„Ich liebe diese Frau. Ich habe ihr nie gedroht.“ Seine Beteuerungen halfen einem russischen Staatsbürger am Dienstag am Landesgericht Klagenfurt nichts. Richterin Ute Lambauer verurteilte den 60-Jährigen wegen Nötigung und Verstoßes gegen das Waffengesetz zu fünf Monaten bedingter Haft.
Vorangegangen ist dem rechtskräftigen Urteil ein ungewöhnlicher Prozess: Der Russe, er hat aus einer Ehe acht Kinder und war 2003 nach Österreich geflüchtet, hatte eine Beziehung mit einer Frau (40). Diese war, nachdem ihr Ehemann verstorben ist, ebenfalls aus Tschetschenien nach Europa geflüchtet. In Kärnten lernte sie ihren Landsmann kennen und wurde schwanger. Im Sommer 2023 kam das Kind zur Welt.
Mit Fotos gedroht
Der 60-Jährige ging davon aus, dass er der Vater des Mädchens sei. Mit einer solchen Vehemenz, dass er der Frau im November 2023 zwei Drohbotschaften schickte, um sie so zu zwingen, ihn als Vater anzugeben. In einer SMS hatte er gedroht, dass er Verwandten „interessante Fotos“ von der 40-Jährigen schicken werde. In einer Audio-Nachricht kündigte er an, ein Video der Frau mit sexuellen Inhalten zu versenden. Beides (Fotos und Video) gab es nicht.
„Warum haben Sie dann damit gedroht?“, wollte Richterin Lambauer wissen. „Ich wollte, dass die Frau zugibt, dass das Kind von mir ist“, antwortete der Angeklagte. „Was musste das Opfer befürchten, wenn in ihrem, möglicherweise religiös geprägten Umfeld solche Aufnahmen auftauchen?“, blieb Lambauer hartnäckig. „Nichts, nichts. Ich hätte so etwas nie getan“, antwortete der Russe nach einer sehr emotionalen Rücksprache mit seiner Anwältin vor dem Verhandlungssaal. Für das Opfer reichte die Drohung. Die Frau leidet laut ihrer Anwältin nach wie vor an den Folgen der Tat.
Bei dem Mann wurde zudem eine Schreckschusspistole gefunden, trotz aufrechten Waffenverbots. „Wie können Sie das erklären?“, wollte die Richterin wissen. „Ich dachte nicht, dass das eine Waffe ist. Das ist ein Spielzeug.“
Drei Wochen in U-Haft
Dass der 60-Jährige wegen dieser Straftaten nicht in Haft musste, hat er einer Untersuchungshaft aus dem Vorjahr „zu verdanken“, erklärte Lambauer. 21 Tage verbrachte er vergangenen Sommer in der Justizanstalt Klagenfurt wegen versuchter Anstiftung zu einem Mord. Doch der Belastungszeuge hat in der Einvernahme seine Aussage widerrufen, sich auf sprachliche Probleme berufen und erklärt, er sei missverstanden worden, so die Staatsanwaltschaft Klagenfurt. Die Auswertung der sichergestellten Datenträger konnte den Verdacht nicht erhärten, dass der 60-Jährige weitere Personen aufgefordert habe, einen Mord zu begehen, der tatsächlich auch nicht stattgefunden hat. Der damals Beschuldigte wurde enthaftet und das Ermittlungsverfahren gegen ihn Mitte November eingestellt.
Angeklagter wollte Schmerzensgeld
Ungewöhnlich, wie der ganze Prozess, war auch sein Ende: Ob er für die U-Haft Schmerzensgeld bekomme, da er unschuldig sei, wollte der Russe von Richterin Lambauer wissen. „Sie sind nicht unschuldig, Sie wurden soeben verurteilt.“ Nach einem weiteren Gespräch mit seiner Anwältin nahm der Mann das Urteil an.