Roy Black ist tot. Wie bei einem Erdbeben wurde am 10. Oktober 1991 der Wörthersee von der Nachricht erschüttert, dass der deutsche Schlagersänger am Tag zuvor in seiner Fischerhütte gestorben ist. Seine Karriere war untrennbar mit Österreichs Alpen-Riviera verknüpft. Nicht erst seit der Erfolgsserie "Ein Schloss am Wörthersee", die als "Lakeside Hotel" in mehr als 40 Ländern über die Bildschirme flimmerte und Werbung für Kärnten machte.
Damals versammelten sich während der Dreharbeiten oft 50 Meter lange Menschenschlangen vor dem Produktionsbüro der Lisa Film in der Veldener Wahlisstraße, um einen Blick auf ihr Idol zu erhaschen oder ein Autogramm zu bekommen. Es waren so viele, dass Roy Black einen eigenen geübten Ghostwriter hatte, der Tausende seiner Unterschriften auf die RTL-Postkarten mit seinem Konterfrei kritzelte.
Begonnen hatte alles mit der legendären Film-Supernase Karl Spiehs. Er gab Roy Black seine erste Hauptrolle, hatte mit ihm 1968 gerade am Traunsee den durch 15 Regentage verhagelten Kinofilm "Immer Ärger mit den Paukern abgedreht" und wurde bei der Suche nach einer sonnigeren Region am Wörthersee fündig. Über die ersten 1969 hier produzierten Roy-Black-Komödien "Hilfe, ich liebe Zwillinge" oder "Wer zuletzt lacht, lacht am besten" amüsierten sich in Deutschland jeweils 2,5 Millionen Kinobesucher.
Roy Black feierte am Wörthersee nicht nur Filmerfolge, sondern fand auch seine große Sommerliebe. Gerdi Barnstorf aus Velden, damals 18 Jahre jung, strandete auf Wasserskiern unmittelbar vor einem Steg, auf dem Roy Black saß. Noch am selben Abend ging man spazieren und küsste sich. Irgendwann zerbrach die Sommerliebe – Gerdi ging studieren, Gerhard Höllerich, wie Roy Black bürgerlich heiß, wieder nach Deutschland. Einige Sommer lang flammte diese Liebe immer wieder neu auf.
Aber nicht nur Barnstorf fiel dabei die innere Zerrissenheit auf, mit welcher der Star ein Leben lang kämpfte. Für "Ganz in Weiß" liebten ihn Millionen Fans, ihn den Schmusesänger, der viel lieber ein Rockstar in Lederkluft geworden wäre. Als der Unternehmer Bert Frech Anfang der 1990er-Jahre die Schauspielerin Gudrun Velisek heiratete und im mondänen Schloss Seefels eine legendäre Hochzeitsparty schmiss, sang Roy Black stundenlang für das Paar. Songs von Elvis Presley, Jim Morrison, Billy Joel, nicht aber seine eigenen. Gerne erzählte er bei diesen Gelegenheiten seinen Lieblingswitz: "Wie bringt man das Gehirn eines Schlagersängers auf Erbsengröße? Einfach aufblasen."
Die Knoblauch-Küsse
Roy Black lieferte laufend Stoff für Anekdoten. Schauspielerin Julia Biedermann musste Roy Black in einer Filmszene zärtlich küssen. Doch der hatte kurz zuvor im damaligen Schiffwirt, in dem Produzentensohn David Spiehs heute seinen Szene-Gourmettempel "Orathai" betreibt, Fisch gegessen und sich dabei eine Extra-Portion Knoblauch auf den gegrillten Zander türmen lassen. Während Roy Black bei den Dreharbeiten jede Kuss-Wiederholung lachend genoss, schickte die arme Julia Stoßgebete zum Himmel.
Unter Schauspielern ist es Brauch sich für eine gute Verbesserungsidee mit einem symbolischen Geschenk, sei es auch nur eine Cent-Münze, zu bedanken. Christine Schuberth bekam von Roy Black aus Dankbarkeit eine ziemlich große Münze heimlich in die Hand gedrückt. Diskret ließ die Schauspielerin das vermeintliche Zwei-Mark-Stück des als sparsam bekannten und nun unerwartet großzügigen Schwaben in ihrer Jackentasche verschwinden. Als sie die Münze später genauer betrachten wollte, hatte sie nur einen großen Hosenknopf in der Hand.
Lebens- und Liebeskrisen
Hansi Tomantschger, der legendäre Filmvorführer im Kino am Pörtschacher Monte-Carlo-Platz, erlebte die vielen Höhen und Tiefen von Roy Black hautnah mit. Regelmäßig schipperte er seinen Freund in seinem Segelboot über den Wörthersee und hörte geduldig zu, was ihm dieser anvertraute: Es waren stundenlange Erzählungen über Lebens- und Liebeskrisen, Karriereknicks und unverstandene Träume. "Für Hans, den besten Segellehrer der Welt", schrieb ihm Roy Black dafür einmal dankbar auf ein Foto.
Auf Roy Black lastete das Leben wie ein tonnenschwerer Felsbrocken. Nachdem bei ihm 1986 ein Herzfehler entdeckt und ihm zwei künstliche Herzklappen eingesetzt wurden, musste er blutverdünnende Mittel nehmen. Von diesem Zeitpunkt an löste Alkohol eine Turbowirkung aus und man merkte dem Star schon wenige Gläser Rotwein an. Gleichzeitig wollte er seine Fans nicht enttäuschen und den Ruhm seines Comebacks ernten, das ihm mit der TV-Serie "Ein Schloss am Wörthersee" gelungen war.
Roy Black schonte sich nicht
Er betrieb Raubbau an seinem Körper. Unter der Woche hatte er stressige Dreharbeiten, freitags nach Dreh ließ er sich von einem Chauffeur zu Konzert-Auftritten von Kärnten nach Deutschland kutschieren, sonntags in der Nacht ging es im Auto schlafend zurück an den Wörthersee, um am nächsten Morgen wieder pünktlich am Set zu erscheinen.
Am 9. Oktober 1991 starb Roy Black in seiner Fischerhütte in Bayern. Vermutlich war es so, wie viele seiner Freunde vermuten. Er, der alle Höhen und Tiefen des Show-Business durchleben musste, fühlte sich während der Dreharbeiten im Schoß der Lisa Film behütet und geborgen. Doch die Sommersonne wich schnell dem Herbstnebel. Am 7. Oktober ging die Filmcrew in alle Himmelsrichtungen auseinander, Roy Black blieb einsam zurück. In den nächsten Tagen sollte auch seine Fischerhütte, in die er sich gerne zurückgezogen hatte, abgerissen werden. Roy Black wollte ihr einen letzten Besuch abstatten. Er hatte keine Herzmedikamente bei sich und trank Alkohol, bis sein Herz zu schlagen aufhörte.
Heuer wäre Roy Black 80 Jahre alt geworden.
Andreas Gabalier singt Roy Black
Video: Hannes Wallner
Wolfram Winkler