Normalerweise jubeln im New Yorker Arthur Ashe Stadion 20.000 Zuschauer, wenn das US-Open die besten Tennisspieler der Welt ans Netz bringt. Am vergangenen Wochenende gingen die Finalisten aber ins Netz. Da bestand das Spielfeld aus Bildschirmen und Großbildleinwänden, und die Spieler bekämpften einander bis zum Umfallen. Das Stadion gehörte „Fortnite“ – dem größten und meistdiskutierten Onlinespiel der Welt. Und Fortnite hat jetzt auch seine ersten Weltmeister.

Der 16-jährige US-Amerikaner Kyle „Bugha“ Giersdorf wurde Einzelweltmeister und kassiert drei Millionen Dollar Preisgeld, der Kärntner David „Aqua“ Wang holte sich, wie berichtet, den Titel im Duo-Bewerb.

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Seit einigen Jahren spielt sich der virtuelle Überlebenskampf weltweit in die Familienidyllen. Kinder mit Headsets versuchen auf einer Insel zu bestehen, bauen sich dabei in Sekundenbruchteilen ganze Mauerwehren und versuchen so, den Gegner in die Enge zu treiben und ihn mit dem gesammelten Waffenarsenal zu bekämpfen.

Fortnite - das neue Facebook?

Trotzdem sei Fortnite ein Spiel, das „keine Sorgen“ bereiten muss, wie die Grazer Informatikerin und Spieleentwicklerin Johanna Pirker erklärt. Die comichafte Darstellung der Fortnite-Spielfiguren würde die spaßhafte Attitüde des Spiels in den Vordergrund stellen, Blut spiele keine Rolle. Zudem könnten Gamer ohnehin gut zwischen „Realem und Nicht-Realem unterscheiden“. In Fortnite sieht Pirker gar eine „neue Form einer sozialen Plattform“. Dort würden Jugendliche heute miteinander interagieren und sprechen, das Spiel übernehme zunehmend die Rolle Facebooks.

Freilich gibt es auch Risiken für die – meist jungen – Gamer. Psychologen weisen immer wieder auf Suchtpotenziale hin, die derlei Spielformate mit sich bringen, der Schweizer Franz Eidenbenz verglich Fortnite jüngst gar mit der Droge Heroin.

Psychologe fordert Warnhinweise

Er fordert deswegen den verstärkten Einsatz von Warnhinweisen, weil Altersbegrenzungen oft nicht eingehalten würden. Der Psychologe Leonard Sax warnt in einem Beitrag auf „Psychology Today“ wiederum vor Schlafmangel und Inaktivität, die Fortnite auslösen könne. Sax empfiehlt Eltern deswegen, zeitliche Einschränkungen auszusprechen. Für ein Verbot von Fortnite im Speziellen oder Videospielen im Allgemeinen plädiert indes kaum jemand.

Es würde wohl realitätsfern wirken – in einer rasant wachsenden Welt, die heute hohe Preisgelder mit sich bringt und deren Spitzen-Veranstaltungen von Abertausenden Menschen aufgesucht werden.

80.000 versammelten sich beim WM-Finale von „League of Legens“ im einstigen Pekinger Olympiastadion, bei „Dota“-Turnieren werden höhere Preisgelder bezahlt als bei der Tour de France.
Fortnite selbst hat sich längst als Langzeithit etabliert. Das Spielsystem der Battle Royale (einer gegen 100) und die Handy-Version sowie seit einem halben Jahr der Kreativmodus führen dazu, dass mitunter 8,3 Millionen Menschen gleichzeitig durch die Fortnite-Welt rasen.

Ein Hit mit Ablaufdatum

Es ist damit das am weitesten verbreitete Onlinespiel aller Zeiten. Dabei hat auch dieser Klassiker ein Ablaufdatum. „Zumindest scheint der Hype wieder zurückzugehen“, ist Spieleexperte Harald Koberg (Ludovico) überzeugt. Er schätzt, dass sich die Zahl der Spieler einpendeln wird „und es nicht mehr das Pflichtspiel für alle 10- bis 20-Jährigen sein wird“. Stark im Kommen sei dagegen in dieser jungen Szene mit dem Fußballspiel „Fifa“ ausgerechnet ein Evergreen.