Es sind nur wenige Quadratmeter, aber die sorgen seit Jahren für ordentlich Wirbel. Ein Teil des Puchstegs, der zentralen Rad- und Gehwegverbindung über die Mur südlich der Seifenfabrik, steht auf dem Grund von Kovac Immobilien, konkret rund 300 Quadratmeter, wo der Steg auf der Ostseite aufs Ufer trifft. Das hat schon in der Vergangenheit zu Interessenskonflikten mit der Stadt geführt, jetzt sind sie eskaliert.
Die Puchsteg-Posse erlebt gerade ihre Fortsetzung. Wie die Woche als erstes berichtet hat, hat die Stadt Graz ein Enteignungsverfahren gegen die Kovac Immobilien eingeleitet, um die Rad- und Gehverbindung dauerhaft abzusichern. Warum man zu diesem Schritt greift, erklären Stadtbaudirektor Bertram Werle und Straßenamtschef Thomas Fischer. „Es war ein Amtsvorschlag aufgrund der bisherigen Verhandlungserfahrungen, dem ist die Politik gefolgt“, so Werle und meint damit Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) und Vize Judith Schwentner (Grüne).
Vom Murkraftwerk zum neuen Puchsteg
Die Geschichte beginnt mit dem Murkraftwerk. Eine der vielen Auflagen im UVP-Verfahren war die Neuerrichtung des Puchstegs. Als das Projekt bei der Stadt gelandet ist, sei die konkrete Rad- und Gehwegführung bereits fix gewesen, ausgemacht zwischen Energie Steiermark und Kovac Immobilien, so Werle. Warum der Steg nicht ein paar Meter südlich errichtet wurde, ohne Kovac-Grund zu beanspruchen, wisse man nicht.
Im Mai 2019 wurde der alte Steg dann abgerissen, die Stadt verhandelte mit Kovac Immobilien – und diese Verhandlungen zogen sich. Und zwar so lange, dass man sich national zum Gespött machte. Der Steg war im September 2019 praktisch fertig, endete aber am linken Murufer abrupt und war nur mit Leiter erreichbar. Es gab ja noch keinen Vertrag zwischen Stadt und Kovac. Selbst als der gesamte Bau dann fertig war, stand der Steg unbenutzt in der Gegend – es gab noch keinen Vertrag.
Nagl mit Kovac senior: Zähe Verhandlungen wurden Chefsache:
Verhandlungsteilnehmer berichteten damals von sehr lauten Gesprächen, es sollen ständig Themen am Tisch gelegt worden seien, die inhaltlich gar nichts mit dem Steg zu tun hatten. Am Ende wurden die Verhandlungen Chefsache: Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) musste zu Seniorchef Hannes Kovac pilgern und erreichte eine Halblösung: Vertrag und damit Benutzungsbewilligung für den Steg ja, die Stadt musste auch keine Pacht zahlen, aber alles war nur auf fünf Jahre befristet. Damit konnte der Steg im Juli 2020 eröffnet werden – die im UVP-Bescheid vorgegebene Frist wurde damit um ein halbes Jahr überzogen.
Was damals Kritiker befürchtet haben, ist sogar früher als gedacht eingetreten: Kovac Immobilien hat im Juni 2023 den Vertrag gekündigt, wirksam mit Juli 2025. „Ohne mit der Stadt vorher zu reden“, so Stadtbaudirektor Werle. Man habe eine gütliche Einigung gesucht, aber „wir haben uns dann gezwungen gesehen, ein Enteignungsverfahren heuer im Frühjahr einzuleiten. Das öffentliche Interesse an dieser Verkehrsinfrastruktur überwiegt aus unserer Sicht.“
Enteignungsverfahren: Stadt rechnet mit erster Entscheidung bis zum Jahresende
Juristisch zeigt man sich zuversichtlich. „Die Abschnitte sind ja jetzt schon per Verordnung öffentliche Verkehrsfläche, das wurde auch von der Firma Kovac akzeptiert“, sagt Straßenamtschef Fischer. Er spricht bewusst im Plural, denn es betrifft auch die Rad- und Gehverbindung zwischen Anker- und Neuholdaugasse, die am Kindergartenareal vorbeiführt. Bei einer Enteignung würde per Gutachter eine Entschädigungssumme festgelegt, es wäre also ein erzwungener Verkauf. „Es kann auch eine Gebrauchsenteignung sein, das wäre wie bei einem Servitut: Der Grund wäre weiter im Eigentum von Kovac Immobilien, die öffentliche Verkehrsfläche aber dauerhaft abgesichert“, so Fischer.
Er rechnet mit einer Entscheidung bis Jahresende, „zumindest in erster Instanz“. Wenn bis Mitte 2025 nichts entschieden wäre, kann dann Kovac Immobilien den Puchsteg für Radfahrer und Fußgänger sperren? „Nein, da müssten wir mit einem Bescheid nach der Straßenverkehrsordnung dagegen vorgehen“, meint Fischer. Aber aus seiner Sicht sollte es gar nicht so weit kommen. „Wir sind jederzeit zu Gesprächen bereit, die eine dauerhafte Lösung sicherstellen“, betont Werle.
Kovac Immobilien hat auf eine Anfrage der Kleinen Zeitung bis Redaktionsschluss nicht reagiert.