Das sprunghafte Zollregime unter US-Präsident Donald Trump hat insbesondere in der steirischen Industrie bereits mehrfach für Schockmomente gesorgt. Der „Zoll-Deal“, der Ende Juli zwischen EU und USA paktiert wurde, sorgte zwar für Skepsis, aber zumindest schien mit dem US-Basiszollsatz von 15 Prozent Planungssicherheit zurückzukehren, was für eine zarte Entspannung sorgte.

Doch damit ist es jetzt in vielen Unternehmen wieder vorbei. Was ist geschehen? Die US-Regierung hat kurzerhand ihre Stahl- und Aluminiumzölle – die ja weiterhin bei 50 Prozent stehen – auf 407 zusätzliche Produktarten ausgeweitet. Auch für sie gilt nun seit Anfang der Woche der Zollsatz von 50 Prozent. Betroffen sind unter anderem Windkraftanlagen und deren Bauteile, Mobilkräne, Bulldozer, Eisenbahnwaggons, Pumpen und Möbel.

Damit geht auch eine rechnerische Herausforderung einher: Denn im Gegensatz zu bestehenden Zöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte, die pauschal für die Branche gelten, zielt der neue Aufschlag bei den nun angekündigten Produktkategorien auf den jeweiligen Stahl- und Aluminiumanteil ab.

Christoph Robinson, Geschäftsführer der IV-Steiermark
Christoph Robinson, Geschäftsführer der IV-Steiermark © IV

In der steirischen Industriellenvereinigung (IV) zeigt man sich alarmiert. „Planungssicherheit ist in der aktuell ohnehin angespannten ökonomischen Lage essenziell, jedoch scheinen die fixen Zusagen aus dem US-EU-Zolldeal vom Juli verpufft und eine „Hintertür“ für deutlich höhere Zölle gefunden“, betont Christoph Robinson, Geschäftsführer der IV-Steiermark.

„Dass über 400 zusätzliche Produktgruppen seit Anfang der Woche zumindest anteilig mit den 50 Prozent von Stahl- und Aluminium verzollt werden, kommt völlig überraschend und schadet uns wirtschaftlich enorm.“ Man baue weiter auf „eine belastbare Verschriftlichung der besprochenen Vereinbarung, die zum jetzigen Zeitpunkt nach wie vor nicht vorliegt und ohne die es zu derartigem Wildwuchs kommt“, so Robinson.

Knapp-Vorstand: Franz Mathi, Christian Grabner, Gerald Hofer
Knapp-Vorstand: Franz Mathi, Christian Grabner, Gerald Hofer © Knapp AG

Direkt betroffen ist der steirische Intralogistikspezialist Knapp AG, weil auch Fördertechnik unter die neuen Bestimmungen fällt. „Die Verschärfung ist definitiv überraschend gekommen“, heißt es auch von Knapp-Vorstand Christian Grabner. Administrativ sorge die undurchsichtige Regelung für noch stärkeres Kopfzerbrechen, zudem wachse die Sorge, „einen Fehler zu machen“. Die abermalige, kurzfristige, Änderung verkompliziere die ohnehin bereits schwierigen Rahmenbedingungen enorm.

Womit sich selbst bei einem Unternehmen wie der Knapp AG, mit starkem Wertschöpfungsanteil innerhalb der USA, die Lage eintrübt. Die Zollbelastung, im Mix über verschiedenste Exportwaren wohl nahe 20 Prozent, sei laut Christian Grabner mittlerweile „höher als zunächst gedacht“. Fast noch schwerwiegender: „Außerdem gibt es die erhoffte Sicherheit für alle Beteiligten wieder nicht“.

Die Folgen dieser abermaligen Unsicherheit – nach der Bekanntgabe des eigentlichen „Deals“ zwischen Trump und der EU – sind längst konkret festzumachen. Kunden von Firmen wie Knapp zögern, Vertragsabschlüsse werden zumindest verschoben. „Wachstum wird gebremst, Investitionen werden gehemmt“, beschreibt Grabner den wirtschaftlich unerfreulichen Kreislauf.

Unternehmer Christian Knill
Unternehmer Christian Knill © KLZ/Manuel Hanschitz

Potenziell stark betroffen sind Unternehmen aus dem Fachverband der Metalltechnischen Industrie. Verbandsobmann Christian Knill spricht von „völlig willkürlich gesetzten neuen Vorgaben“. Dass nun, wenige Wochen nach der mündlich verhandelten Zoll-Vereinbarung mit der EU, so etwas passiere, werfe die Frage auf, „was von diesem Deal dann überhaupt noch übrig bleibt“, ärgert sich der Weizer Unternehmer.

Für alle Unternehmen, die den US-Markt beliefern, wirke sich das „gewaltig wachstumshemmend aus, das macht den Weg heraus aus der Rezession noch schwieriger“. Knill kritisiert die Verhandlungsführung der EU, „man kann nicht einfach nur alles hinnehmen, hier ist die EU-Spitze zu schwach“. Er plädiert für ein Umdenken, aus seiner Sicht müsse die EU auch Gegenmaßnahmen setzen.