hr. Wolf vor Jahren bei dem Umbau, und der Erneuerung des Gesundheit Zentrums in Bad Gleichenberg erinnern. Sterne Hotel, gehobene Gastronomie, u.u.u. Flucht an den Wörtersee, mit einem seiner Freunde,(Investor?) einem Baumeister aus Bad Gleichenberg. So sieht die Handschlagqualität eines 'Spitzem Manager aus. Übernahme durch Hr. Wolf, = gleich Verkauf an die Russen. So verspielt Österreich einen Industriestandort nach den anderen.. So schaut's aus.
27.03.2021 um 16:40 Uhr
Herr Wolf ist der Richtige!
Er versteht das Geschäft und das seit Jahrzehnten! Nehmt doch das Angebot an ... es ist alternativlos, wenn die Belegschaft gut geführt in die Zukunft blicken will! Die Produkte sind top, die Qualität stimmt und Veränderungen sind in Zeiten des Kostendrucks und des automobilen Wandels notwendig! Seid vernünftig! VW hat sich entschieden und wird das Werk sonst schließen!
27.03.2021 um 14:33 Uhr
Aufgeheizt ? Warum
man kann das nur akzeptieren oder zum AMS gehen , zur Gewerkschaft wirds nix helfen , glaube nicht das die die Firma übernehmen, das haben sie beim Konsum auch nicht gemacht .
27.03.2021 um 08:46 Uhr
Rucksichtslos
Wie der wolf tickt weiss man ja von magma in der steiermark! Warumgreift die politik nicht ein? Es gibt janoch einen interessenten. Wolf ist rücksichtslos. Kein betriebsrat in der Firma erlaubt bei magna!
26.03.2021 um 20:03 Uhr
Ich bin der Beste und werde um minus 15 Prozent verschenkt, wenn ich zustimme
Der Wolf frisst seine Mitarbeiter! Und alle unterwerfen sich dem Wolf. So ist das Leben.
26.03.2021 um 21:10 Uhr
Nehmt das Heft selbst in die Hand
Ein wenig mehr Selbstvertrauen bitte! Scheißt euch nicht in die Hose. Übernehmt die geschenkte Firma und macht was draus! Ihr wisst wie es gehen könnte. Lebt euren Traum !!! Auf in die Zukunft, oder ihr könnt euch nie mehr im Spiegel ansehen.
27.03.2021 um 11:55 Uhr
Super Beitrag!
Genau so sehe ich das auch. Es liegt die einmalige Chance am Tisch. Herr Wolf hat ein sensationelles Konzept auf den Tisch gelegt. Die Marke Steyr ist nach wie vor weltweit bekannt. Der komische Betriebsrat der Arbeiter soll es endlich sein lassen. Jeder weiß, dass die aktuelle Belegschaft viel zu weit über dem Kollektiv liegt. Die Zeiten sind vorbei und bezahlt wird ja trotzdem noch mehr als draußen. WSA ist ein Segen für die ganze Region!!!
27.03.2021 um 17:57 Uhr
DuFürDich
Du hast den Text nicht verstanden.