Es bleibt ein Stochern im Nebel: Seit 4. Juni heben die USA Strafzölle im Ausmaß von 50 Prozent auf alle importierten Stahl- und -Vorprodukte ein. Die Hoffnung, dass der Zoll-Deal zwischen den USA und der EU hier eine Linderung bringt, hat sich bisher nicht erfüllt. Das bringe weiterhin „hohe Unsicherheit“ mit sich, betont Herbert Eibensteiner. Der Vorstandschef des Stahl- und Technologiekonzerns Voestalpine sieht weiterhin viele offene Fragen, „denn die konkrete Ausgestaltung in einzelnen Segmenten, wie etwa Stahl, blieb bisher offen“. Es steht zwar eine mögliche Quotenregelung im Raum, Details dazu gibt es aber noch nicht. „Von den hohen Zöllen sind wir natürlich betroffen, es bleibt aber managebar“, so Eibensteiner im Rahmen der Präsentation der Quartalszahlen des Konzerns. Mehr als 50 Prozent des USA-Umsatzes basiere auf Produktion, die direkt in den USA erfolge. Aus Europa werden „hochqualitative Produkte in die USA geliefert, die dort auch sehr gefragt sind“, so Eibensteiner. Im ersten Quartal 2025/26, so Finanzvorstand Gerald Mayer, lag der US-Umsatz mit 440 Millionen Euro „im Rahmen unserer Erwartungen“.

Tubulars-Standort in Kindberg unter Druck

Flugzeugkomponenten, die etwa in Kapfenberg gefertigt werden, sollen von den US-Zöllen ausgenommen werden, „wir gehen davon aus, dass das für den größten Teil gilt“, so Eibensteiner. Doch in diesem Segment, in dem derzeit generell viel Rückenwind zu verspüren sei, habe man auch Verträge mit Kunden, die im Fall der Fälle die Zölle übernehmen würden. Heikler ist die Situation bei den Nahtlos-Rohren – und damit am Tubulars-Standort in Kindberg. Sollte es bei den 50-prozentigen Zöllen bleiben, so Eibensteiner, „dann kann ich nicht ausschließen, dass es dort zu Einsparungen und Personalmaßnahmen, etwa in Form des Wegfalls einer Schicht, kommen muss“.

ABD0069_20250304 - LINZ - ÖSTERREICH: Voestalpine-Konzernchef Herbert Eibensteiner im Rahmen einer PK des Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft mit dem Titel
Herbert Eibensteiner © APA / Fotokerschi.at/kerschbaummayr

Unterm Strich hält die Voestalpine an ihrem Ausblick für das Gesamtjahr fest, man gehe weiterhin von einem operativen Ergebnis (EBITDA) zwischen 1,4 und 1,55 Milliarden Euro aus, so Eibensteiner. Eine Nachricht, die an der Börse gut ankam, der Voestalpine-Kurs legte im Handelsverlauf um bis zu 7,6 Prozent zu.

Im ersten Quartal 2025/26 wurden 3,9 Milliarden Euro umgesetzt, ein Minus von 5,9 Prozent zum Vorjahreszeitraum. Der operative Gewinn (EBIT) sank um 24,7 Prozent auf 171,5 Millionen. Euro. Unterm Strich steht nach den ersten drei Monaten ein Gewinn von 106,3 Millionen Euro, um 29 Prozent weniger als im ersten Quartal des Vorjahres. Die Reorganisation laufe plangemäß, so Eibensteiner, insbesondere im Geschäft mit Kfz-Komponenten wurde der Sparstift angesetzt. Dadurch und durch den Verkauf von Buderus sank die Zahl der Stellen (Vollzeitäquivalente) um 3,5 Prozent auf 49.600. Mayer verweist auch auf den hohen operativen Cash-Flow, der sich gegenüber dem Vorjahresquartal auf 444 Millionen Euro verdoppelt habe.

So entwickeln sich die einzelnen Segmente

Die bestehenden Markttrends dürften sich fortsetzen: Die Aufträge für die Automobilindustrie „bleiben auf dem derzeitigen Niveau, die Segmente Bau, Maschinenbau und Konsumgüterindustrie sowie der Energiesektor liegen stabil auf niedrigem Niveau“. Positive Entwicklungen gebe es neben der Lagertechnik und der Luftfahrt insbesondere auch bei den Bahnsystemen – und damit für die Schienenfertigung in Donawitz und die Weichensysteme in Zeltweg.

Britische Firma „Hird Rail Services“ mit Sitz in Doncaster ist auf sogenannte Isolierstöße spezialisiert
Britische Firma „Hird Rail Services“ mit Sitz in Doncaster ist auf sogenannte Isolierstöße spezialisiert © Ben Harrison Photography

Übernahme in Doncaster

Im Bereich der Bahnsysteme hat die Voestalpine mit der britischen „Hird Rail Services“ auch einen Zukauf getätigt. Das Unternehmen mit Sitz in Doncaster sei auf sogenannte Isolierstöße spezialisiert. Damit stärke man „gezielt die Position auf dem britischen Bahninfrastrukturmarkt“. Ein Isolierstoß trennt zwei Gleisabschnitte elektrisch voneinander, sodass sie unabhängig voneinander überwacht werden können und damit eine präzise Zugortung und -sicherung ermöglichen. Sie sind damit sicherheitsrelevante Komponenten, die in der Signaltechnik im Schienenverkehr unverzichtbar sind.. „Mit Hird Rail Services gewinnen wir einen anerkannten Spezialisten, dessen Produkte höchste Qualitätsstandards erfüllen“, so der zuständige Vorstand Franz Kainersdorfer. Der Standort in Doncaster bleibe erhalten und werde weiterentwickelt.