Rrrröstfrisch? Von wegen. Mit einem Mythos aus der Kaffeewerbung der 1980er wird bei einem Rundgang durch die neue Kaffeewelt von Paul & Bohne gleich aufgeräumt. Der frisch geröstete Kaffee, der aus der Probat UG22 kommt, riecht eigentlich kaum, das köstliche Aroma entfaltet sich erst nach ein paar Tagen Lagerung. Beeindruckend ist die riesige Maschine, das Herzstück der neuen Rösterei, aber allemal. Röstmeister Lan Rajch und der großen Maschine kann man im Glaskubus an der Ecke Waagner-Biro-Straße und Peter-Tunner-Gasse, wo bis 2022 die Pappas-Gruppe Autos verkaufte, schon von außen über die Schulter schauen. Und damit übrigens auch in derselben Straße, an der die große Traditionsrösterei J. Hornig bis zum Umzug 2022 zu finden war*.

Seit Montag geht es aber auch ganz aus der Nähe: Die neue, 640 Quadratmeter große Kaffeewelt von Paul & Bohne in der Smart City ist nämlich bereits für Besucherinnen und Besucher geöffnet.

Geschäftsführer Christoph Klescher – ja, er stammt aus der gleichnamigen Konditoren-Familie – und die beiden Sorger-Chefs, die Cousins Paul und Albin Sorger-Domenigg, zeigen voller Stolz, was hier entstanden ist: Es gibt ein kleines Café, in dem sich alles um Kaffee dreht – mit klassischem Espresso, Single Origins („Lagenkaffees“) in allen Zubereitungsarten und auch Tee sowie Snacks und Kleinigkeiten. Man nennt es bewusst nicht „Coffee Shop“, Sirupe und Kaffeekreationen a la „Pumpkin Spiced Latte“ gibt es nicht – sondern es geht „um die absolute Produktkompetenz“, wie Albin Sorger-Domenigg betont.

Dahinter liegt das „Coffee Lab“, das „das Tor zur Espresso-Erfahrung öffnen“ soll: Es gibt Workshops im Verkosten und rund um den perfekten Espresso – von der Wahl der richtigen Maschine bis zu Tipps und Tricks bei den Einstellungen. Dabei gibt es freilich auch die Gelegenheit, die Röstmaschine, aber auch das Lager mit den großen Kaffeesäcken, aus der Nähe zu erleben. Alleine die neuen Lagermöglichkeiten in der Smart City sorgen für einen breiten Grinser bei Paul Sorger-Domenigg – bisher die hauseigene Rösterei von Sorger im dritten Stock in der Zentrale in Eggenberg.

Seit 2004 röstet man bei Sorger selbst, 2018 wurde der erste Standort der Sorger-Tochtermarke Paul & Bohne in der Josefigasse im Lendviertel eröffnet, mittlerweile ist man eine eigene GmbH. „Unsere Zwei-Marken-Strategie ist voll aufgegangen“, zeigt sich Albin Sorger-Domenigg zufrieden. Der Kaffee passe aber nicht nur zum Brot, weil beides zum Frühstück gehört – „Wir setzen unsere Philosophie der Langzeitführung beim Brot auch beim Kaffee um und setzen auf langsame, schonende Röstung.“

Christoph Klescher will mit einem anderen Vorurteil aufräumen: „Wir beschäftigen uns intensiv mit Kaffee, aber die Berliner Hipster sind wir auch nicht.“ So stehe man zur manchmal verpönten Robusta-Sorte, „wir orientieren uns geschmacklich viel eher an Italien als am Norden – das macht hier auch mehr Sinn“, ergänzt Paul Sorger-Domenigg. Hauptsache röstfrisch – oder eben nur fast.

* J. Hornig hatte von 1960 bis 2022 den Firmensitz in der Grazer Waagner-Biro-Straße, hat die Firmenzentrale mittlerweile aber nach Kalsdorf verlegt. In der Printversion und der Erstversion des Artikels hatten wir noch Graz geschrieben - wir bitten um Entschuldigung!