Nach den teils heftigen Panikattacken Ende letzter Woche, die zwischenzeitlich auch die Aktienmärkte erfasst hatten, wurden in der Nacht auf Montag wieder versöhnlichere transatlantische Töne laut. Am Freitag hatte US-Präsident Donald Trump ja völlig unerwartet 50-prozentige Einfuhrzölle für alle Waren aus der EU „empfohlen“. Und das bereits ab Juni. 50 Prozent wären fünf Mal so viel wie der derzeitige Zoll von zehn Prozent auf die meisten Produkte. Für Autos oder Aluminium gilt dagegen bereits ein höherer Satz von 25 Prozent. Begleitet von Tiraden gegen die EU, die nur gegründet worden sei, um die USA im Handel über den Tisch zu ziehen, legte Trump später sogar noch einmal nach. Er wolle auch keinen Deal, legte er sich fest. Rund 48 Stunden später wusste er plötzlich von einem „guten und sehr netten Telefonat“ zu berichten. Geführt habe er es mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Die Zölle, berichteten beide Seiten, seien nun bis zum 9. Juli ausgesetzt. Er werde, so Trump, ihrer Bitte um eine Verlängerung der ursprünglichen Frist nachkommen.
Suche nach „guter Vereinbarung“
Europa sei bereit, die Zoll-Gespräche zügig und entschlossen voranzutreiben. „Um eine gute Vereinbarung zu erzielen, brauchen wir die Zeit bis zum 9. Juli“, präzisierte von der Leyen auf dem Kurznachrichtendienst „X“. Die EU und die USA hätten die folgenreichsten und engsten Handelsbeziehungen der Welt, so von der Leyen. Anfang April hatte Trump ja selbst ein Zeitfenster von 90 Tagen für die Handelsgespräche zwischen der EU und den USA festgelegt. Trump betonte: Von der Leyen habe gesagt, „dass sie ernsthafte Verhandlungen beginnen möchte, ich habe zugestimmt und sie hat mir gesagt, dass wir uns schnell treffen werden und schauen, ob wir eine Lösung finden können“. Noch am Freitag hatte Trump gemeint: Die Gespräche mit der EU „führen zu nichts“. Nun bleibt er aber seiner schwankenden Linie treu. Auf harte Drohungen folgten wiederholt Relativierungen und neue Fristen.
„Nicht leichtfertig oder vorschnell Zugeständnisse machen“
Die USA sind der zweitwichtigste Exportmarkt für Österreichs Wirtschaft und insbesondere für die kriselnde Industrie von zentraler Bedeutung. Der Präsident der Industriellenvereinigung, Georg Knill, betont im Gespräch mit der Kleinen Zeitung, „dass es ganz entscheidend ist, dass wir als EU-27 geeint auftreten und uns hier nicht auseinanderdividieren lassen“. Das Zeitfenster bis 7. Juli „müssen wir jetzt nützen, um ernsthaft zu nachhaltigen Ergebnissen zu kommen“.
Das erratische Agieren des US-Präsidenten habe man schon häufiger erlebt, nicht nur gegenüber Europa. Die EU-Kommission, so Knill, verhalte sich bisher richtig, er nehme das als „konstruktiv“ wahr. Gleichzeitig, auch das sei wichtig, gehe man aber auch „nicht in die Knie, sondern versucht die Stärken des EU-Binnenmarkts in die Waagschale zu werfen, die Verhandlungen sind hart, wir brauchen eine Lösung für beide Seiten“. Trump wolle „die EU unter Druck setzen, das ist Teil der Verhandlungen, aber wir sollten auch nicht leichtfertig oder vorschnell Zugeständnisse machen, die am Ende schaden“. Was die jüngsten Entwicklungen, „dieses Hü und Hott aber jedenfalls mit sich bringen, das ist anhaltend große Verunsicherung“.