Die vergangenen Tage hielten zahlreiche Hiobsbotschaften für den Wirtschaftsstandort bereit. Vom angekündigten Rückzug von Unimarkt über die Standortüberlegungen der Voestalpine in Mürzzuschlag bis hin zum massiven Stellenabbau bei der Lenzing AG. Die Konjunkturflaute belastet auch weiterhin den heimischen Arbeitsmarkt, Österreich ist mit der längsten Rezession der Zweiten Republik konfrontiert. Laut den aktuellen AMS-Zahlen waren Ende September rund 375.120 Personen beim Arbeitsmarktservice (AMS) arbeitslos oder in Schulung gemeldet, davon waren 299.180 arbeitslos und rund 75.940 in Schulungsmaßnahmen des AMS. Damit sind die monatlichen Arbeitslosenzahlen bundesweit seit April 2023 zum 30. Mal in Folge gestiegen. Und auch die Inflationsrate in Österreich bleibt mit 4,0 Prozent zu hoch – im Eurozonen-Schnitt liegt sie bei 2,2 Prozent.
„Die Industrie ist das größte Thema“
Der Präsident des Fiskalrats, Christoph Badelt, betont am Mittwochabend in der ZiB2, dass auch ihm die Industrie in Österreich am meisten Sorge bereite. „Die Industrie ist das größte Thema, weil es dort nicht nur um eine Konjunkturkrise geht“, so der Ökonom. Er verweist auf die Gemengelage aus den Schwierigkeiten der Autoindustrie, die auf Österreichs Zulieferer durchschlagen, auf Trumps Zölle und auch auf China. Man sehe also einen Rückgang relevanter globaler Absatzmöglichkeiten. Zudem sei Österreichs Industrie im internationalen Vergleich energieintensiv und leider daher – neben den höheren Lohnkosten – im Wettbewerb auch unter den steigenden Energiepreisen.
Ist ein Ende der Rezession in Sicht?
In Summe würden die gegenwärtigen Krisen, die Österreich beschäftigen, „wesentlich milder ausschauen, wenn wir schon wieder ein Wirtschaftswachstum hätten“, sagt Badelt, der aber auch betont, dass viele Krisen auch struktureller Natur seien. Ist ein Ende der Rezession in Sicht? Man müsse die nächste Prognose von Wifo und IHS abwarten, so Badelt, die Institute präsentieren in der kommenden Woche ihre neuen Daten. Die Nationalbank zeigte sich zuletzt optimistisch, dass sich zumindest 2026 wieder ein Plus von 0,9 Prozent ausgeht und heuer immerhin knappe plus 0,2 Prozent.
„Verantwortungsvoller Metaller-Abschluss“
Den Metaller-Lohnabschluss unter der rollierenden Inflation bezeichnet Badelt als „verantwortungsvoll“. Österreichs Industrie gehe es schlecht und innerhalb der Industrie gehe es der Metallindustrie besonders schlecht. Politisch werde das als Signal gewertet, wohl auch in Hinblick auf die Gehaltsabschlüsse im Öffentlichen Dienst. Der eigentlich bereits paktierte und gesetzlich festgelegte Abschluss wird ja derzeit aufgrund der Budgetnöte noch einmal verhandelt. Was wäre realistisch? „Das lässt sich nicht ohne den politischen Kontext beantworten“, sagt Badelt im ZiB2-Interview. Aus seiner Sicht wäre es nicht unrealistisch und eine gesichtswahrende Lösung, wenn man den Abschluss verschieben würde und dieser beispielsweise erst ab Mitte nächsten Jahres Gültigkeit erlangt. Klar sei aber, wird keine Einigung gefunden und der Abschluss – rund 3,3 Prozent Gehaltserhöhung – bestehen bleibt, „dann wird dem Finanzminister nicht viel übrigbleiben als in den Folgejahren nahezu Nulllohnrunden zu erzwingen“.
„Das können wir uns schlicht nicht leisten“
Die zu hohe Inflation von 4,0 Prozent lasse sich nicht auf Knopfdruck lösen, für Maßnahmen wie Umsatzsteuerhalbierung, die er auch skeptisch sehen würde, fehle das Geld, „das können wir uns schlicht nicht leisten“, so Badelt und es wäre aus seiner Sicht auch nicht nachhaltig. Längerfristig sieht er zwei Ansätze: Auf EU-Ebene müsse das Thema der Österreich-Aufschläge bei Lebensmitteln gelöst werden. Und zudem könnte mit einer Änderung der Rechtslage der Druck auf die mehrheitlich in öffentlicher Hand befindlichen Stromanbieter erhöht werden.
Ob sich die Haushaltsprognosen und der Budgetpfad der Bundesregierung einhalten lassen, sei schwer zu prognostizieren, weil exakte Daten aus den Ländern fehlen. Badelt sagt aber: „Ich fürchte, dass das vonseiten der Länder und Gemeinden nicht eingehalten werden kann.“