Dass am Silvestertag der Rauchfangkehrer ins Haus kommt, um ein glückliches neues Jahr zu wünschen, hat in Gmünd eine lange Tradition. „Die Freude ist bei allen groß, wenn wir kommen“, sagt Rauchfangkehrermeister Volker Brandtner, der seit mindestens zehn Jahren gemeinsam mit Bäckermeister Christoph Pietschnigg den Unternehmern auf dem Hauptplatz Neujahrswünsche samt gebackenen Glücksbringern überreicht. Seine Mitarbeiter Patrik Diederichs und Amadeus Eckhardt sind in den stadtnahen Ortschaften anzutreffen. Vielfach werden die in Ausgehuniform herausgeputzten Kaminkehrer auf einen Kaffee oder eine Jause eingeladen.
Urlauber wollten alle Fotos mit Rauchfangkehrer
„Im Grunde sind wir das ganze Jahr Glücksboten. Immer wieder kommen die Menschen auf uns zu, streifen Ruß von der Jacke oder drehen einen Knopf an der Montur“, schildert Brandtner, der sich noch gut daran erinnern kann, dass sich auf der Nockalmstraße Mitglieder einer Reisegruppe auf ihn gestürzt haben und alle Fotos mit ihm haben wollten. „In deutschen Großstädten kennt man Rauchfangkehrer anscheinend nicht mehr, weil die Wohnanlagen keine Kamine haben“, schmunzelt der 43-Jährige, der mit seiner Firma für das Lieser- und Maltatal zuständig ist. 2003 hat Brandtner den in den 1970er Jahren von seinem Vater Klement gekauften Betrieb übernommen.
Seither hat sich das Berufsbild stark gewandelt. „Neben der professionellen Feuerstätten-, Rauchfang- und Heizungsreinigung widmen wir uns dem effektiven Brandschutz und der Feuerbeschau. Außerdem sind Heizungssysteme moderner geworden, was zu einer Verlängerung der Kehrfristen führt, weil nicht mehr so viel Ruß anfällt. Die Werkzeuge der Rauchfangkehrer sind ebenfalls moderner geworden. Wir verwenden Kameras und verschiedene Messsysteme, um Rauchfänge besser überprüfen zu können. Kurz gesagt, wir kommen immer mehr vom Kehren weg und übernehmen vermehrt Überprüfungstätigkeiten. Im ländlichen Raum legt man trotz Zunahme von Fernwärme und Luftwärmepumpen Wert auf Holzherde, Kachelöfen oder offene Kamine“, sagt Brandtner, der bedauert, dass es immer schwieriger wird, Lehrlinge zu finden.
Aktuell ist er auf der Suche nach einem Lehrling und einem Rauchfangkehrer. „Es können sich auch Quereinsteiger melden, die das Handwerk im Rahmen von Zusatzausbildungen erlernen können.“ Patrik Diederichs hat 2011 mit der Lehre in der Firma Brandtner begonnen und übt den Beruf mit viel Freude aus.
Peter Bauer, Landesinnungsmeister der Rauchfangkehrer in Kärnten, betont, dass es nach wie vor die zentrale Aufgabe sei, Gefahren durch Feuer für Menschen und deren Hab und Gut abzuwenden. „Rauchfangkehrerinnen und Rauchfangkehrer haben einen gesetzlichen Auftrag, festgeschrieben in der Kärntner Gefahren- und Feuerpolizeiordnung. Damit nehmen wir in der österreichischen Gewerbeordnung eine Sonderstellung ein“, betont Bauer, der seit 1997 seinen Meisterbetrieb in Villach führt. Als Innungsmeister begleitet er rund 40 Rauchfangkehrermeisterbetriebe, die während der Heizperiode, wenn die Anlagen besonders stark genutzt werden, Hochsaison haben.
Ebenfalls ein wichtiges Thema sei laut Bauer der Umweltschutz: „Durch regelmäßig gereinigte Feuerstätten sinkt der Brennstoffverbrauch nachweislich und es entstehen weniger schädliche Abgase. Das tut der Umwelt und dem Haushaltsbudget gut. Wichtig ist uns die Beratung über den richtigen Betrieb von Feuerstätten und die Verwendung geeigneter Brennstoffe. Auch Anregungen, wie zum Beispiel zum Einbau einer modernen Heizungsregelung können helfen, Energie und Geld zu sparen.“
Als größte Herausforderung in der Branche sieht auch Bauer den sich abzeichnenden Fachkräftemangel. „Gerade unter den Jungen ist der Beruf, der ausgelernt ein Bruttogehalt von 2300 Euro, ohne Zulagen, verspricht, nicht mehr präsent. Um Neuzugänge zu finden, startete die Landesinnung heuer eine Social-Media-Kampagne: „Zielgruppe sind junge Damen und Herren, aber auch Umsteiger“, so Bauer weiter.
Doch bevor das Jahr 2026 anbricht, freuen sich Brandtner, Pietschnigg und Co. auf ihre heutige Silvestertour. „Start ist in der Bäckerei mit einem Gläschen Sekt, dann besuchen wir Kauf- und Wirtsleute der Innenstadt, ehe wir den Tag bei einem Gute-Laune-Punsch in der Konditorei Rudiferia ausklingen lassen. Besonders gefreut hat sich übrigens Pfarrer Harald Truskaller über unseren Besuch vor einem Jahr. Er ist wie wir beide ebenfalls bei der Feuerwehr, daher gab es viel Gesprächsstoff“, sagt der Bäckermeister, der mit Brandtner als „schwarz-weißes Duo“ noch lange an der glückbringenden Tradition festhalten möchte.
Als Glückssymbol gilt der Rauchfangkehrer deswegen, weil er früher lebenswichtige Aufgaben erfüllte. Denn mit dem Kehren des Rauchfangs wurde nicht nur die Gefahr eines Kaminbrandes gedämmt, sondern symbolisch auch das Pech aus dem Haus gefegt.