Die vergangenen Monate waren für die Industriellenvereinigung (IV) turbulent. Ein langer schwelender Konflikt um die Nachfolge von Georg Kapsch lähmte erst die Organisation. Dann lähmte die Corona-Pandemie große Teile der Wirtschaft.

Dass mit Eder, Georg Knill und Martin Ohneberg gleich drei Männer um das mächtige Ehrenamt rittern, hat es in der Geschichte der Vertretung von 4300 Mitgliedsbetrieben noch nie gegeben. Offenkundige Versuche, den langjährigen ehemaligen Voestalpine-Chef Wolfgang Eder außen vor zu halten, sorgten vor allem in Oberösterreich für viel Unmut. Eder selbst tritt jedenfalls in den Ring. Anlässlich eines mehrseitigen Briefes, den er gerade an die IV-Mitglieder verschickt hat, tritt er auch erstmals in eigener Sache an die Öffentlichkeit.

Gegen Zukunftsangst antreten

In einem sechsseitigen Papier legt er offen, wie eine Stärkung der zuletzt in die Schlagzeilen gekommenen Organisation und damit der Industrie unter seiner Führung gelingen könne. In einem Hintergrundgespräch mit Journalisten erläutert er die wichtigsten Punkte.

Die Corona-Krise zu überwinden, habe naturgemäß Priorität. Die Krise müsse sehr gut gemanagt werden, so Eder. Er habe seit der Ölkrise viele Krisen erlebt. „Man darf die nicht einfach über sich drüber schwappen lassen“, sagt der 68-jährige, übrigens ein erfahrener Segler. Er wolle dabei bewusst gegen die in Österreich gern gepflegte Zukunftsangst antreten nach dem Motto: "Die Zukunft ist besser als ihr Ruf." Das Hinunter-Lizitieren der Wirtschaftsprognosen sieht er skeptisch. Im Herbst könnte es schon erste Anzeichen einer Besserung geben.

Die grundsätzlich größte Herausforderung sei der Klimawandel. Für die Industrie sei die „Sicherstellung eines verkraftbaren Weges in Bezug auf die langfristigen Maßnahmen in der Energie- und Klimapolitik“ wichtigstes Ziel. Eder: „Es muss gelingen, den wichtigen Weg der Nachhaltigkeit zu gehen, ohne Unternehmen in ihrer Substanz und Konkurrenzfähigkeit zu gefährden.“ Die schon jetzt sehr gute Forschungsförderung müsse dafür noch verstärkt und gezielt für Energieprojekte eingesetzt werden. Gefragt sei Klimavernunft, nicht Justament-Positionen.

Nachholbedarf auf internationalem Parkett

Österreich werde weder die Corona- noch die Klimakrise alleine bewältigen können, brauche dafür enge internationale Zusammenarbeit. Eder war nicht nur zwei Mal Präsident des Weltstahlverbandes und Präsident des Europäischen Stahlverbandes, sondern auch Mitglied des European Round Table of Industrialists. Eder ortet aktuell Nachholbedarf für die IV auf internationalem Parkett, wie auch die gesamte Organisation durch klares Themen-Setzen gewinnen werde. Eder fordert - offenbar an die Regierung adressiert - eine bessere Positionierung Österreichs in der Spitzenforschung, transparente und schnellere Genehmigungsverfahren und das Weiterverfolgen einer gesamten Steuerquote unter 40 Prozent.

Ebenso politisch ist Eders Plädoyer für eine rasche Entlastung der unteren Einkommen, "um den sozialen Frieden zu sichern". Zu Ideen in die Richtung von Reichensteuern sagt er: "Vermögen-, Erbschafts- und Schenkungssteuern sind natürlich ein heißes Eisen, aber die Industrie lebt von privatem Kapital. Das Geld wurde ja nicht illegal erworben." Es sei wichtiger, es über langfristige Investitionsbegünstigungen im Wirtschaftskreislauf zu halten, die Börse zu attraktivieren und Österreichern das Thema Aktien näher zu bringen. Die Voestalpine hat seit vielen Jahren Österreichs größtes und erfolgreichstes Mitarbeiter-Beteiligungsmodell.

Brüche und Verwerfungen "schnell aus der Welt schaffen"

Auf die Querelen, die seine Kandidatur vereiteln sollten, geht der einstige Top-Manager in dem Gespräch nicht näher ein. Er sehe sich nur der Sache verpflichtet und sei frei von permanenten Managementaufgaben. In den vergangenen Monaten entstandene Brüche und Verwerfungen müssten wieder schnell aus der Welt geschaffen werden. Er setze dazu gern den ersten Schritt. Sein Ziel sei, durch eine effiziente Organisation die internen Reibungsverluste wegzubringen und nach außen viel bewusster zu machen, dass die Industrie den weit größten Anteil an Österreichs Wirtschaftsleistung habe. 

Wie seine Konkurrenten will auch Eder eine Frau für eine Spitzenfunktion in sein Team holen. Einen Namen nannte er allerdings nicht. Fix ist, dass er den Holzbau-Industriellen Erich Wiesner (Wiehag, Wiesner Hager) als Mitstreiter an der Seite hat. Knill setzt auf die Infineon-Österreich-Chefin Sabine Herlitschka, Ohneberg auf Karin Exner-Wöhrer, die ursprünglich selbst gern die erste IV-Präsidentin geworden wäre.