Während die Regierung nach der "Aussprache" mit Staatsanwälten am Montag mehr Geld für die Justiz in Aussicht stellt, damit Verfahren künftig schneller abgewickelt werden, ist die Realität derzeit noch eine andere. Erfahren müssen das unter anderem auch die von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) angeblich überlanger Ermittlungen wegen attackierten Staatsanwälte der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft.

Wie die Kleine Zeitung erfahren hat, läuft bei der Staatsanwaltschaft Korneuburg noch immer - seit fast zwei Jahren - ein Ermittlungsverfahren wegen Amtsmissbrauchs gegen die Leiterin der WKStA, Ilse Vrabl-Sanda, sowie gegen drei weitere Staatsanwälte der Korruptionsbehörde. Konkrete Ermittlungsschritte gibt es aber schon lange keine mehr. Nicht einmal dem Wunsch von Beschuldigten, man möge sie doch endlich einmal zu den Vorwürfen einvernehmen, ist man bis dato nachgekommen.

Gegen Ilse Vrabl-Sanda, Leiterin der WKStA, und drei ihrer Kollegen wird noch immer ermittelt.
Gegen Ilse Vrabl-Sanda, Leiterin der WKStA, und drei ihrer Kollegen wird noch immer ermittelt. © APA/HERBERT NEUBAUER

Ermittlungen begannen nach Durchsuchung im BVT

Ausgangspunkt des Verfahrens war die im Nachhinein für rechtwidrig erklärte Hausdurchsuchung im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Anfang 2018 - die, wie der folgende U-Ausschuss gezeigt hatte, auf Drängen von Mitarbeitern des damaligen Innenministers Herbert Kickl (FPÖ) zustande gekommen war. Die WKStA hatte die Hausdurchsuchung mit Zustimmung eines Journalrichters angeordnet.

Dass das Verfahren noch nicht beendet worden ist, stieß schon Ende 2018 auf Mißfallen im Justizministerium. Der Kleinen Zeitung liegt ein Mail des damaligen Generalsekretärs Christian Pilnacek vom 28. Nobember 2018 vor, in dem er gegenüber Johann Fuchs, dem Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien - der Korneuburger Behörde vorgesetzt - auf eine Einstellung dieser Ermittlungen drängt.

Das Ministerium sei bereits im August jenes Jahres nach Durchsicht der Beschlüsse des Oberlandesgerichts zu dem Schluss gekommen, "dass kein Anfangsverdacht gegen die involvierten Angehörigen der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption ableitbar ist, weshalb auch von der Einleitung dienstrechtlicher Maßnahmen abgesehen wurde".

Pilnacek sieht auch in den Akten in Korneuburg damals keine Anhaltspunkte für einen Anfangsverdacht, der Ermittlungen gegen die WKStA rechtfertigt - er schreibt Fuchs: "lch bitte dich in diesem Sinn die Vorgehensweise der StA Korneuburg kritisch zu prüfen".

Christian Pilnacek, damals Generalsekretär im Justizministerium, drängte bereits 2018 auf eine Einstellung der Ermittlungen. Das Verfahren lief dennoch weiter.
Christian Pilnacek, damals Generalsekretär im Justizministerium, drängte bereits 2018 auf eine Einstellung der Ermittlungen. Das Verfahren lief dennoch weiter. © APA/GEORG HOCHMUTH

Verfahren liegt beim Weisungsrat

Seit diesem Mail ist mittlerweile mehr als ein Jahr vergangen, die Regierung hat gewechselt, seit Mitte 2019 ist Pilnacek nicht mehr Generalsekretär - das Verfahren läuft noch immer.

Auf Anfragen, wieso ein so kritisches Verfahren so lange dauert und warum die betroffenen Staatsanwälte noch nicht einmal einvernommen wurden, geben Justizministerium und die involvierten Ermittler keine Details preis.

Aus der Pressestelle des Ministeriums verweist man darauf, dass "für eine Erledigung" der Bericht des BVT-Untersuchungsausschusses abgewartet worden sei. Der wurde allerdings bereits im September 2019 veröffentlicht - seit Anfang Jänner liegt der Akt nun beim Weisungsrat im Ministerium, der genehmigen soll, ob das Verfahren nun von oben beendet werden kann. Ausgang: offen.

Neos: Verfahren "wie ein Damoklesschwert" über der WKStA

Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper kündigt eine parlamentarische Anfrage an.
Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper kündigt eine parlamentarische Anfrage an. © APA/HERBERT NEUBAUER

Kritik kommt von Neos-Abgeordneter Stephanie Krisper: "Wegen dem Vorgehen der Staatsanwälte in der BVT-Causa läuft noch immer ein langes, ineffizientes Verfahren - gleich gegen die gesamte WKStA, während Kurz sich über solche Ermittlungen echauffiert". Dieses Verfahren hänge "wie ein Damoklesschwert" über der Korruptionsstaatsanwaltschaft, so die Abgeordnete.

Dass es trotz Pilnaceks Mail von 2018 so lange weitergelaufen sei, deute für sie darauf hin, dass der ehemalige Generalsekretär "der WKStA, euphemistisch gesagt, wahrlich nicht wohl gesonnen ist". Krisper kündigt nun eine parlamentarische Anfrage in der Angelegenheit an.