Es ist nur die Einhebung von Verwaltungsstrafen durch die Bezirkshauptmannschaften, die der Landesrechnungshof (LRH) überprüft hat. Doch die Ergebnisse und die möglichen Rückschlüsse aus dem Prüfbericht sind viel weitreichender. Sie gehen, denkt man die aufgezeigten Mängel und die abgeleiteten Verbesserungsvorschläge zu Ende, bis zur Infragestellung einzelner Abteilungen an den Bezirkshauptmannschaften (BH), vor allem der Strafämter, sowie der Zusammenlegung an einzelnen Standorten.
Der Reihe nach: Der LRH hat die Einhebung von Verwaltungsstrafen unter die Lupe genommen. Das Zahlenmaterial stammt aus dem Jahr 2023. Damals haben die acht BH – die Städte Klagenfurt und Villach haben eigene Verwaltungsbehörden – insgesamt 520.949 Verwaltungsstrafakte bearbeitet. Davon betrafen 98,2 Prozent den Straßenverkehr und 1,8 Prozent entfielen auf andere Delikte (Sicherheitspolizei- oder Jugendschutzgesetz).
Digital statt Papier
Bei der Bearbeitung dieser Akten in den Behörden sieht der LRH schon Luft nach oben: Da Papier- und Digitalakten parallel geführt und digital eingelangte Unterlagen ausgedruckt werden, empfehlen die Prüfer künftig „ausschließlich digitale Akten zu führen“.
Auch die Erweiterung der Zahlungsmöglichkeiten sollte erwogen werden, findet der Rechnungshof: Denn Strafen können nur bar oder mittels Überweisung bezahlt werden. Das führt dazu, dass für Personen aus Drittländern (also nicht aus Österreich bzw. der EU), im Jahr 2023 immerhin fast 46.000 Akten, die Überweisungsspesen unverhältnismäßig hoch sind im Vergleich zu den Strafen. Die Bezahlung per Kreditkarte wäre eine Alternative.
Bereinigt gehört laut Prüfern auch, dass zwar 214 BH-Mitarbeiter Zugriffsrechte für Strafakten haben, aber nur weniger als die Hälfte von ihnen einer Strafabteilung zugeordnet werden kann.
Behörden lieferten selbst die Zahlen
Diese Anregungen sind das Vorspiel zum eigentlichen Thema, dem Einsatz von und Umgang mit Ressourcen in den Strafabteilungen.
Um diese vergleichen zu können, haben die Prüfer ein ausgeklügeltes System erstellt: Die Bearbeitung der Strafakten wurde in 62 Kategorien und nach unterschiedlichen Verfahrensarten eingeteilt. Auf dieser Basis hat jede einzelne BH selbst die Abläufe in ihren Strafabteilungen und den Arbeitsaufwand je Akt beschrieben und geschätzt. Diese Ergebnisse wurden auf die jeweils anderen BH umgelegt und mit den verfügbaren Personalressourcen wurde der Arbeitsaufwand errechnet. Auch die Personalzahlen bekamen die Prüfer von den Bezirkshauptmannschaften und vom Land Kärnten.
Große Empörung
Die Ergebnisse sorgen seit ihrem (internen) Bekanntwerden für Empörung in den meisten Bezirkshauptmannschaften: Denn aufgrund dieser Zahlen sind nur die Strafabteilungen in der BH Hermagor und in Villach-Land „ausgelastet“. Mit der ihnen zur Verfügung stehenden Arbeitszeit und den Personalressourcen kommen sie auf eine Auslastung von jeweils 112 Prozent. Auf den Plätzen folgen: BH Spittal (68 Prozent Auslastung), BH Völkermarkt (56 Prozent), BH Wolfsberg (50 Prozent), BH St. Veit (39 Prozent) und Klagenfurt-Land (38 Prozent). Eindeutiges Schlusslicht ist die Strafabteilung der BH Feldkirchen mit einer Auslastung von nur 27 Prozent.
Skurril erscheint laut Prüfbericht das Selbstbild einiger Verwaltungsbehörden: So schätzten fünf der acht BHs, dass die Strafämter zu über 150 Prozent ausgelastet sind. Rekordhalter ist hier die BH Klagenfurt-Land: Dort geht man davon, dass sieben Strafämter zu mehr als 100 Prozent ausgelastet, also eigentlich überlastet sind. Hermagor und Villach-Land sogar zu 338 bzw. 335 Prozent. Das hält der Rechnungshof für nicht plausibel.
In allen Selbsteinschätzungen liegen Hermagor und Villach-Land vorne. Und in keiner Bewertung ist die BH Feldkirchen zu 100 Prozent ausgelastet. Selbst in ihrer eigenen Schätzung kommt sie nur auf einen Wert von 62 Prozent.
31 Planstellen zu viel
In das Bild passt die Entwicklung der Mitarbeiterzahlen. Obwohl im Jahr 2012 die Abwicklung aller Anonymverfügungen aus Kärnten (im Prüfzeitraum waren das 340.196 Fälle) von der BH Hermagor übernommen worden sind, „sind die Personalstände in den übrigen BH nicht gesunken, sondern teils angestiegen“, kritisieren die Prüfer. Auf Basis der dem LRH zur Verfügung gestellten Daten ergibt das eine personelle „Überdeckung“ von 31,2 Planstellen. Das heißt in den Strafabteilungen gab es 88,45 Planstellen, Bedarf bei der von den BH selbst angegebenen Arbeitsauslastung besteht für 57,26 Planstellen.
Besonders hoch ist laut Bericht die „Überdeckung“ in jenen BH mit eher geringerer Auslastung. Fazit des Landesrechnungshofes: Das Land solle „die Ursachen für die unterschiedlichen Arbeitsauslastungen der Strafabteilungen näher analysieren und daraus entsprechende Maßnahmen ableiten“.
Dutzende Seiten an Stellungnahmen
Die Begeisterung der Bezirkshauptmannschaften über diese Prüfergebnisse ist überschaubar. Dies zeigen schon ihre außergewöhnlich umfangreichen Stellungnahmen, die insgesamt mehrere Dutzend Seiten umfassen. Hauptkritik aus den Bezirksstädten: Die Zahlen (Zeitaufwand für Aktenbearbeitung, Personalstand in den Strafabteilungen) mit denen der Rechnungshof operiere, seien nicht korrekt und entsprächen nicht der Realität. Das wieder lässt LRH-Direktor Günter Bauer nicht gelten: „Das Zahlenmaterial mit dem wir geprüft haben, ist jenes, das uns die Bezirkshauptmannschaften und das Land zur Verfügung gestellt haben.“
Eine Fortsetzung dieser Diskussion dürfte daher fix sein.