Seit Monaten herrscht insbesondere an zwei Voestalpine-Standorten in der Steiermark große Verunsicherung: Kindberg und Mürzzuschlag. Bereits im August sagte Voestalpine-Vorstandschef Herbert Eibensteiner auf Anfrage der Kleinen Zeitung, dass die US-Zölle das Nahtlosrohr-Werk der Voestalpine Tubulars in Kindberg stark treffen könnten. Das hat sich bewahrheitet. Wie die Voestalpine am Mittwoch im Rahmen der Halbjahresbilanz-Präsentation 2025/26 klarlegt, wird in Kindberg eine ganze Schicht gestrichen – von drei auf zwei Schichten. Damit geht ein Personalabbau einher.
Gar die Existenzfrage wurde unterdessen beim Werk von Voestalpine-Böhler Bleche in Mürzzuschlag aufgeworfen. Wie berichtet, wird dieser Standort, mit seinen 450 Beschäftigten, aufgrund mangelnder Kapazitätsauslastung seit Mitte September ganzheitlich unter die Lupe genommen. Dafür wurden auch externe Berater an Bord geholt. Es wird „dringender Handlungsbedarf“ geortet, man wollte rasch alle Optionen ausloten. Alle Optionen bedeutet auch, dass eine Schließung des Werks nicht ausgeschlossen werden konnte. Diese ist nun aber vom Tisch, wie Eibensteiner am Mittwoch bestätigt. Es kommt aber zu deutlichen Einschnitten, der Standort wird restrukturiert. „Wir müssen uns dort neu aufstellen“, so Eibensteiner. Man straffe das Portfolio und spezialisiere sich auf Spezialprodukte. Ein Viertel der knapp 450 Beschäftigten wird in Mürzzuschlag abgebaut. „Der Standort Mürzzuschlag bleibt erhalten, allerdings sind größere Einschnitte unvermeidlich: Die nun zur Umsetzung vorgesehene Variante sieht eine Bereinigung des Produktportfolios, eine Schwerpunktsetzung im Bereich der Spezialprodukte sowie strukturelle Maßnahmen vor. Damit können rund drei Viertel der Belegschaft weiter beschäftigt werden“, so Eibensteiner. Im Mürztal herrscht ob der jüngsten Entwicklungen große Betroffenheit
Voestalpine Böhler Bleche ist eine Tochtergesellschaft der High Performance Metals Division der Voestalpine mit Sitz in Mürzzuschlag. Im Geschäftsjahr 2024/25 verzeichnete das Unternehmen einen Umsatz von 138 Millionen Euro.
Reaktionen aus dem Mürztal
Sozialplan wird ausgearbeitet
Unterm Strich sind damit in der Steiermark 280 fix angestellte Beschäftigte sowie weitere 60 Leiharbeiter betroffen. Die entsprechenden Meldungen an das AMS erfolgen im November. „Die Voestalpine ist sich als Arbeitgeberin ihrer Verantwortung bewusst und wird für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in enger Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat einen Sozialplan ausarbeiten. Dazu werden intensive Gespräche mit dem Betriebsrat geführt.“ „Dort wo es möglich ist, wird die voestalpine versuchen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Perspektiven an anderen Standorten anzubieten. Auch die Stahlstiftung unterstützt bei der Jobsuche und hilft bei der Weiterentwicklung von persönlichen und fachlichen Qualifikationen“, teilt Eibensteiner auf Anfrage der Kleinen Zeitung mit.
Voestalpine Tubulars beschäftigt derzeit rund 1150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das Unternehmen produziert nahtlose Stahlrohre und Gewindeverbindungen für die Öl- und Gasindustrie sowie Industrierohre, die unter anderem als Achsrohre in Nutzfahrzeugen, als Tunnelanker oder für Druckanwendungen eingesetzt werden. Darüber hinaus bietet Voestalpine Tubulars Lösungen für Geothermie sowie für die Speicherung und den Transport von Wasserstoff an.
US-Zölle belasten
Das Management der Voestalpine hat bereits mehrfach darauf verwiesen, dass dauerhaft erhöhte US-Zölle von 50 Prozent zu einem Rückgang der Absatzmengen führen können – mit möglichen personellen Anpassungen in einzelnen Betrieben als Konsequenz. Das bilde sich nun auch ab. Die von der EU-Kommission angekündigte Quotenregelung sei bis heute nicht mehr als eine Ankündigung. Ebenso gebe es nach wie vor keine Lösung für die hohen Energie- und Arbeitskosten, heißt es aus dem Unternehmen.
Bahntechnologie und Luftfahrt laufen gut
In der Steiermark gibt es auch Bereiche, die sehr gut laufen. Allen voran die Bahntechnologie mit der Schienenproduktion in Donawitz sowie der Weichen- und Signaltechnik in Zeltweg. Ebenfalls sehr gut ausgelastet ist das Luftfahrt-Segment, das auch am Standort Kapfenberg stark vertreten ist. „Unsere hochtechnologischen Produkte sind weltweit gefragt, vor allem die Bereiche Eisenbahninfrastruktur, Luftfahrt und Lagertechnik haben sich sehr gut entwickelt“, so Eibensteiner. Er verweist auch auf die nahende Personenverkehrseröffnung der Koralmbahn und betont: „Ein Meilenstein für den Bereich Railway Systems ist die Eröffnung der Koralmbahn im Dezember 2025, die gemeinsam mit dem Koralmtunnel – dem weltweit sechstlängsten Eisenbahntunnel – ein Role Model für weitere Bahninfrastrukturprojekte darstellt: Die Voestalpine stattete das Jahrhundertprojekt, das Teil der neuen Südstrecke in Österreich ist, mit Premium-Schienen und Hightech-Weichen, Befestigungssystemen sowie Signal- und Sicherheitstechnik aus.“
Insgesamt beschäftigt die Voest rund 9300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Steiermark. Sie erwirtschafteten im Geschäftsjahr 2024/25 einen Umsatz von 5,1 Milliarden Euro.