Groß war die Freude bei Victoria und Mario Gsodam, als sich zu ihrer damals zweijährigen Tochter vor etwas mehr als einem Jahr Söhnchen Oliver gesellte. Doch als er vier Monate alt war, änderte sich schlagartig das Leben der jungen Familie. „Oliver bekam plötzlich keine Luft, wurde ganz blau am Körper. Das war furchtbar“, erinnert sich Victoria Gsodam. Oliver wurde sofort nach Leoben ins LKH Hochsteiermark gebracht. „In der Kinderabteilung kümmerte man sich so gut um ihn“, erzählt die junge Mutter, die mit 18 Jahren von New York, wo sie aufgewachsen ist, in die Heimat ihrer Mutter zurückkehrte.
Umfassende Untersuchungen folgten. Das Ergebnis war für die junge Familie ein großer Schock, denn es wurde ein Gendefekt diagnostiziert. Oliver leidet an einer sogenannten „Deletion“ – zu Deutsch Löschung. „Bei seinen Chromosomen 12 und 13 fehlt ein Stück. Das Schlimme daran ist, dass man nie weiß, wie sich dieser Defekt auf das Kind auswirkt. Es kann zu geistigen und physischen Einschränkungen kommen oder schwerwiegenden Entwicklungsverzögerungen“, beschreibt Victoria Gsodam mögliche Auswirkungen des Gendefekts. Zehn Familien in Österreich und 600 weltweit seien davon betroffen, weiß die junge Mutter, während der Einjährige in der Küche des Einfamilienhauses in Radmer auf dem Schoß seiner Mama sitzt. Er hat nur Augen für einen blauen Stift mit roter Kappe. Immer wieder greift er danach – mit Erfolg.
Kampf ums Überleben
Im Alter von sechs Monaten wurde Oliver wieder ins Spital eingeliefert, wieder mit Erstickungsanfällen und Krämpfen. „Er kam auf die Intensivstation, und wir hatten Todesangst um unser Kind. Er lag da, so hilflos. Dort hatte er wieder einen besonders schweren Anfall. Die Ärztinnen und Ärzte haben um sein Leben gekämpft. Wir waren verzweifelt“, beschreibt Olivers Mutter die Situation im Spital.
Doch plötzlich stand ihnen ein Team von Frauen und Männern zur Seite, das im Hintergrund für Familien mit schwer erkrankten Kindern und Jugendlichen einfach da ist: das Mobile Kinderpalliativteam Obersteiermark, das am Leobener Standort des LKH Obersteiermark angesiedelt ist. „Sie haben mit uns geredet, haben uns getröstet. Wir wussten zuerst gar nicht, was das Team macht, waren eigentlich erst sehr erschrocken, weil wir, wie viele andere auch, immer gedacht haben, Palliativbetreuung ist eine Sterbebegleitung. Das ist es aber nicht“, betont Gsodam.
Unbezahlbare Hilfe
Und die Unterstützung des Teams ist auch nach einem weiteren halben Jahr für die Familie unbezahlbar, denn mit der Diagnose kamen viele Herausforderungen auf Victoria und Mario Gsodam zu. „Unsere engere Familie hilft, wo es geht, aber es tut auch gut, sich auch außerhalb der Familie auf jemanden verlassen zu können“, sagt die zweifache Mutter.
Um die Auswirkungen seiner Deletion etwas abfedern zu können, habe das Kinderpalliativteam für die Familie unglaublich viel geleistet. „Sie haben uns Wege abgenommen, Bürokratisches erledigt, von dem wir gar nicht wussten, dass wir es in Anspruch nehmen könnten. Wir waren einfach überfordert, und genau diese Überforderung hat das Team gelindert“, erzählt Gsodam.
Mehrfach wiederbelebt
Der Alltag der Familie hat sich grundlegend verändert. Oliver wird auch über Nacht monitorisiert. „Das Kinderpalliativteam hat uns geholfen, das Gerät zu bekommen. Auch eine zweite notwendige Sauerstoffflasche für das Auto haben wir bekommen“, zählt Olivers Mutter auf. „Wir mussten Oliver schon mehrmals wiederbeleben. Ein Arzt des Kinderpalliativteams hat für unsere engere Familie einen Kurs in Notfallmedizin durchgeführt, damit wir richtig reagieren, wenn es notwendig ist“, betont Victoria Gsodam.
Eine große Hilfe sei das Team auch bei der Finanzierung einer bestimmten Nahrungsergänzung gewesen. „Dieses Mittel wirkt sich positiv auf die Entwicklung von Kindern mit diesem Gendefekt aus. Die Krankenkasse hat die Kostenübernahme von 250 Euro im Monat aber abgelehnt. Das Kinderpalliativteam hat für zwei Monate die Kosten übernommen und urgierte bei der Krankenkasse, weil in den zwei Monaten ein großer Entwicklungsfortschritt zu bemerken war. Schließlich hat die Kasse zugestimmt. Das war schon eine finanzielle Entlastung“, erzählt Gsodam, die ihren am Boden krabbelnden Sohn beobachtet.
Einfach nur „Danke“
Und eine solche Entlastung ist für die Familie wichtig. „Mehr als 100 Euro im Monat geben wir für Rezeptgebühren für Olivers Medikamente aus“, sagt Gsodam. Pflegegeld bekommt die Familie keines, und das, obwohl Oliver eine 100-prozentige Behinderung attestiert ist. „Begründet wurde das damit, dass wir in Olivers Alter keinen Mehraufwand gegenüber eines gesunden Babys haben, weil auch ein solches quasi rund um die Uhr Betreuung brauche“, erklärt Victoria Gsodam. Es sei ihnen geraten worden, wieder einen Antrag zu stellen, wenn Oliver 18 Monate alt ist.
Um die Situation um ihren kranken Sohn noch besser meistern zu können, würden auch die Kontakte zu anderen vom Mobilen Kinderpalliativteam Obersteiermark betreuten Familien helfen. „Wir können aber auch jederzeit mit Teammitgliedern sprechen, über Alltagssorgen oder eben einfach nur, um zu reden. Das ist für mich und meine Familie eine unglaublich große Hilfe. Dafür kann man nicht oft genug danke sagen“, betont Victoria Gsodam.