Als Teil der Waffenruhe-Vereinbarung sind im Gazastreifen die ersten drei Geiseln nach israelischen Militärangaben von der Hamas an das Rote Kreuz übergeben worden. Es handelt sich bei ihnen um die Zivilistinnen Romi Gonen (24), Emily Damari (28) und Doron Steinbrecher (31). Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie die drei Frauen in einem Fahrzeug in Gaza von einer großen Menge umringt wurden.

Bewaffnete Hamas-Mitglieder begleiteten die Frauen und drängten die Menschen zurück. Die Geiseln stiegen aus dem Fahrzeug aus. Laut Rotem Kreuz sind die drei Zivilistinnen in guter Verfassung.

This screen grab taken from AFPTV shows one of the Israeli hostages exiting a vehicle to be handed over to the International Committee of the Red Cross (ICRC) during the hostage-prisoner exchange operation in Saraya Square in western Gaza City on January 19, 2025. The Israeli military said the Red Cross had confirmed the handover of three hostages on January 19, the first to be released as part of a ceasefire deal with Hamas. The Hostage and Missing Families Forum campaign group had identified the three women set to be released as Emily Damari, Romi Gonen and Doron Steinbrecher, seized during Hamas's October 7, 2023 attack that triggered the war. (Photo by AFPTV / AFP)
Der Moment, in dem die Geiseln von der Hamas an das Rote Kreuz in Gaza Stadt übergeben werden © AFP / -

Während des Massakers am 7. Oktober 2023 verschleppt

Terroristen hatten die Frauen während des Massakers in Israel am 7. Oktober 2023 verschleppt und seitdem im Gazastreifen festgehalten. Für die drei Frauen sollen später rund 90 palästinensische Häftlinge - vor allem Frauen und Minderjährige - aus israelischen Gefängnissen entlassen werden.

Romi Gonen wurde vom Nova-Musikfestival nahe der Grenze zum Gazastreifen entführt und dabei verletzt. Der Vater der 24-Jährigen sagte der Nachrichtenseite ynet vor der Freilassung, die Familie habe mehr als 11.000 Stunden auf diesen Moment gewartet.

Die beiden anderen Frauen wurden aus ihren Häusern im Kibbuz Kfar Aza als Geiseln entführt. Emily Damari hat neben der israelischen auch die britische Staatsbürgerschaft. Doron Steinbrecher besitzt zusätzlich die rumänische Staatsangehörigkeit.

TOPSHOT - This screen grab taken from AFPTV shows one of the Israeli hostages inside a vehicle before being handed over to the International Committee of the Red Cross (ICRC) during the hostage-prisoner exchange operation in Saraya Square in western Gaza City on January 19, 2025. The Israeli military said the Red Cross had confirmed the handover of three hostages on January 19, the first to be released as part of a ceasefire deal with Hamas. The Hostage and Missing Families Forum campaign group had identified the three women set to be released as Emily Damari, Romi Gonen and Doron Steinbrecher, seized during Hamas's October 7, 2023 attack that triggered the war. (Photo by AFPTV / AFP)
Auf dem Weg in die Freiheit. © AFP / -

Geiseln sollen in Krankenhaus gebracht werden

Vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) sollen sie einer Spezialeinheit der israelischen Armee übergeben werden. Von dort sollen die Frauen für eine erste Untersuchung zu einer Armeeeinrichtung nach Israel in Gaza-Grenznähe gebracht werden und dort ihre Mütter treffen. Per Hubschrauber sollen sie schließlich in eine Klinik bei Tel Aviv überführt werden und dort weitere Angehörige treffen.

Im Gazastreifen werden nun noch 94 aus Israel Verschleppte festgehalten. In den kommenden sechs Wochen, der ersten Phase des Deals, sollen noch 30 weitere Geiseln freigelassen werden. In einer Woche sollen zunächst weitere vier Entführte freikommen. Im Gegenzug war vereinbart worden, dass Israel für die insgesamt 33 Geiseln 1904 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen entlässt.

Weitere Schritte geplant

Zuvor war am Vormittag im Gaza-Krieg eine vorübergehende Waffenruhe in Kraft getreten. In den nächsten Wochen wollen Hamas und Israel über weitere Schritte verhandeln. Ziel ist der vollständige Rückzug des israelischen Militärs aus Gaza und die Freilassung der letzten Geiseln. Wird keine Einigung erzielt, könnten die Kämpfe weitergehen.

