Österreichs Wirtschaft wächst heuer spürbar schwächer als bisher angenommen. Am Freitag haben die heimischen Wirtschaftsforscher ihre Wachstumsprognosen für heuer deutlich gesenkt, das Wifo von 2,0 auf 1,7 Prozent, das IHS von 1,7 auf 1,5 Prozent. Für 2020 ließen die Institute ihre Prognosen mit +1,8 bzw. +1,6 Prozent gegenüber Dezember gleich. 2018 hatte das reale Plus noch 2,7 Prozent betragen.

Die EU-Kommission ging im Februar von 1,6 Prozent Wachstum aus, die Ökonomen der Bank Austria senkten ihre Prognose diese Woche von 1,6 auf 1,4 Prozent reales Wirtschaftswachstum. Und für 2020 rechnet die Bank Austria lediglich mit 1,3 Prozent BIP-Plus.

Außenhandel geht stark zurück

Vor allem die Zuwächse im Außenhandel schmelzen heuer stark zusammen, hier haben die Experten von Wifo und IHS am Freitag ihre Vorhersagen am stärksten zurückgenommen - bei den Exporten wie den Importen. Schwächer als bisher wird außerdem vor allem vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) die Entwicklung der Ausrüstungsinvestitionen im laufenden Jahr gesehen, ebenso - anders als vom Institut für Höhere Studien (IHS) - auch bei den Bauinvestitionen.

Arbeitsmarkt und Inflation

Positiv in der neuen Prognose: Die schrittweise Entspannung am heimischen Arbeitsmarkt dürfte sich den Experten zufolge fortsetzen, und die Inflationsrate vor allem 2019, aber auch 2020, stärker nach unten gehen als bisher angenommen. Der Maastricht-Überschuss des Gesamtstaates dürfte heuer zulegen, laut Wifo auch 2020 nochmals.

Die Industriekonjunktur in Österreich befindet sich "derzeit im Abschwung", und die Welthandelsflaute wirkt belastend, erklärte das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) am Freitag. Allerdings dürfte sich die Konjunktur im zweiten Halbjahr stabilisieren, glaubt das Institut. Die USA und das dynamische Osteuropa würden aber weiter für solide Aufträge sorgen.

Prognose im Detail

Für das heurige erste Quartal rechnet das Wifo im Quartalsabstand mit noch 0,35 Prozent BIP-Anstieg, für das zweite Vierteljahr mit einer Abschwächung auf 0,3 Prozent. Fürs dritte Quartal werden dann schon wieder 0,4 Prozent Plus erwartet, fürs vierte 0,5 Prozent.

Nach einem deutlichen Wachstumsvorsprung Österreichs gegenüber der Eurozone dürfte unser Land 2019 nur noch etwas rascher wachsen als der Euroraum (1,3 Prozent), nimmt das Institut für Höhere Studien (IHS) an. 2020 dürfte sich das Wachstum angleichen.

Eher kein längerer Abschwung

Einen lang anhaltenden Abschwung hält das Wifo für "wenig wahrscheinlich", wenngleich er möglich sei. Zu vielleicht in der Öffentlichkeit bestehenden Sorgen, dass der jetzige Abschwung so intensiv und lang wie der vorhergehende Aufschwung sein könnte, betonten die Experten, dass erstens die Modellprognosen kein eindeutiges Bild eines hartnäckigen Abschwunges zeichnen würden, und zweitens erfolge ein Abschwung tendenziell rascher als ein Aufschwung, und er sei bereits im Gange.

Derzeit würden die Abwärtsrisiken dominieren, so das IHS, doch falls sich die Stimmung der Privathaushalte und Firmen im Euroraum verbessert, könnte dies auch für Österreichs Konjunktur positiver sein als jetzt unterstellt. Eine Senkung der Abgabenbelastung würde jedenfalls die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs stärken.

Brexit und Handelsstreit

Das Wifo nennt als Prognoserisiken neben einem ungeregelten Brexit auch ein Wiederaufflammen des EU-US-Handelskonflikts, die Entwicklung in Italien und eine mögliche Investitionsschwäche in Österreich. Deren Wachstum schwäche sich geringfügig ab - da der Investitionszyklus sehr volatil sei, könnte der kräftigen Steigerung der Ausrüstungsinvestitionen seit 2016 "demnächst ein stärkerer Rückgang folgen", warnt das Wifo. Zudem könnte die aktuelle Stimmungseintrübung nicht nur bei uns, sondern in vielen Volkswirtschaften "selbstverstärkende Mechanismen auslösen, den weltweiten Abschwung beschleunigen und die Wirtschaftsleistung deutlicher dämpfen".

Lohnabschlüsse fördern Konsum

Zur Stütze der Konjunktur in Österreich werde immer mehr der private Konsum, so das Wifo. Gestärkt würden die Einkommen der Privathaushalte durch die leicht überdurchschnittlichen Lohnabschlüsse für 2019 und eine tendenziell expansive Fiskalpolitik, Stichwort Familienbonus. Das Konsumvertrauen habe zwar etwas nachgelassen, so das IHS, bleibe aber auf einem hohen Niveau. Wifo und IHS sehen heuer 1,7 bzw. 1,6 Prozent Realanstieg beim Privatkonsum.

Die Arbeitslosigkeit wird nach Meinung beider Institute 2019 noch weiter zurückgehen - 2020 werde die recht hohe Arbeitskräftenachfrage, der das zu verdanken ist, aber nicht mehr erreicht. Beide gehen davon aus, dass sich die Zuwächse bei der Zahl der unselbstständig aktiv Beschäftigten 2019 und 2020 abschwächen. Für heuer erwartet das Wifo einen Rückgang der nationalen Arbeitslosenquote von 7,7 auf 7,3 Prozent und dann eine Seitwärtsbewegung. Das IHS ist nicht optimistisch und sieht für 2019/20 je 7,5 Prozent, sogar etwas mehr als im Dezember gedacht.