Am 8. August um Mitternacht endet die Frist zur Forderungsanmeldung im Zuge des Kika/Leiner-Insolvenzverfahrens. Bis Dienstagvormittag waren allerdings erst Forderungen von rund 320 Gläubigern in der Höhe von rund 14 Millionen Euro angemeldet. Dazu kamen rund 3200 Forderungen von Dienstnehmern der Möbelhändler in Höhe von acht Millionen Euro, hieß es beim Alpenländischen Kreditorenverband (AKV) auf APA-Anfrage. Erwartet werden rund 132 Millionen Euro. Nachfristen dürften genutzt werden.
Finanz- und Dienstnehmer
Forderungen der Finanz- und Beendigungsansprüche gekündigter Mitarbeiter waren beim zuständigen Landesgericht St. Pölten noch nicht eingebracht. "Damit fehlen die größten Anmeldungen noch", sagte AKV-Fachfrau Cornelia Wesenauer. "Nach eigenen Berechnungen und Angaben der Insolvenzschuldnerin, wird es sich bei den am meisten betroffenen Gläubigern um die Finanz- und die Dienstnehmer handeln. Diese Forderungsanmeldungen wurden jedoch noch nicht eingebracht."
Nachfrist
Auch wenn die Frist dann um Mitternacht abgelaufen ist, ist damit zu rechnen, dass diese Forderungsanmeldungen jedenfalls noch eingebracht werden und die "Verspätung" mit den Beteiligten wie Gericht und Masseverwalter akkordiert wurde, so Wesenauer. Insbesondere bei den zahlreichen Forderungsanmeldungen für die Dienstnehmer nach Beendigung der Dienstverhältnisse ist dies aus zeitlichen Gründen durchaus nachvollziehbar.
Kunden sind von dem ganzen nicht betroffen. In den noch übrigen 23 von zuvor 40 Filialen der Ketten läuft der Verkauf.
Was es kompliziert macht
Forderungen für Dienstnehmer werden durch die Arbeiterkammer (AK) angemeldet. Die AK hat es laut Wesenauer bereits – unter großer Mühe und Aufwand – geschafft, dies für alle Dienstnehmer und deren laufende Löhne und Gehälter einzubringen. Was jedoch noch fehlt, sind Forderungsanmeldungen für jene Dienstnehmer, deren Arbeitsverhältnis durch die zahlreichen Filialschließungen mit Ende Juli 2023 noch Beendigungsansprüche haben. Bei den Beendigungsansprüchen geht es um Gelder, die jenen rund 1500 Menschen zustehen, die ihre Arbeitsstellen verloren, nachdem die Signa-Holding des Investors René Benko die beiden Möbelhäuser gewinnbringend verkauft hatte und die neuen Eigentümer bald danach die Pleite verkündeten.
Der Insolvenzverwalter hat nunmehr bis zur Prüfungstagsatzung am 21. August Zeit, eingebrachte Forderungsanmeldungen auf deren Richtigkeit zu überprüfen. "Bis gesagt werden kann, wie hoch die tatsächlichen Passiva von Kika/Leiner sind, wird es daher noch dauern", so Wesenauer.
132 Millionen Euro Passiva
Die Passiva waren vorläufig auf eine Höhe von 132 Millionen Euro geschätzt worden. Darin fanden sich auch 42 Millionen Euro an öffentlichen Abgaben und Beiträgen, die den Möbelhändlern in der Coronakrise gestundet worden waren, aber nicht zurückflossen. Es geht also auch für den Steuerzahler um viel Geld. Üblicherweise wird eine Quote von 20 Prozent geboten. Der Chef der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, will die Steuerzahler-Ansprüche bestmöglich befriedigt sehen.
"Die Republik ist im Interesse der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler bestrebt, die höchst mögliche Befriedigung ihrer Ansprüche zu erlangen", betonte Peschorn kürzlich grundsätzlich im APA-Gespräch. "Ob die mit dem Sanierungsplan angebotene 20-prozentige Quote angemessen ist, wird sich durch die Prüfungen des Insolvenzverwalters und des besonderen Verwalters herausstellen", sagt er zur seitens Kika/Leiner angebotenen Quote binnen zweier Jahre. 80 Prozent der Forderungen würden bei Annahme flöten gehen.
1500 Kündigungen
23 von 40 Kika/Leiner-Filialen wurden Ende Juli geschlossen. 1500 Leute wurden zur Kündigung angemeldet, 200 verließen die Firma ohne Kündigung. Vor der Insolvenz hatte die Möbelkette rund 3900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Seit 13. Juni befindet sich Kika/Leiner in einem Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung. Masseverwalter ist der St. Pöltener Rechtsanwalt Volker Leitner.
Wiener Anwalt als "besonderer Verwalter"
Weil nach der Insolvenz einige Fragen zur Kika/Leiner-Geschäftstätigkeit unter Signa-Eigentümerschaft auftauchten, wurde der Wiener Anwalt und Insolvenzexperte Stephan Riel zum "besonderen Verwalter" bestellt. Er soll sich um die Prüfung der Ursachen des Vermögensverfalles und um die Prüfung und Durchsetzung von Ansprüchen aus der Verletzung von Gläubigerschutzbestimmungen kümmern. Rechtzeitig vor der Sanierungsplantagsatzung am 25. September will Riel seinen Bericht an das Insolvenzgericht und den Gläubigerausschuss erstatten.
Zwei Wochen nach dem Verkauf des operativen Kika/Leiner-Geschäfts durch die Signa-Gruppe rund um Benko an den Handelsmanager Hermann Wieser meldete das Unternehmen Insolvenz an. Die Einrichtungshäuser-Immobilien kaufte die Grazer Supernova-Gruppe.