Der Gaza-Krieg war nach dem Überfall der Hamas und anderer terroristischer Gruppen auf Israel im Oktober 2023 mit rund 1.200 Toten ausgebrochen. Große Teile des von den Palästinensern bewohnten Gazastreifens liegen in Schutt und Asche. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde kamen mehr als 46.900 Menschen ums Leben. Wie viele davon Zivilisten und wie viele Kämpfer sind, sagt sie nicht.

IKRK: Menschen brauchen noch lange Hilfe

Das IKRK mahnte, den jetzigen politischen Impuls fortzuführen. Das Abkommen sei ein wichtiger Schritt, aber damit sei es nicht getan, sagte die IKRK-Präsidentin Mirjana Spoljaric jüngst. „Den unermesslichen humanitären Bedürfnissen muss nachgekommen werden und das wird Monate, wenn nicht gar Jahre in Anspruch nehmen.“ Die Organisation sei jedenfalls auf eine Ausweitung der humanitären Hilfe vorbereitet, so Spoljaric.

Im Zuge einer Waffenruhe Ende November 2023 hatte die Hamas 105 Geiseln freigelassen. Im Gegenzug entließ Israel damals 240 palästinensische Häftlinge aus Gefängnissen.

Erste Hilfslieferungen erreichen Gazastreifen

Nach Inkrafttreten der Waffenruhe im Gazastreifen trafen dort nach Angaben örtlicher Sicherheitskräfte erste Hilfslieferungen ein. Außerdem teilte das UN-Welternährungsprogramm WFP mit, Hilfe sei sowohl über den Grenzübergang Kerem Shalom im Süden als auch über Zikim im Norden in den Gazastreifen gebracht worden.

Arabischen Medienberichten zufolge waren knapp 200 Lastwagen auf dem Weg in das Palästinensergebiet. Auf Fernsehbildern waren bereits leere Lastwagen zu sehen, die nach Ägypten zurückkehrten, nachdem sie ihre Ladung im Transitbereich abgeladen hatten.

Die humanitäre Lage war in Gaza schon vor Kriegsbeginn im Oktober 2023 schlecht und hat sich durch Israels massive Bombardierungen dramatisch verschärft. Mehr als 90 Prozent der gut zwei Millionen Einwohner des Gazastreifens leiden nach UN-Angaben starken Hunger. Es fehlt demnach zudem an Trinkwasser, Notunterkünften und Arzneimitteln.

Drivers wait next to their trucks loaded with aid to cross into Gaza from the Egyptian side of the Rafah border crossing in Rafah on January 19, 2025. Trucks carrying humanitarian aid entered the Gaza Strip on January 19 after a long-awaited truce between Israel and Hamas came into effect, the United Nations said. (Photo by Khaled DESOUKI / AFP)
Hilfgüter für den Gaza-Streifen © AFP / Khaled Desouki

4000 Lastwagenladungen an Hilfsgütern für Gaza

Das Palästinenserhilfswerk der Vereinten Nationen UNRWA bereitete nach eigenen Angaben 4000 Lastwagenlieferungen an Hilfsgütern für den Gazastreifen vor. Die Hälfte davon seien mit Lebensmitteln und Mehl beladen.

People walk past rubble of collapsed buildings near a destroyed clinic of the United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees (UNRWA) at the Jabalia camp for Palestinian refugees in the northern Gaza Strip on January 19, 2025 after a ceasefire deal in the war between Israel and Hamas was implemented. The long-awaited ceasefire in the Israel-Hamas war was delayed January 19 after Prime Minister Benjamin Netanyahu said at the last minute that it would not take effect until the Palestinian militant group provided a list of the hostages to be released. (Photo by Omar AL-QATTAA / AFP)
Weite Teile des Gazastreifens sind nach den Bombardierungen durch Israel zerstört © AFP / Omar Al-qattaa

Die Unterstützung der Zivilbevölkerung in dem abgeriegelten Küstenstreifen mit lebenswichtigen Gütern gestaltete sich zuletzt schwierig. Neben Sicherheitsbedenken Israels und aufwendigen Überprüfungen der Ladung waren vor allem Plünderungen durch Bewaffnete im Gazastreifen ein großes Problem.

Israels Polizeiminister tritt wegen Geisel-Deal zurück

Aus Protest gegen die Waffenruhe-Vereinbarung mit der Hamas erklärte Israels rechtsextremer Polizeiminister Itamar Ben-Gvir nach Medienberichten seinen Rücktritt. Damit verlasse auch seine Partei Otzma Yehudit, die über sechs von 120 Sitzen in der Knesset verfügt, die Regierungskoalition. Die rechtsreligiöse Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu verliert damit aber nicht ihre Mehrheit im Parlament. Sie hat weiterhin 62 der 120 Sitze in der Knesset.