16,3 Millionen Arbeitsstunden haben Zivildiener im vergangenen Jahr geleistet. Das geht aus einer Studie des Kompetenzzentrums für Nonprofit Organisationen der Wirtschaftsuniversität Wien für das Bundeskanzleramt hervor. Die meisten geleisteten Stunden entfielen dabei auf den Rettungsdienst (36,7 Prozent), die Altenhilfe (9,3 Prozent) sowie die Behindertenhilfe (7,7 Prozent). Rund 45 Prozent der tauglichen Wehrpflichtigen entschieden sich in den vergangenen Jahren für den Zivildienst, was gut 14.000 jungen Männern pro Jahr entspricht.
Basis für die Studie ist eine vergleichbare Erhebung aus dem Jahr 2019, die mit Daten aus dem Jahr 2023 aktualisiert wurde. Erhebungen wurden im Frühjahr bei allen Zivildiensteinrichtungen sowie jenen durchgeführt, die 2023 ihren Zivildienst abgeschlossen haben. Von rund einem Viertel der Zivildiener sowie einem guten Drittel der Einrichtungen kamen für die Studie verwertbare Rückmeldungen. Abgefragt wurden etwa die Motive, die dazu führen, dass sich junge Männer für den Zivildienst entscheiden. Am häufigsten nannten die Befragten den Nutzen beziehungsweise die Sinnhaftigkeit ihres Dienstes, die Ausbildung während der neun Monate sowie die Nähe zum Wohnort.
Mehr Verständnis für benachteiligte Gruppen
Durch ihre Tätigkeit habe sich ihr Verständnis für benachteiligte Gruppen, etwa Alte oder Menschen mit Behinderungen, eher verbessert oder verbessert, gaben rund zwei Drittel der ehemaligen Zivildiener an. Bei knapp der Hälfte steigerte sich (eher) das Interesse an sozialen Fragen und Problemen.
Viele Zivildiener bleiben ihren Einrichtungen auch nach Ende ihres neunmonatigen Dienstes erhalten, zeigt die Studie. Knapp neun Prozent arbeiteten hauptamtlich weiter, knapp ein Drittel unterstützte die jeweilige Einrichtung weiterhin ehrenamtlich. Sollte der Zivildienst abgeschafft werden, würden längerfristig auch diese Freiwilligen fehlen, heißt es.
Denn auch die Folgen einer ersatzlosen Streichung des Zivildienstes sollten in der Studie ermittelt werden. In diesem Fall würden die Einrichtungen etwa 70 Prozent der Leistungsstunden der Zivildiener aufrechterhalten, gaben diese an. Die zusätzliche Arbeit würde zum Großteil durch neue Hauptamtliche, Mehrstunden des bestehenden Personals sowie Ehrenamtliche übernommen werden.
Keine Mehrheit für Abschaffung von Zivildienst zu erwarten
Eine Abschaffung des Zivildienstes ist momentan allerdings ein äußerst theoretisches Szenario, eine parlamentarische Mehrheit dafür wäre nicht zu erwarten. In ihrem Wahlprogramm für die Nationalratswahl forderte die SPÖ eine bessere Vergütung von Grundwehr- und Zivildienern, auch um zu verhindern, dass Arbeitsplätze durch den günstigeren Einsatz von Zivildienern wegfallen. Die Grünen fordern eine Gleichstellung mit dem Grundwehrdienst und damit einhergehend eine Verkürzung des Zivildienstes auf sechs Monate, wobei die jungen Männer die Möglichkeit haben sollen, ihren Dienst freiwillig bei „guter Vergütung“ zu verlängern.
Die FPÖ geht auf das Thema Zivildienst in ihrem Programm nicht ein, die ÖVP möchte prüfen, ob soziales Engagement, auch im Rahmen des Zivildiensts, bei der Zulassung zum Medizinstudium stärker gewertet werden soll. Einzig die Neos sprechen sich in für eine Abschaffung der Wehrpflicht zugunsten eines Berufsheeres aus, damit verbunden wäre auch der Wegfall des Zivildienstes. Stattdessen wolle man bessere Voraussetzungen für das Freiwillige Soziale Jahr schaffen, heißt es auf Nachfrage der Kleinen Zeitung.