„Wir fahren Dieselbus statt Direktzug.“ Seit zwölf Jahren kämpft Markus Sint, Klubobmann der Liste Fritz, nach eigener Aussage für die Rückkehr des Direktzuges zwischen Lienz und Innsbruck. Auf einer Pressekonferenz in Lienz suchte der Abgeordnete zum Tiroler Landtag nun den Schulterschluss mit dem Nachbarn: Ihm zur Seite saß die Südtiroler Landtagsabgeordnete Maria Elisabeth Rieder (Team K). An der schwarz-roten Landesregierung lässt Sint dabei kein gutes Haar: „Wenn SPÖ-Landesrat Zumtobel ankündigt, ein Zug werde irgendwann von Wien über Lienz nach Innsbruck und weiter bis Zürich fahren, dann ist das Augenauswischerei. Dieser Zug wird frühestens 2030 fahren, wenn überhaupt.“
Kritik an beiden Landesregierungen
Sint verweist auf den noch immer gültigen Staatsvertrag von 1948, auf Beschlüsse des Südtiroler Landtages von 2014 und einen einstimmigen Dreierlandtagsbeschluss aus demselben Jahr. „Alle Seiten haben sich zum Ziel bekannt, den umsteigefreien Direktzug wieder einzuführen“, so der gebürtige Osttiroler, der die gegenseitigen Schuldzuweisungen zwischen Nord- und Südtirol als „Politik-Ping-Pong“ anprangert: „Das interessiert keinen Menschen. Da gibt es zwei Landesregierungen, die das seit Jahren nicht herbringen.“
Auch Rieder fordert Zusammenarbeit: „Ich fühle mich den Osttirolern eng verbunden. Wenn wir von Euregio reden, müssen wir Euregio auch leben“, erklärt die Pustertalerin, die Südtirols Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider (Südtiroler Volkspartei) in die Pflicht nehmen will: „2014 hat Alfreider der Einführung des Direktzuges zugestimmt. Das war ein einstimmiger Beschluss im Südtiroler Landtag. Plötzlich will er davon nichts mehr wissen. Wo bleibt die sprichwörtliche Handschlagqualität?“
Direktbus sorgt für Ärger
Dass es an technisch passenden Zügen fehlt, wie in der Vergangenheit oft angeführt, lässt Sint nicht mehr gelten: „Dafür steht neues, geeignetes ÖBB-Zugmaterial zur Verfügung, das den grenzüberschreitenden Bahnverkehr problemlos meistern kann“, sagt der Klubobmann, der den Direktzug ab 2026 als Tagesrandverbindung morgens und abends fordert. Nicht als Korridorzug, sondern mit Haltestellen in Südtirol und als Ergänzung zum Direktbus. Dieser sorgte zuletzt in den Osttiroler Medien für Aufsehen, nachdem sich ein Osttiroler Pendler mit scharfer Kritik an Dolomitenstadt.at wendete. Sint: „Der offene Brief war erneuter Auslöser. Aber ich will eine Lanze für die Fahrer brechen, die können die Baustellen nicht überfliegen. Wir haben ein systemisches Problem mit einer viel zu stark befahrenen Strecke.“
Land Südtirol erteilt Absage
Auf Anfrage der Kleinen Zeitung macht der Verkehrsverbund Tirol (VTT) indes wenig Hoffnung auf ein baldiges Zug-Comeback: „Der Einsatz zusätzlicher Züge scheitert derzeit an der begrenzten Kapazität der eingleisigen Pustertalbahn. Vor allem im Abschnitt vor und nach Bruneck ist die Strecke so stark ausgelastet, dass keine weiteren Züge verkehren können“, erläutert Sprecherin Karin Bachmann: „Direktverbindungen zwischen Lienz und Innsbruck wären nur realisierbar, wenn bestehende Züge nach Bozen entfallen. Entsprechenden Überlegungen wurde wiederholt – so auch in einer Anfragebeantwortung der Südtiroler Landesregierung an den Landtag im November 2024 – eine klare Absage erteilt. Auch an Tagesrandzeiten“
Blanik: „Herzensangelegenheit“
Die Lienzer Bürgermeisterin Elisabeth Blanik (SPÖ) sieht den Direktzug als Herzensangelegenheit („Die Einstellung war eine Wunde, die noch immer schmerzt“), die Schuld ebenso im Süden: „Es scheitert daran, dass uns das Land Südtirol die Trasse nicht freigibt, obwohl Südtirol bei den Dreierlandtagsbeschlüssen immer mitgestimmt hat. Sobald wir die Freigabe haben, gibt es über alle Landtagsparteien hinweg ein klares ‚Ja‘ für den Direktzug“, verspricht die zweite Vizepräsidentin des Tiroler Landtags, die entsprechend selbst oft gen Innsbruck pendelt.
Ab Ende 2026 Umstieg in Brixen
VTT-Sprecherin Bachmann verweist aber darauf, dass eine Fahrt ohne Umstieg in Zukunft gar nicht mehr realisierbar sei, da mit Fahrplanwechsel im Dezember 2026 die aktuell im Bau befindliche Riggertalschleife in Südtirol in Betrieb genommen werden soll: „Dadurch werden die Züge aus Lienz nicht mehr nach Franzensfeste, sondern nach Brixen und weiter nach Bozen, Meran und Mals geführt. Eine einfache Verlängerung dieser Züge bis Innsbruck ist daher – selbst bei Kostentragung durch das Land Tirol – nicht mehr möglich.“
Langfristige Lösungen dauern
Langfristig könnte der geplante, abschnittsweise zweigleisige Ausbau der Pustertalbahn laut VTT „einzelne Engpässe entschärfen“, wobei auch dies in erster Linie dem inneritalienischen Verkehr dienen wird. Ob dieses Vorhaben überhaupt umgesetzt wird, steht laut Team-K-Frau Rieder jedoch in den Sternen: „Auf Anfrage schrieb mir Alfreider, dass man gar nicht wisse, ob das möglich sei. Und wenn, dann nicht vor 2032.“
Zu einer deutlichen Verbesserung dürfte erst der Brennerbasistunnel (geplante Fertigstellung ebenfalls 2023) führen. Bachmann: „Mit einem Umstieg in Brixen könnte die Bahnverbindung stündlich zwischen Lienz und Innsbruck in etwa drei Stunden bewältigt werden – nahezu gleich schnell wie der heutige Direktbus.“ Daran möchte Sint, der sich in Osttirol eine Allianz der Willigen aus Politik, Tourismus und Wirtschaft erhofft, aktuell keinen Gedanken verschwenden: „Das geht sich für mein politisches Leben nicht mehr aus. Aber dass der Direktzug wieder fährt, das erlebe ich noch.“