"Es ist alles passiert. Hätte ich es planen wollen, wäre es schiefgegangen“, sagt Snowboarderin Julia Dujmovits und meint damit auch die Erfüllung eines Lebenstraumes: Olympia-Gold 2014 in Sotschi, ein einschneidender Moment. „Ich bin jemand“, sagt die Burgenländerin, „die gewisse Dinge sehr intensiv lebt. Deshalb habe ich den Triumph lange nicht realisieren können. Ich bin ein reflektierter Mensch, der seinen eigenen Weg geht.“ Vier Jahre später, nach enttäuschenden Spielen in Pyeongchang, beendete die zweifache Vizeweltmeisterin ihre Karriere. Ihren Entschluss bereute sie nie, obwohl die 34-Jährige damals nicht die leiseste Ahnung hatte, was die Zukunft bringen würde.

"Ich mache nur Dinge, die mich begeistern"

Sie brachte Reiselust: Von New York über Alaska ging es nach Hawaii und Indien. „Ich bin kreativ, liebe es zu surfen und Yoga zu unterrichten, habe selbst mehr als 1000 Stunden Ausbildung absolviert“, sagt die Ausnahmeathletin, die auf Maui einem der größten spirituellen Lehrer begegnete. „Dieser Moment hat mich grundlegend verändert. Seither gilt: Egal, was ich mache, ich mache nur Dinge, die mich begeistern. Das mag verrückt sein für manche, aber genau so bin ich“, verriet die Abenteurerin, die sich „nebenbei“ auch zwei schweren Operationen am Knie und am Sprunggelenk unterziehen musste. Sie weiß also, was Höhen und Tiefen bedeuten.

Ihr Comeback vor eineinhalb Jahren machte sie von zwei Punkten abhängig: „Ich habe zuerst meine Firma gegründet. Und ich habe darauf geschaut, wieder komplett gesund zu sein. Als ich mit mir selbst im Reinen war, war für mich die Rückkehr auf das Snowboard klar.“ Eine Rückkehr mit Erfolg: Im Handumdrehen carvte die Burgenländerin bei der WM 2021 zu Bronze. „Der Kampf zurück hat sich ausgezahlt“, sagt Dujmovits, die offenbart, dass sie ihre Nervosität mit ihrer eigenen Atemtechnik in den Griff bekommt: „Es ist kein leichter Weg gewesen. Ich habe gelernt, dass es auf Effizienz ankommt.

"Generell kann mich nichts erschüttern"

Vor dem olympischen Parallel-Riesentorlauf (8. Februar) in Peking lässt sie ein Gedanke nicht in Ruhe: „Ich war 2014, 2018 und heuer immer vor den Großereignissen am Stockerl. Ich weiß, dass das für Außenstehende nicht wesentlich ist, aber mir zeigt es, dass ich jahrelang auf Weltklasseniveau fahre. Und genau das ist es, was mich erfüllt“, betont Dujmovits. Ihre Vorbereitung war optimal, jetzt geht es darum, ihre Stärken auszuspielen: „Wenn ich mich in ein System hineindrängen lasse, verliere ich Energie. Das will ich nicht mehr. Aber generell kann mich nichts erschüttern. Ich habe bei Olympia alles erlebt, vom schlimmsten Rennen meines Lebens, nach dem ich stundenlang geweint habe, bis zu Gold. Ich kenne alle Emotionen.“ Unter Druck setzen lässt sie sich nicht, sie folgt ihrem Motto: „Jeden Schritt, den ich setze, mache ich aus dem Herzen. Ich glaube, dass jede Antwort vor einem liegt.“

In Peking wird sie gleich einmal bedeutungsvolle Schritte setzen. Gemeinsam mit Bob-Pilot Benjamin Maier darf Dujmovits beim Einmarsch der Nationen die österreichische Fahne tragen: „Besser kann Olympia nicht beginnen!“ Auch ungeplant übrigens, aber es passiert.