Die Geschichte der Möbelhandelskette reicht bis in das Jahr 1910 zurück. Damals legte Rudolf Leiner mit der Übernahme und dem späteren Ausbau eines Bettwarengeschäfts am St. Pöltner Rathausplatz den Grundstein. Am heutigen Mittwoch geht dieses prägende – und in den vergangenen Jahren äußerst turbulente – Handelskapitel der österreichischen Wirtschaftsgeschichte zu Ende. Nach 115 Jahren endet die Firmengeschichte des Möbelhändlers Leiner. Kika/Leiner sperrt nach Geschäftsschluss die zuletzt verbliebenen 17 Standorte zu. Rund 1350 Beschäftigte verlieren ihren Job.

Die ehemals größte Möbelkette Österreichs befindet sich seit längerem in der Krise: Seit 2013 gab es drei Eigentümerwechsel und zwei Insolvenzen. Die Kette hatte Anfang Dezember ihren zwei Wochen zuvor eingebrachten Sanierungsplan zurückgezogen und Konkurs angemeldet.

Im Jahr 2013 erwarb die südafrikanische Steinhoff-Gruppe von der damaligen Eigentümerfamilie Koch den heimischen Möbelriesen. Damals war Kika/Leiner mit rund 7.500 Beschäftigten an 73 Standorten in Österreich und in Osteuropa sowie einem Umsatz von 1,2 Mrd. Euro noch der zweitgrößte Möbelhändler nach XXXLutz. Steinhoff verkaufte 2018 in einem Notverkauf die Möbelkette an die Signa-Gruppe rund um den Tiroler Investor René Benko. Der neue Eigentümer veräußerte die Kika-Filialen in Osteuropa an XXXLutz. 2023 verkaufte Benkos Signa die Kika/Leiner-Immobilien an die Grazer Immobilienentwickler Supernova und das operative Möbelgeschäft an den Handelsmanager Hermann Wieser. Kurz darauf meldete das Unternehmen zum ersten Mal Insolvenz an. Nach der zweiten Insolvenz im November 2024 konnte Wieser weder frische finanzielle Mittel noch einen Investor auftreiben.

Blick zurück: In Etappen dem Ende entgegen

Der zweite Sanierungsversuch des einst zweitgrößten heimischen Möbelhändlers Kika/Leiner ist im Dezember 2024 endgültig gescheitert. Die Talfahrt des 1910 gegründeten Unternehmens führte über mehrere Eigentümer und Sanierungsversuche zur neuerlichen Zahlungsunfähigkeit am 12. November 2024 und zum Konkurs am 4. Dezember 2024.

1910: Rudolf Leiner übernimmt ein Bettwarengeschäft am St. Pöltner Rathausplatz und erweiterte es Ende der 1920er-Jahre um Tischler- und Tapeziermöbel.

1960: Die erste Leiner-Filiale außerhalb von St. Pölten wird in Wiener Neustadt eröffnet. In den Jahren danach folgen Standorte in Bruck an der Mur, Wels, Linz, Graz und Judenburg.

1973: Herbert Koch, Schwiegersohn von Rudolf Leiner Junior, eröffnet das erste Kika-Einrichtungshaus in Wien.

1980/90er-Jahre: Mit der weiteren Expansion in Österreich und Osteuropa wird Kika/Leiner zum Möbelriesen.

26. Juni 2013: Die südafrikanische Steinhoff-Gruppe erwirbt von der Eigentümerfamilie Koch für kolportierte 800 Mio. Euro die heimische Möbelkette. Der Möbelkette gehören die eigenen Standorte und ist nicht Mieter. Damals ist Kika/Leiner mit rund 7.500 Beschäftigten an 73 Standorten und einem Umsatz von 1,2 Mrd. Euro der zweitgrößte Möbelhändler Österreichs nach XXXLutz.

