Es sind jene Augenblicke im Leben, die auf einen Schlag alles verändern und in denen man eine gewisse Leere spürt. Zu allem Überfluss treffen sie einen meist ohne Vorwarnung. Solch ein Moment brach über Snowboard-Ass Andreas Prommegger herein, als seine Frau Susanne 2020 an einer aggressiven Form des Brustkrebses erkrankte. „Es war für die ganze Familie eine enorm herausfordernde Challenge. Die Art jener Chemotherapien, die sie sich unterziehen musste, ist eine der härtesten und eines war sofort klar, dass alles rundherum egal wird, auch was das Snowboarden betrifft“, gibt der Doppel-Weltmeister von 2017 tiefe Einblicke in seine Gefühlswelt.

Trotz dieser nervenaufreibenden Dauerbelastung musste er stark sein – es führte schlichtweg kein Weg dran vorbei. „Meine Mentaltrainerin, die zugleich eine gute Freundin ist, meinte: ,Andi, wisch dir deine Tränen ab, hör auf zu heulen. Akzeptier die Situation, denn du musst für deine Kinder und deine Frau jetzt funktionieren‘“, schildert Prommegger, der verriet, dass Susanne oft tagelang nicht aufstehen konnte. „Dann fragen dich die Kinder, was mit der Mama passiert, ob sie eh nicht stirbt. Es war richtig hart und nicht einfach damit umzugehen. Sie haben den körperlichen Verfall mitbekommen, was immens schlimm war. Ich stand dazwischen, musste beide Seiten aufbauen und wusste selbst nicht, wie es ausgeht“, gesteht der Revier-Inspektor.

"Das haben wir als Familie bewältigt"

Auf der Piste lud der ÖSV-Boarder seine Batterien wieder auf. „Ich hatte in der Vorsaison keine Vorbereitung und bin nur kurzfristig zu den Rennen gefahren, denn zwischen allen Operationen und Behandlungen musste alles geregelt sein. Dass ich da Vize-Weltmeister geworden bin, war unglaublich, denn kurz darauf musste ich heim, da Susanne beinahe im Krankenhaus isoliert werden musste, weil die Werte so schlecht wurden“, verdeutlicht der Snowboarder, der unterdessen aufatmen kann, „da sie inzwischen den Krebs besiegt hat. Das haben wir als Familie bewältigt. Diese Phase hat uns noch mehr zusammengeschweißt. Klar folgen noch Operationen und Antikörpertherapien, aber auch diesen langen Weg werden wir gemeinsam meistern. Ihr geht es sehr gut, sie ist viel auf Tourenskiern unterwegs und die kurzen Haare stehen ihr einfach klasse. Sie strahlt wieder.

"Ich habe genug Tore gefressen"

Noch mehr Grund zu strahlen hatte Prommegger erst kürzlich, als er in Russland im Parallel-Slalom zu seinem 20. Einzelsieg im Weltcup carvte. „Im Riesentorlauf am Tag zuvor hat es eine ordentliche Klatsche fürs Team gegeben. Danach zu gewinnen, war genial. Ich glaube, ich führe die Liste mit den meisten Weltcupsiegen an. Das macht mich stolz, vor allem, dass ich es noch mit 41 draufhabe. Die Schnellkraft passt anscheinend“, schmunzelt der Routinier, der keineswegs ein Geheimnis aus seinem vermeintlichen Erfolgsrezept macht. „Ich brauche mehr Regeneration, habe weniger Schneetage, setze aber auf Qualität und bereite mich bewusster vor. Ich habe genug Tore gefressen. Klar gibt es Wehwehchen, aber man lernt auf seinen Körper zu hören. Meine Ausdauerwerte sind aktuell ziemlich gut. Dazu kommen der Wille und der Kopf“, präzisiert Prommegger, der dem Heim-Weltcup in Bad Gastein (11./12. Jänner) entgegenfiebert. „Ich hätte nicht damit gerechnet, dass ich mit dem Gelben Trikot hier starten darf, das ist echt lässig“, sagt der Ausnahmeathlet, der voll fokussiert sein wird, wenn im Februar als Saisonhöhepunkt der Kampf um die olympischen Medaillen in Peking entfacht wird.

Mission Olympia 2022 in Peking

An Erfahrung mangelt es dem „Oldie“ sicher nicht – wären es doch seine bereits fünften Spiele. Der Traum von Edelmetall lebt und mit der geballten Unterstützung seiner Familie steht Prommegger seiner „Fünf Ringe“-Mission nichts im Weg. „Einmal noch Olympia zu erleben, wäre schön, aber ich werde nichts erzwingen. Egal, was dort passiert, ich darf auf eine extrem erfolgreiche Karriere zurückblicken. Es wäre eine Draufgabe, aber es bricht rein gar nichts zusammen, sollte es nicht klappen.“

Und wann folgt das Karriereende? „Ich wollte im Vorjahr meine letzte Saison bestreiten, deshalb will ich mich heuer nicht festlegen. Solange es mir taugt, spricht nichts dagegen, wenn ich weitermache.