Die geplante Einschränkung der Bahnverbindung Wien–Lienz sorgt für heftige Debatten. Ab dem kommenden Fahrplanwechsel sollen die Abend- und Frühverbindung von Wien nach Lienz in Greifenburg enden.

Auf Anfrage erklärten die ÖBB, das Zugangebot werde im kommenden Jahr „sicher nicht hinter dem aktuellen Fahrplan 2025 zurückbleiben“. Um Pendlern dennoch frühmorgens und spätabends Fahrten nach Lienz zu ermöglichen, würden derzeit Gespräche mit den betroffenen Verkehrsverbünden geführt. Spätestens mit dem Fahrplanwechsel 2026/27 sollen die beiden Verbindungen definitiv bis Lienz geführt werden, so die ÖBB.

„Nicht akzeptabel für die Bevölkerung im ländlichen Raum“

Für die Lienzer Bürgermeisterin Elisabeth Blanik (SPÖ) ist diese Erklärung unzureichend. Sie nennt die Pläne „nicht akzeptabel für die Bevölkerung im ländlichen Raum“. „Die Menschen haben bei dieser Zugverbindung in den letzten Jahren schon sehr viel hinnehmen müssen: uralte Zugabteile, nicht funktionierende Klimaanlagen, defekte Toiletten und spontan weniger zur Verfügung gestellte Garnituren – aber die Thematik mit Greifenburg ist nicht zu akzeptieren und kann auch nicht toleriert werden“, so Blanik. Den von den ÖBB angedachten Bustransfer für Reisende zwischen Greifenburg und Lienz hält sie für „äußerst schwer zumutbar“, vor allem für ältere Menschen, Familien und Reisende mit viel Gepäck. Zudem sei nicht nur Lienz betroffen, sondern „sämtliche Orte und Haltestellen in Oberkärnten und Osttirol, die am Streckenverlauf liegen“.

Elisabeth Blanik (SPÖ)
Elisabeth Blanik (SPÖ) © Stadt Lienz/Bernd Lenzer

„Herabwürdigung des zweiten Tiroler Landesteiles“

Unterstützung kommt vom Tourismusverband. Obmann Franz Theurl erklärt: „Osttirol ist verkehrstechnisch weder mit einer Autobahn noch mit einem Flugplatz angeschlossen. Umso mehr ist für uns die Zugverbindung vom Osten Österreichs nach Osttirol wichtig und für unsere Weiterentwicklung entscheidend. Dass in nächster Zeit Lienz-Wien-Verbindungen in Greifenburg enden, sehe ich als eine Herabwürdigung des zweiten Tiroler Landesteiles und ein Unrecht an Osttirol.“ Er verweist auf die Bedeutung der Koralmbahn: „Der Ausbau und die bevorstehende Eröffnung des Koralmtunnels und die damit hoffentlich verbundene Wiedereinführung von täglichen Railjet-Zügen nach Lienz ist für uns von entscheidender Bedeutung.“

Franz Theurl, Obmann vom Tourismusverband Osttirol
Franz Theurl, Obmann vom Tourismusverband Osttirol © KLZ

„Osttirol darf nicht von Bahnverbindung abgehängt werden“

Auch aus den Reihen der ÖVP kommt scharfe Kritik. Landtagsabgeordneter Martin Mayerl warnt: „Die Osttirolerinnen und Osttiroler haben ein Recht auf eine direkte Bahnverbindung nach Wien. Es ist für mich schlichtweg inakzeptabel, dass die ÖBB mit fadenscheinigen Ausreden wie angeblichen Personalproblemen die wichtige Tagesrandverbindung schon in Kärnten enden lassen will.“ Osttirol sei ein Randbezirk, so Mayerl, wo die direkte Anbindung an die Hauptstadt für Wirtschaft, Tourismus und die Bevölkerung besonders wichtig sei: „Es kann nicht sein, dass Osttirol immer wieder das Nachsehen hat, während anderswo selbstverständlich Direktverbindungen bestehen.“ Der Abgeordnete hofft zudem auf Impulse durch den Koralmtunnel: „Auch deshalb ist die geplante Einschränkung unerträglich. Die ÖBB müssen handeln, im Sinne der Osttiroler Bevölkerung!“

Martin Mayerl (ÖVP)
Martin Mayerl (ÖVP) © VP Tirol

„Zugposse Lienz geht in die Verlängerung“

Von den Grünen kommt ebenfalls massiver Gegenwind. Verkehrssprecher Gebi Mair spricht von einer „Zugposse Lienz“, die mit dem geplanten Schienenersatzverkehr in die Verlängerung gehe: „Es gab bisher keine nachvollziehbare Erklärung, warum der Schnellzug mit Inbetriebnahme der Koralmbahn nicht bereits mit dem heurigen Fahrplanwechsel bis Lienz fahren kann. Die halbe Überstunde für das Zugpersonal kann doch nicht ernsthaft der Grund sein.“ Die Grüne Nationalratsabgeordnete Barbara Neßler erinnert an die hohen Investitionen in den Lienzer Bahnhof und den Ausbau der Südbahn: „Es ist unbegreiflich, dass Millionen in den Lienzer Bahnhof und Milliarden in die Südbahn gesteckt wurden – und jetzt bei den letzten 40 Kilometern nach Lienz soll plötzlich die Luft ausgehen.“ Neßler fordert, Osttirol nicht länger vom schnellen Anschluss an die Bundeshauptstadt auszuschließen: „Das muss der Anspruch der ÖBB sein. Ich werde nicht zulassen, dass die Lienzer im Stich gelassen werden.“

Gebi Mair (Grüne)
Gebi Mair (Grüne) © Grüne

„Osttirol darf nicht das vergessene Eck bleiben“

Auch die FPÖ schlägt Alarm. Der Lienzer Gemeinderat Manuel Kleinlercher spricht von einer „Stiefkind-Behandlung“ Osttirols: „Es droht eine Verschlechterung der Zugverbindung Wien–Villach–Lienz. Es wird zwar groß angekündigt, dass es neue Tagesrandverbindungen geben soll – doch enden könnten Züge bald nicht mehr in Lienz, sondern spät nachts schon in Greifenburg.“ Die Begründung, ein Fahrdienstleiter müsse dafür eine halbe Stunde Überstunden leisten, sei „ein Schlag ins Gesicht aller Pendler und Reisenden“. Er verweist zudem auf bestehende Defizite: Schon der Direktzug Lienz–Innsbruck sei gestrichen worden. Sein Fazit: „Osttirol darf nicht länger das vergessene Eck Tirols bleiben. Wir zahlen Steuern wie alle anderen und haben ein Recht auf eine gleichwertige Verkehrsanbindung.“

Manuel Kleinlercher (FPÖ)
Manuel Kleinlercher (FPÖ) © Blassnig

Unterstützung erhält Kleinlercher von FPÖ-Landtagspräsident Christoph Staudacher aus Kärnten: „Es kann nicht sein, dass angebliche Personalprobleme bei der ÖBB oder mögliche Überstundenzahlungen eine so wichtige Verbindung beeinträchtigen.“ Besonders betroffen seien nicht nur Osttiroler, sondern auch viele Pendler im Drautal: „Kärnten und Osttirol dürfen nicht immer die Verlierer sein.“ Für Staudacher steht fest: „ÖVP-Verkehrslandesrat Sebastian Schuschnig ist hier in der Verantwortung, gemeinsam mit der ÖBB eine Lösung im Sinne der Betroffenen zu finden.“