5. Jänner 2018: Der angeschlagene Kika/Leiner-Eigentümer Steinhoff verkauft den Leiner-Flagshipstore auf der Wiener Mariahilfer Straße an den Tiroler Immobilienmilliardär René Benko und seine Signa. Der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz und Justizminister Josef Moser sollen in die Rettungsaktion eingebunden gewesen sein, hieß es damals in Medienberichten.

22. Juni 2018: Benko übernimmt Kika/Leiner inklusive Handelsimmobilien, es fließen laut Medienberichten zwischen 430 und 490 Mio. Euro.

2018: Im August werden vier Filialen geschlossen, im September müssen 1.100 Mitarbeiter gehen.

13. November 2018: Das Möbelhaus bekommt einen neuen Chef, der vollmundig verkündet: Es wird keinen weiteren Personalabbau geben, in drei Jahren will man in der Gewinnzone sein. Er wolle Kika/Leiner in die „Champions League“ zurückführen, meinte der neue Boss Reinhold Gütebier.

24. Mai 2019: 22 Kika-Einrichtungshäuser in Ungarn, Tschechien, Slowakei und in Rumänien gehen an die oberösterreichische Möbelkette XXXLutz.

25. Februar 2020: Kika/Leiner-Geschäftsführer Gütebier versprüht Zuversicht: „Die schwarze Null werden wir wie geplant 2021 erreichen“, sagte er, ohne Umsatzzahlen zu verraten. Den Turnaround will Gütebier unter anderem mit Zuwächsen im Küchengeschäft, höherem Eigenmarkenanteil und mehr Online-Umsatz schaffen. Die Mitarbeiterzahl von rund 4.500 soll mittelfristig wieder wachsen.

30. Juni 2020: Zwei ehemalige Kika/Leiner-Filialen gehen an XXXLutz.

14. Okt. 2021: Das Möbelhaus hat nach Eigenangaben drei Jahre nach der Signa-Übernahme die „schwarze Null“ erreicht. Details zu Umsatz und Ergebnisentwicklung nennt Gütebier nicht.

31. Mai 2023: Benko verkauft alle Kika/Leiner-Immobilien laut Medienbericht um „knapp unter 400 Mio. Euro“ an die Supernova-Gruppe des deutschen Fachmarkt-Unternehmers Frank Albert. Zu diesem Zeitpunkt hat die Kette etwa 3.900 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

1. Juni 2023: Es wird bekannt, dass Signa neben Kika/Leiner-Immobilien auch das operative Geschäft verkauft. Es geht an ein Managementteam um Hermann Wieser.

12. Juni 2023: Der neue Eigentümer des operativen Geschäfts von Kika/Leiner beantragt ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung. Die unbesicherten Forderungen belaufen sich auf 132 Mio. Euro. Es sollen 23 von 40 Standorten per Ende Juli geschlossen werden und 1.900 von 3.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern werden gekündigt. Auch die Zentralabteilungen und die Verwaltung soll „erheblich“ verkleinert werden. Es gibt große Kritik, dass der Voreigentümer René Benko das Unternehmen vor dem Verkauf heruntergewirtschaftet habe - was Benko dementieren lässt.

9. Oktober 2024: Kika/Leiner gibt bekannt, dass die Zahl der Mitarbeitenden im Laufe des Jahres von 1.900 auf 1.400 gesunken ist. Der Umsatz sei im ersten Halbjahr um 13 Prozent gesunken. Aber keine der verbliebenen 17 Filialen solle geschlossen werden. Auch ein Verkauf des Unternehmens sei nicht angedacht. Die Sanierung solle im September 2025 geschafft sein.

12. November 2024: Das Unternehmen gibt die Zahlungsunfähigkeit bekannt.

4. Dezember 2024: Die bisherige Investorensuche war erfolglos. Die Möbelkette zieht den Sanierungsplan zurück und meldet Konkurs an. Nach dem Abverkauf der Waren ist das Ende für die verbliebenen 17 Filialen vorprogrammiert. Rund 1350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlieren ihren Job.

29. Jänner 2025: Die zuletzt noch verbliebenen 17 Standorte sperren mit Geschäftsschluss endgültig zu.