Der österreichische Militärexperte Markus Reisner führt bei seinen Vorträgen Videos vor von grausamen Gemetzeln in der Ukraine, bis der letzte Mann zerfetzt am Boden liegt. Dann schickt Russland einen weiteren Trupp an dieselbe Stelle. Den ereilt das gleiche Schicksal. Die nächsten Männer werden, unter vorgehaltener Waffe und wieder an dieser Stelle, in den Tod gezwungen. Unter maßlosen Verlusten rückt Putins Armee auf diese Weise seit Monaten langsam, aber beständig, auf fremdem Boden vor.
„Menschenleben spielen für Russland keine Rolle“, schildert der österreichische Soldat eindringlich. Lenkwaffen werden in so großer Zahl auf Umspannwerke abgefeuert, dass einzelne Treffer nicht zu verhindern sind. Werden die zentralen Transformatoren zerstört, können sie nicht kurzfristig ersetzt werden. Stundenlange, flächendeckende Stromausfälle gehören zum Alltag im gesamten Land. Und der Winter in der Ukraine hat erst wieder begonnen.
Militärexperte Reisner verweist auf internationale Bedrohungen
Reisner hält seit dem Beginn des Angriffskrieges zwei bis drei seiner Vorträge pro Woche. In Österreich, aber auch im Ausland. Er reist in die USA, war oftmals auch in Russland und in der Ukraine. Einmal in der Woche erkundigt er sich am Telefon bei mit ihm befreundeten ukrainischen Offizieren nach ihrem Befinden. Der größere Teil jener ist bereits tot. Oberst Matthias Wasinger, Kommandant des Jägerbataillon 24 in St. Johann und Lienz, hat Reisner zu einem Vortrag in die Haspingerkaserne eingeladen.
„Wir müssen den Menschen erklären, wie ernst die Bedrohungslage tatsächlich ist“, sagt Reisner und knüpft gleich eine Botschaft an: „Ich bin Vater von drei Kindern. Ihnen schaue ich in die Augen und weiß, dass wir uns vorbereiten müssen. Weil einfach niemand mehr weiß, was passieren wird.“ Die Ukraine habe sich acht Jahre lang auf den Angriff Russlands vorbereitet, obwohl kein anderer an diese Möglichkeit hatte glauben wollen.
Man traute Russland den Einsatz von Atomwaffen zu
Es sei kein Geheimnis mehr, legt Reisner offen, dass die Amerikaner Deutschland, England und Frankreich vor einem bevorstehenden russischen Atomschlag warnten, als die russische Armee auf ukrainischem Boden in ernste Bedrängnis zu geraten drohte. Auf internationalen Druck hin mussten die ukrainischen Kräfte das Feuer einstellen, die Russen zogen ab. „Niemand konnte mehr den Einsatz von Atomwaffen durch Russland ausschließen“, begründet der Militärexperte dieses Vorgehen. Es sei bekannt, dass die britische Premierministerin Liz Truss nächtelang nicht geschlafen habe, weil sie aus Angst vor dem atomaren Fallout unentwegt die Wetterkarten studierte.
Das Bundesheer rüstet auf, auch bei den Hochgebirgsjägern in Lienz
170 Mann stark ist das Jägerbataillon 24. 25 dieser Soldaten sind in St. Johann in Tirol stationiert, die anderen 145 in den beiden Kasernen in Lienz. Aktuell befindet sich ein zusätzliches Fremdkontingent von 45 Soldaten zur Ausbildung in Lienz. „Im Jahr 2031 wird das Jägerbataillon 24 sowohl personell als auch materiell für eine Mobilmachung bereit sein“, gibt Kommandant Wasinger das Ziel für Osttirol vor. Und es gibt viel zu tun: Heuer erwartet die Mannschaft neue Ausrüstung in Form von Drohnen, nächstes Jahr Fahrzeuge.
Derzeit sind zu wenige Betten vorhanden, um im Fall einer Mobilmachung alle Wehrkräfte unterbringen zu können. Hägglunds-Geländefahrzeuge stehen in beheizten Zelten, weil es keine Garagen für sie gibt. „Österreich baut gerade mit großem Ernst handlungsfähige Streitkräfte auf, weil wir angesichts der weltpolitischen Lage allen Grund dazu haben“, erklärt der Vortragende aus Wien. Im Fall einer Mobilmachung bietet das Bundesheer alle einsatzfähigen Soldaten auf, die ihm zur Verfügung stehen. Dies umfasst auch alle Wehrpflichtigen des Milizstandes.
Der Experte mahnt: „Tragen Sie die Kunde“
„Denn wir befinden uns längst in einem Krieg“, lautet der Befund des erfahrenen Soldaten, der mehrere Bücher geschrieben hat. „Seine Angriffe auf die europäischen Staaten führt Putin als Desinformationskampagnen. Flüchtlingswellen, die Destabilisierung politischer Systeme und ganzer Staaten und zuletzt die Sabotage an Unterseekabeln zeigen, wie verletzlich unsere Welt ist.“ Weil Länder wie Polen sich nicht allein dem Schutz durch das NATO-Bündnis anvertrauen können, rüsten diese massiv auf. Österreich ist auf Gas und Rohstoffe angewiesen, und exportiert ein Drittel seiner Wirtschaftsleistung. „Wirtschaftlich spüren wir die Auswirkungen längst. Alles wartet jetzt gebannt auf den erneut gewählten Präsidenten Donald Trump“, sagt Reisner.
Dessen jüngste Äußerungen würden weiteren Anlass zur Sorge geben: „Beansprucht Trump ernsthaft den Panamakanal, Grönland und Kanada? Wenn Russland mit dem Angriffskrieg das Völkerrecht bricht und angesichts der zahlreichen Konflikte unsere Weltordnung plötzlich nicht mehr gilt, haben wir alle ein massives Problem.“ Reisner wandte sich in der Haspingerkaserne an ein gutes Dutzend führender Soldaten: „Tragen Sie im Kader die Kunde.“