Unglaublich, aber wahr: In meiner Berichterstattung kam das Aushängeschild der neuen österreichischen Küche bis dato noch nicht vor. Das muss sich ändern. Und wann, wenn nicht in diesem Jahr. Das Steirereck in Wien erhielt bei der Guide Michelin-Gala endlich den dritten Stern. Eine Errungenschaft, die man nicht hoch genug einschätzen kann. Vor allem, weil es weltweit nur 153 3-Sterne-Restaurants gibt.
Video – Heinz Reitbauer verrät sein Rezept zum Paradeisersalat
Küchenchef Heinz Reitbauer kreist in höchsten interstellaren kulinarischen Sphären, ist aber alles andere als abgehoben. Im Gegenteil. Auf meine Anfrage, ob er für die Story etwas Simples wie ein Butterbrot zubereiten könnte, gab es nicht den Hauch der Ablehnung. Butterbrot wurde es dann zwar nicht, aber etwas mit Paradeisern. Ein Salat. Aber welcher.
Gleich nachmachen!
Lauwarm soll er sein. Und das beginnt bei den Pilzen – genauer: Crème-Champignons. Die werden angeröstet, ohne Eile, mit Rapsöl, bis sie Farbe und Tiefe entwickeln. „Nicht schrecken“, mahnt er, wenn die Schwammerl das Öl aufsaugen. Geduld bringt Röstaromen.
Dann wird es ernst – oder besser: süß-sauer-würzig. Ein Löffel Honig, karamellisiert, trifft auf steirischen Balsam-Essig vom Gölles. Ein Schuss Sojasauce bringt das gewisse Umami. Aufgegossen wird mit Wasser, eingekocht mit Rosmarin und Zitrone. Der Fond? Schwarz, tief, intensiv. Fast zu schade, um ihn nicht für andere Gerichte zu konservieren. „Hält locker drei Wochen“, sagt Reitbauer. Oder einfach einfrieren.
Butter kommt ins Spiel – genauer: Nussbutter. Gebräunt, nussig, seidig. Sie ersetzt das klassische Öl und verleiht der Marinade ihren unverkennbaren Reitbauer-Ton. Dann der Star: die Paradeiser. Groß, klein, oval, rund – geschält oder nicht, je nach Typ. Viel Wasser drin? Dann lieber weg mit dem Kerngehäuse. Weniger ist in dem Fall mehr. Und die Vielfalt? Macht den Salat nicht nur bunter, sondern spannender.
Ein Hauch Lauchherz, frischer Estragon, dazu vielleicht Frischkäse – Schaf oder Ziege. Basilikum sowieso. Und wer mag: Pimpinelle aus dem Garten. Was bleibt? Ein Salat, der keiner ist. Eher ein Sommergedicht in lauwarm. Und ein Paradeiser, der weiß, wie gut er schmecken kann, wenn jemand ihn ernst nimmt.