Rund 570 Stellungnahmen zum Gesetzesentwurf sind eingegangen – ein sehr hoher Wert, der auch verdeutlicht, dass das geplante Elektrizitätswirtschaftsgesetz in einigen Teilen stark polarisiert. Energie-Staatssekretärin Elisabeth Zehetner (ÖVP) betont im Gespräch mit der Kleinen Zeitung: „Die gute Nachricht ist, dass von dem 140-seitigen Gesetz mit 182 Paragrafen, rund 97 Prozent mehr oder weniger unbestritten sind.“ Sie räumt aber ein, dass es auch Kritikpunkte gibt. „Das Entgelt für die Einspeisung sorgt für Kritik, das Thema Spitzenkappung bei Neuanlagen ebenfalls. Photovoltaik-Branchenvertreter argumentieren, dass 60 Prozent schon sehr viel sind, und bei der Windenergie gibt es hinsichtlich der zweiprozentigen Jahresmenge Bedenken“, so die Staatssekretärin. Man sei aber „mit allen in einem guten Austausch, uns geht es jetzt darum, diese einzelnen Elemente zu prüfen und zu schauen, wo man das eine oder andere praxisgerechter im Gesetz umsetzen kann“.
Netzgebühr für PV-Einspeiser
Kommt es beim größten Streitpunkt, der geplanten zusätzlichen Netzgebühr für die PV-Einspeisung noch zu Änderungen? Am Grundprinzip will Zehetner festhalten, sie sagt aber: „Wir müssen unser Stromnetz für die Zukunft ausrichten, unser Ziel ist es ja, noch viel mehr erneuerbare Energie ins Netz zu bringen. Jetzt bezahlen das alle Haushalte über ihre Netzentgelte, auch jene, die selbst keinen Zugang zu eigenem Sonnenstrom haben. Es ist dann schon eine Frage der Gerechtigkeit. Ich kann den Ärger, den manche verspüren, nachvollziehen. Wir wollen niemanden bestrafen, aber die Debatte ist wichtig.“
Im Interview
Ihr Ansatz: „Es gilt eine pragmatische Lösung zu finden, bei der alle Seiten mitkönnen. Aber wir müssen unser Energiesystem darauf ausrichten, dass es auch in 20 Jahren funktioniert und verhindern, dass die Netzkosten für Strom noch weiter explodieren.“
Sind Ausnahmen für ganz kleine PV-Anlagen denkbar? „Es wird vielleicht Bereiche geben, wo man sagen kann, hier überwiegt ohnehin der Eigenverbrauch und ein Netzentgelt für das Einspeisen wäre auch bürokratisch zu kompliziert.“
Zu wenig Rechtssicherheit
Negative Beurteilungen gab‘s auch zum vorgesehenen Preisänderungsrecht, die Wettbewerbsbehörde hat gemeint, dass keine Verbesserungen für Konsumenten ersichtlich seien. Zehetner: „Hier wird offenbar noch zu wenig Rechtssicherheit gesehen, sowohl aus Konsumentensicht als auch von den Energieversorgern. Da orten beide Seiten noch Nachbesserungsbedarf – da werden wir uns im Gesetzestext anschauen, wie man das besser regeln kann.“
Sie nennt ein praktisches Beispiel, wie dieses Preisänderungsrecht wirken soll: Man müsse sich Fälle von Energieversorgern anschauen, etwa derzeit Energie Steiermark oder der auch Kelag. Dort sollen die Tarife gesenkt werden, man stehe „aber vor der absurden Situation, dass die Kunden der Senkung erst zustimmen müssen“. Zehetner betont, dass es ihrer Sicht „verbraucherfreundlicher wäre, wenn der Konsument nichts aktiv dafür tun muss, sondern automatisch im nächsten Monat von den günstigeren Tarifen profitiert“.
Neue Tarifstruktur Anfang 2027
E-Control-Vorstand Alfons Haber appelliert an die Parteien, sich noch im Herbst zu einigen. Es werde ohnehin bis Anfang 2027 dauern, bis die neue Tarifstruktur gilt. Ihm ist wichtig, dass die Einspeisetarife auch für PV-Anlagen kommen. Ausnahmen seien aber möglich: „Für Anlagen in einem üblichen Leistungsbereich von Haushalten, die das Netz nicht stark beanspruchen.“ Eine noch wichtigere Rolle kommt künftig den sechs Millionen Smart-Meter im Land zu. Die E-Control drängt darauf, „dass Netzbetreiber die Viertelstundenwerte abrufen und verwerten können – als Basis für die Verrechnung.“ Künftig sollen daher alle Smart-Meter von Gesetz weg in die Auswertung von Viertelstundenwerten „hineinoptiert“ werden. „Wer sich freiwillig hinausausoptiert, nimmt Anwendungseinschränkungen in Kauf – PV, E-Autoladen und der Einsatz von Wärmepumpen wären dann nicht mehr möglich“, so Haber. Kein Thema ist übrigens ein österreichweit einheitlicher Netztarif, die regionalen Netztarife werden beibehalten, so Haber.