„Das Land sollte rasch Maßnahmen für einen ausgeglichenen Haushalt und das langfristige Senken des Schuldenstandes einleiten.“

Die Botschaft von Günter Bauer, Direktor des Landesrechnungshofes (LRH), an die Kärntner Politik, Regierung und Opposition, ist eindeutig: So kann es nicht weitergehen. Schon jetzt entwickeln sich alle Kennzahlen zur Beurteilung des Landeshaushaltes negativ, heißt es zu Beginn des 413 Seiten umfassenden LRH-Prüfberichtes zum Rechnungsabschluss 2024, der am Dienstag veröffentlicht wurde.

Bereits die erste und wichtigste Kennzahl spricht eine klare Sprache: Kärnten hat erstmals mehr als vier Milliarden Euro Schulden. Exakt sind es 4,04 Milliarden und damit um 217,68 Millionen Euro mehr als im Jahr 2023. Eine Trendumkehr ist nicht in Sicht - im Gegenteil: Heuer sollen es laut Finanzplan des Landes um zehn (!) Prozent mehr sein, nämlich rund 4,46 Milliarden Euro. Nächstes Jahr werden es knapp fünf Milliarden sein und im Jahr 2028 rund 5,7 Milliarden Euro.

Doch selbst, wenn der Schuldenberg geringer wächst als erwartet bzw. befürchtet, sei das kein Grund zum Jubeln und kein Indiz für eine Entspannung, so LRH-Direktor Bauer. Für eine Trendumkehr zum Besseren brauche es tiefgreifende Strukturreformen. „Die sind nur durch einen Schulterschluss aller politischen Parteien in diesem Land möglich“, sagt Bauer.

Abteilungen zusammenlegen

Eine der größten finanziellen Baustellen, nicht nur in Kärnten, ist der Bereich Gesundheit und Pflege, hier in Form des Krankenanstaltenbetreibers Kabeg. Deren Abgang ist von rund 286,3 Millionen Euro im Jahr 2022 auf ein Minus von 364 Millionen im Vorjahr angestiegen, vor allem infolge von Gehaltserhöhungen. In den elf Anstalten des Kärntner Gesundheitsfonds gibt es zu viele Abteilungen, kritisieren die Prüfer einmal mehr. Man müsse ernsthaft über die Zusammenlegung von Abteilungen und die Konzentration verschiedener Leistungen an einzelnen Krankenhäusern diskutieren, so Bauer. „Nur so kann eine weitere Steigerung der Kosten und der Abgänge gebremst oder diese sogar reduziert werden“, sagt Bauer. Ein zweistelliger Millionenbetrag könne alleine durch eine dann mögliche Reduzierung an Nachtdiensten eingespart werden.

In Regionen denken

Auf Gemeindeebene wird es ebenfalls Kooperationen und damit Einsparungen brauchen, um die enormen finanziellen Herausforderungen meistern zu können, ist Bauer überzeugt. „Da reden wir nicht von Gemeindezusammenlegungen, sondern von einer Änderung der Denkweise.“ Braucht etwa jede Gemeinde eine eigene Verwaltungseinheit oder ist es möglich, dass sich mehrere Kommunen zusammentun. „Wir dürfen bei der Infrastruktur nicht mehr in Gemeinden denken, sondern in Regionen“, sagt Bauer.

Neue Schulden, um alte Schulden zu tilgen

Wir ernst die Situation ist, zeigt auch der Zustand der sogenannten freien Finanzspitze. Darunter versteht man jenes Geld, das dem Land nach Abzug aller Auszahlungen und der Tilgung der Schulden bleibt, um zu investieren. Das gravierende Problem: Kärnten bleibt nichts übrig, die freie Finanzspitze ist negativ. Knapp 113 Millionen Euro waren es im Vorjahr. Das bedeutet, dass das Land neue Schulden aufnehmen muss, um bestehende Schulden zu tilgen und um überhaupt investieren zu können, erklärt Bauer.

