Die Staatsanwaltschaft Wien hat nach den gestrigen Aussagen von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) über Informanten aus der Staatsanwaltschaft von sich aus ein Verfahren eingeleitet. Es richtet sich gegen unbekannt, teilte Behördensprecherin Nina Bussek Dienstagmittag auf APA-Anfrage mit. Das Verfahren ist unabhängig von den Sachverhaltsdarstellungen von NEOS und FPÖ in der Angelegenheit.

Kurz hatte am Montag nach einem Spitzengespräch zum Thema Justiz gemeint, zwei hochrangige Journalisten hätten ihm bestätigt, dass interne Informationen aus der Staatsanwaltschaft an Medien gegangen seien. Ob er nun in dem daraus resultierenden Verfahren aussagen muss, konnte Bussek noch nicht sagen. Kurz wollte die Journalisten bisher nicht nennen.

Konflikt geht weiter

"Wir betrachten diese Vorwürfe gegen die Justiz als ausgeräumt", hatten Standesvertreter der Staatsanwälte am Montag nach dem Termin mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Justizministerin Alma Zadić (Grüne) und Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) erklärt. Dennoch dauerte der Konflikt auch danach noch an. Kurz wiederholte am Montag Abend in der ZiB2 seine Kritik an der Justiz.

Der Bundeskanzler hatte der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) laut einem „Falter“-Bericht bei einem nicht zur Veröffentlichung freigegebenen Hintergrundgespräch vorgeworfen, dass diese politisch einseitig agiere, besonders häufig gegen die ÖVP ermittle und vertrauliche Aktenteile an die Medien weitergebe. Dies wiederholte er in der ZiB2. Die Dominanz der ÖVP im Justizministerium, die Moderator Armin Wolf anführte, ist für Kurz hierbei kein Widerspruch. Seit zwölf Jahren gibt es ausschließlich ÖVP- und von der ÖVP nominierte Justizminister, die letzte SPÖ-Justizministerin Maria Berger (ab 2007) war nur zwei Jahre im Amt.

Beweise für undichte Stelle

Am Montag erklärte Kurz nun, er habe von zwei Journalisten gehört, dass aus der Staatsanwaltschaft Informationen über Ermittlungsverfahren nach außen gedrungen seien. Beweise legte er nicht vor, er erklärte jedoch gegenüber Armin Wolf, dass er über entsprechende Beweise verfüge. FPÖ und Neos reichten eine Anzeige gegen unbekannt wegen des Verdachts des Amtmissbrauchs  ein, um Kurz zu einer Aussage unter Wahrheitspflicht zu zwingen. Auf Puls24 sagte der Bundeskanzler, er würde "natürlich" unter Wahrheitspflicht aussagen. Er geht aber davon aus, dass es nicht dazu kommen werde, "weil es zu unspezifisch ist". Außerdem hält es der Bundeskanzler für "nicht sinnvoll", einen Journalisten zu outen, "nur weil er besonders mutig war und sich in den Dienst der Sache gestellt und mir das gesagt hat".

Dass Kurz, obwohl er seit mehreren Jahren der Regierung angehört, die Justiz erst jetzt kritisiert, wo das Justizministerium nicht mehr bei der ÖVP, sondern bei den Grünen liegt, begründete er damit, dass „in der letzten Zeit viel zusammengekommen sei“. Viele Verfahren seien medienwirksam geführt worden. Man könne das Gefühl haben, dass „viele Verfahren nicht nur zu lange dauern, sondern es auch zu einer medialen Vorverurteilung kommt“. Deswegen sei einer der am Montag beschlossenen Punkte der bessere Schutz von Akten.

Armin Wolfs Frage, ob es sich bei seiner jetzigen Kritik an den Staatsanwälten um eine Strategie vor möglichen Anklagen in der Causa Casinos auch im ÖVP-Umfeld handeln könnte, wies er zurück. Er habe in dem Hintergrundgespräch lediglich Fragen von Journalistinnen und Journalisten beantwortet, und die von ihm angesprochenen Punkte ließen sich belegen.

Hinsichtlich angeblicher „roter Netzwerke“ führte er als Beleg erneut ein SPÖ-internes Papier aus 1997 an, laut dem die Sozialdemokraten damals versucht haben, mehr Parteimitglieder zur Richterkarriere zu motivieren. Derlei Netzwerke würden langfristig wirken, so Kurz. Er bekräftigte, dass die Justiz nun mehr Geld bekommen würde, um besser arbeiten zu können. Die Höhe werde erst ausverhandelt. Die Präsidentin der Richtervereinigung, Sabine Matejka, erklärte in der Sendung "Im Zentrum", die Behauptung "roter Netzwerke" in der Staatsanwaltschaft sei vertrauensschädigend.

Verfahren in Schredder-Affäre eingestellt

Indes gab Kurz in der "ZiB 2" auch bekannt, dass das Verfahren gegen jenen Mitarbeiter, der im Mittelpunkt der Schredder-Affäre stand, eingestellt wurde. Das Verfahren sei in allen Punkten eingestellt worden, hieß es aus der ÖVP unter Berufung auf den Anwalt des Parteimitarbeiters, der Dokumente aus dem Kanzleramt von einer professionellen Firma unter falschem Namen vernichten hatte lassen.