An steirischen Voestalpine-Standorten werden Hunderte Stellen gestrichen, es wird restrukturiert – und es muss gespart werden. Es überrascht kaum, dass vor diesem Hintergrund im Rahmen der Halbjahresbilanz-Präsentation auch die Gehaltsdebatte in der Wirtschaftskammer aufschlug. Allein die Voestalpine zahlt im Jahr rund zehn Millionen Euro an WK-Beiträgen, „die in den letzten Jahren doch sehr gestiegen sind“, wie Konzernchef Herbert Eibensteiner betont.
Wenig verwunderlich, dass er von der Kammer das fordert, was nicht nur in seinem Konzern in diesen herausfordernden Zeiten längst zum Alltag geworden ist: Einsparungen vornehmen, Strukturen anpassen, Effizienz steigern. „Wir erwarten uns schon, dass die Wirtschaftskammer an ihrer Struktur arbeitet, um Einsparungspotenziale zu finden – wir in den Betrieben tun das ja auch permanent und verlangen das auch von der Wirtschaftskammer.“
Steirischer IV-Präsident: „Muss für alle Institutionen gelten“
Hier knüpft auch der steirische Industrie-Präsident Kurt Maier an. Er betont auf Anfrage der Kleinen Zeitung: „Der Standort Österreich ist zu teuer geworden und hinzukommt, dass wir auch vor externen Einflüssen nicht gefeit sind, wie leider ganz aktuelle Beispiele zeigen. Zur belastenden Kostenspirale bzw. zur anhaltenden hohen Inflation tragen viele Bereiche bei und wir sind angehalten, überall Sorgfalt walten zu lassen. Was in unseren Betrieben tägliche Praxis ist, muss für alle Institutionen im Land gelten.“ Es sei die Zeit, „Ausgaben zu überprüfen, Effizienz zu steigern und dadurch Arbeitsplätze bestmöglich halten zu können“. Eine Aufgabe, die zunehmend schwieriger wird, wie allen, die sich mit heimischen Betrieben auseinandersetzen, bewusst sei. „Das unsensible Vorgehen von Seiten der WK-Führung lässt jedes Verständnis für den Standort und vor allem für die Sorgen und Bedürfnisse der Unternehmerinnen und Unternehmer missen. Aus meiner Sicht ist es die Aufgabe – gerade einer gesetzlich verpflichtenden Interessenvertretung - eine Vorbildfunktion einzunehmen und es sind jetzt Reformschritte notwendig, die zu einer Senkung der Beiträge führen müssen.“
Unterdessen mehren sich die Rücktrittsaufforderungen in Richtung Mahrer, mittlerweile auch von mächtigen ÖVP-Landeshauptleuten. Und auch aus den eigenen Reihen. So lässt die oberösterreichische Wirtschaftskammerpräsidentin Doris Hummer in den „OÖN“ wissen: „Harald Mahrer kennt meine Position. Der Versuch, am Montag das Vertrauen zurückzugewinnen, ist gescheitert. Wir brauchen jetzt einen Neustart!“
„Sofortiger Rücktritt“
Mit deutlichen Worten meldete sich auch die sogenannte „Tiroler Adler Runde“ zu Wort, ein Zusammenschluss dortiger Unternehmer, die den „sofortigen Rücktritt“ Mahrers forderten. Der Vorstand sah „jegliche Bodenhaftung sowie Verbindung zu den Unternehmerinnen und Unternehmern verloren“, wurde Mahrers Verhalten vom Vorstand deutlich kritisiert. „Die Wirtschaft braucht Vorbilder, keine politisch agierenden Funktionäre ohne Zukunftsperspektive“, sagte Klaus Mark, Sprecher der „Adler„. Die Unternehmer forderten eine Kammerreform, Transparenz bei den Kammergeldern und die Überprüfung der „Zwangsmitgliedschaft“ in der Kammer.
Gehaltserhöhungen traten Debatte los
Auslöser für die Diskussionen waren Gehaltserhöhungen um 4,2 Prozent für die Mitarbeitenden in der Wirtschaftskammer, inzwischen richtet sich der Zorn mehr auf die Entlohnung der Spitzenfunktionäre bzw. die jüngsten starken Erhöhungen dieser Gagen. Im Zentrum der Kritik steht Mahrer, der mit schlechter Kommunikation die Lawine losgetreten hat.
Mahrer wird einerseits vorgeworfen, dass er nach der Kritik an einer Erhöhung der KV-Gehälter in der Kammer die Verschiebung dieser Maßnahme um sechs Monate öffentlich als Halbierung dargestellt habe. Andererseits wird ihm persönlich die Kumulierung von Einkommen aus WKÖ, Wirtschaftsbund, dessen Chef er ist, und Nationalbank, wo er Präsident ist, vorgehalten. Sein Versuch, durch das Ausscheiden aus der OeNB-Funktion Druck herauszunehmen, ging schief, der allgemeine Tenor ist, dass es Konsequenzen in der WKÖ braucht.
Die Wirtschaftskammer Niederösterreich (WKNÖ) gab am Mittwochnachmittag übrigens bekannt, dass die aktuellen Anpassungen der Funktionsentschädigungen der Mitglieder des Präsidiums ausgesetzt werden. Vorgesehen ist dieser Schritt bis zum Vorliegen eines Prüfungsergebnisses des Rechnungshofes, hieß es in einer Aussendung.