Und das bei derzeit weitaus schlechterer Verzinsung als noch vor ein paar Jahren. Etwa 1,7 Prozent Zinsen sind bei bereits bestehenden Schulden fällig, bei neuen Schulden ab dem Vorjahr beträgt der Zinssatz rund 2,7 Prozent. In absoluten Zahlen ergibt die Schuldentilgung dann beachtliche Beträge: So muss das Land dafür von heuer bis 2029 insgesamt 703,49 Millionen Euro bezahlen.

Kärnten deutlich vor Wien

Eine weitere Kennzahl, die sich alles andere als positiv entwickelt, ist die Pro-Kopf-Verschuldung. Die ist nämlich erneut angestiegen: von 6701 Euro im Jahr 2023 auf 7081 Euro im Vorjahr. Die zweithöchste Quote nach Wien. Dort hat jeder Bewohner rein rechnerisch 6260 Euro „Landesschulden“. Die geringste Pro-Kopf-Verschuldung – 1551 Euro – haben die Oberösterreicher.

Team Kärnten: „Warnungen ignoriert“

Erwartungsgemäß heftige Kritik an der Finanzpolitik der Landesregierung kommt vom Team Kärnten (TK), der FPÖ und den Grünen. Der „Prüfbericht des Landesrechnungshofes ist eine schonungslose Darstellung“ der finanziellen Situation des Landes, findet TK-Chef und Bürgermeister Gerhard Köfer: „Meine Warnungen wurden von der SPÖ-ÖVP-Koalition in den Wind geschlagen. Vielleicht kann dieser Bericht zu einem Umdenken beitragen. Kärnten braucht einen finanzpolitischen Wendepunkt und das sofort.“ Köfer fordert die Einführung einer wirklichen und wirkungsvollen Ausgabenbremse im Verfassungsrang und eine grundlegende Strukturänderung, die auch die Bereiche Personal, Eigenwerbung und Förderungen umfassen müsse.

FPÖ: „Politik auf Kosten des Landes“

„SPÖ und ÖVP hätten die Zeit der Nullzinsphase und boomenden Wirtschaft für Struktur- und Verwaltungsreformen und für die Budgetsanierung nutzen müssen. Aber sie haben nichts gemacht – und haben nun kein Geld für dringend notwendige Investitionen. Diese Politik auf Kosten des Landes und der Bevölkerung ist ein Skandal“, sagt der Kärntner FPÖ-Chef und Klubobmann Erwin Angerer. „Die Wirtschaft steht mit dem Rücken zur Wand, eine Insolvenz jagt die nächste, viele Gemeinden stehen aufgrund der Belastungen durch Umlagen des Landes vor der Zahlungsunfähigkeit, aber trotzdem ist für SPÖ und ÖVP offenbar alles in Ordnung“, so der FPÖ-Chef.

Grüne: „Es braucht jetzt Leadership“

„Wer den größten Schuldenstand pro Kopf aller Bundesländer zu verantworten hat, darf nicht länger auf Zeit spielen. Kärnten braucht einen ehrlichen Blick auf die strukturellen Probleme – und den politischen Mut, auch unbequeme Reformen anzugehen. Sich weiter auf steigende Ertragsanteile vom Bund zu verlassen, ist reines Wunschdenken“, sagt Olga Voglauer, Nationalratsabgeordnete und Landessprecherin der Grünen Kärnten: „Was derzeit gestaltet wird, ist ein wachsender Schuldenberg, für den kommende Generationen zahlen werden.“ Vonseiten der Landesregierung aus SPÖ und ÖVP fordert Voglauer daher: „Die Landesregierung aus SPÖ und ÖVP muss endlich Verantwortung übernehmen. Es braucht jetzt Leadership, klare Pläne und Prioritäten und strukturelle Reformen – statt politischer Beschwichtigungen und Aufschieberitis.“